Praxistest

Mercedes' einzigartiger Hybrid GLE Coupé 350 de - Diesel mit Elektroherz

Mit seinen fast fünf Metern Länge ist das Mercedes GLE Coupé 350 de ein echtes Schlachtschiff im Straßenverkehr.

Mit seinen fast fünf Metern Länge ist das Mercedes GLE Coupé 350 de ein echtes Schlachtschiff im Straßenverkehr.

(Foto: Holger Preiss)

Plug-in-Hybride mit Benziner und E-Motor gibt es inzwischen viele. Die Kombination aus Diesel und E-Antriebe bietet nur Mercedes an. Dabei ist dieses Zusammenspiel vom Ansatz doch extrem effizient und müsste vor allem Vielfahrer begeistern. Ob das am Ende so ist, sollte der ntv.de-Praxistest ergeben.

Wer sich für die wohl in der Brückentechnologie der Plug-in-Hybride effizienteste Motorenkombination bei Mercedes entscheidet, der muss Geduld haben, denn ein GLE Coupé 350 de wird es nach heutigem Stand nicht vor Ende 2022 oder gar Anfang 2023 geben. Ist ja vielleicht auch gar nicht so schlimm, da kann man sich bei der Entscheidung etwas Zeit lassen, denn wer weiß, was bis dahin noch so auf den Markt fährt. Ob es aber ein Auto ist, das dank Vierzylinder-Diesel mit 194 PS ordentlich Kilometer machen und im urbanen Raum rein elektrisch bis zu 106 Kilometer abspulen kann, darf bezweifelt werden.

Der CO2-Wert und die elektrische Reichweite würden das Mercedes GLE Coupé 350 de förderfähig machen. Aber nicht sein Anschaffungspreis.

Der CO2-Wert und die elektrische Reichweite würden das Mercedes GLE Coupé 350 de förderfähig machen. Aber nicht sein Anschaffungspreis.

(Foto: Holger Preiss)

Allerdings sind wir hier gleich bei der ersten Einschränkung. Im Test zeigte das durchaus schnittige, aber satte 4,94 Meter lange Schlachtschiff lediglich 93 Kilometer an. Nun ist die Abweichung mit 14 Kilometern eher marginal und in Anbetracht der Tatsache, dass ab dem kommenden Jahr 60 Kilometer Reichweite und 50 Gramm CO2 je Kilometer für die Förderung vorgesehen sind, absolut irrelevant. Denn auch hier liegt der GLE 350 de mit maximal 34 Gramm deutlich darunter. Dafür ist er auf anderer Ebene deutlich über den Förderrichtlinien, denn die teilelektrisierte Wuchtbrumme kostet ab 82.752,60 Euro. Um aber Geld vom Staat und vom Hersteller zu bekommen, darf der Nettoanschaffungspreis die 65.000-Euro-Marke nicht knacken.

Kombination mit Vorteilen

Dennoch hat die Kombination ihre Vorteile und die liegen nicht nur darin, dass der 31,2 kWh leistende Akku für 595 Euro Aufpreis auch an einer DC-Ladestation in 18 Minuten von 0 auf 100 Prozent geladen ist oder dass er 3,5 Tonnen an den Haken nehmen kann. Auch der Umstand der schon erwähnten emissionsfreien Fahrt hat seine Vorzüge. Welche das sind, muss hier nicht näher erläutert werden. Allerdings soll der Ehrlichkeit halber nicht verschwiegen werden, dass auch der 350 de immer im Hybridmodus fährt. Das heißt, dass primär bis zu einem Leistungsabruf der 135 PS starke E-Motor die ganze Arbeit leistet. Das geht bei einem Lebendgewicht von 2,7 Tonnen sogar recht leichtfüßig und bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h. Wer allerdings derart elektrisch beschwingt unterwegs ist, muss seine elektrische Reichweite auf 60 Kilometer runterbrechen. Hinzu kommen natürlich die üblichen Leistungsschwankungen der Batterie bei geringen Temperaturen.

Der Arbeitsplatz des Fahrers ist aufgeräumt, digital und von reichlich Ablageflächen umgeben.

Der Arbeitsplatz des Fahrers ist aufgeräumt, digital und von reichlich Ablageflächen umgeben.

(Foto: Holger Preiss)

Am Ende ist es wie bei jedem Plug-in-Hybrid: Will man ihn ökologisch fahren, muss er bei jeder Gelegenheit an die Dose. Problem: An einer 11-kW-Station, aus der dann auch nur 6,4 kW stromern, ist in einer halben Stunde gerade mal die elektrische Reichweite für 18 Kilometer geladen. Dreieinhalb Stunden müssen hier für die Ladung von 0 auf 100 Prozent einberechnet werden. Wer das stete Laden aber beherzigt, der fährt mit einer Nennleistung von 330 PS und wird katapultartig beim Tritt auf den Pin von einem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern angeschoben.

In kurzweiligen 6,9 Sekunden ist man auf 100 km/h beschleunigt und in der Spitze ist Tempo 210 möglich. Das schafft der Vierzylinder-Diesel mit seinen 194 PS und einem maximalen Drehmoment von 400 Newtonmetern nicht ganz. Wer es ohne Akkuunterstützung darauf ankommen lässt, geht ziemlich exakt bis an die 200 km/h und muss dann aber auch einen Verbrauch von 7,5 Litern akzeptieren. Im Team und bei normaler Fahrweise werden andere Werte erzielt. Hier verbraucht der Diesel je nach benötigtem Einsatz zwischen 1,5 und 3,2 Liter, der Akku zieht zwischen 19,8 und 23,9 kW. Der elektrische Solobetrieb verlangt nach 29,5 kW und der Diesel braucht im Alleingang 5,6 Liter im Drittelmix.

Auch was für die Kehre

Die Coupélinie und die hohe Einstiegskante machen es den Fahrgästen nicht leicht, die Sitzplätze zu erklimmen.

Die Coupélinie und die hohe Einstiegskante machen es den Fahrgästen nicht leicht, die Sitzplätze zu erklimmen.

(Foto: Holger Preiss)

Also nochmal: Strecke machen kann man mit dem Mercedes GLE Coupé 350 de so oder so und das auf eine für dieses Ungetüm recht sportliche Art und Weise. Allerdings sollten sich Interessenten - nicht nur wegen des Mehrpreises von mindestens 3400 Euro - überlegen, ob es denn die 22-Zoll-AMG-Schluffen sein müssen. Ja, diese Räder sehen affengeil aus, sind aber fahrtechnisch nicht wirklich sinnvoll. Denn die optionale Luftfederung kann mit den riesigen Schluffen gar nicht mehr geordert werden. Und die ergibt wirklich Sinn, denn wer sie hat, ist von jeglichem Unbill der Straße befreit. Zudem sind dann auch die 21-Zoll-Räder der dynamischen Kurvenhatz wesentlich bekömmlicher. Hilfreich ist dabei auch, dass hinter dem neunstufigen Automatikgetriebe ein Verteilergetriebe mit elektronisch geregelter Lamellenkupplung für eine variable Verschiebung der Antriebsmomente an alle vier Räder sorgt. Vor allem wenn es flott um die Kehre geht und die schiere Masse schiebt und zieht, greift das System gezielt ein und verhindert ein Über- oder Untersteuern. Wer es aber übertreibt, dem steht selbst mit dem helfenden Eingriff die Physik im Weg und das schwäbische Kraftpaket schwänzelt arg mit dem Heck.

Erstaunlich ist übrigens auch, dass bei der Größe des Wagens der Einstieg auf den Fahrerplatz kaum ohne Kopfstoß vonstattengeht. Das liegt nicht daran, dass der Autor sehr hochgewachsen ist, sondern daran, dass es eine ordentliche Stufe zu überwinden gilt. Beim kühnen Schwung auf den Sitz ist dann irgendwie die Dachlinie im Weg. Hat man sich aber erstmal in das Lederpolster gekuschelt und blickt aus lichten Höhen auf das, was da so kreucht und fleucht, fühlt man sich schon sehr erhaben. Und da man völlig tonlos, weil elektrisch dahingleitet, hat man nicht mal ein schlechtes Gewissen, wenn man das dicke Lenkrad in den Händen hält und das wuchtige SUV-Coupé erstaunlich locker in das engste Parkhaus manövriert.

Er hört immer besser

Die roten Sitze sowie die Karboneinlagen und das Äußere des GLE Coupé sind dem aufpreispflichtigen AMG-Paket geschuldet.

Die roten Sitze sowie die Karboneinlagen und das Äußere des GLE Coupé sind dem aufpreispflichtigen AMG-Paket geschuldet.

(Foto: Holger Preiss)

Manövrieren oder besser navigieren kann man sich natürlich auch lassen und muss dazu bei der Zielangabe nicht mal selber Hand an den 12,3 Zoll großen Touchscreen legen. Es reicht, die Stimme zu erheben und die immer wache und nette Assistentin mit "Hey Mercedes" zu bitten, die Zieleingaben zu übermitteln. Tatsächlich muss der Autor zugeben, dass die noch vor Jahr und Tag ziemlich gestörte Kommunikation mit Frau Mercedes inzwischen ganz gut klappt. Die Fehlerquote ist deutlich zurückgegangen und die Ansage "das habe ich jetzt nicht verstanden" ist nur noch sehr selten zu hören. Überhaupt keine Probleme gibt es bei der Verkehrszeichenerkennung.

Während bei anderen Herstellern im Stadtgebiet schon mal jede Geschwindigkeitsbeschränkung durch das System, weil Verkehrszeichen nicht erkannt werden, aufgehoben wird, kann man sich beim GLE Coupé zu 99,8 Prozent darauf verlassen. Das ist auch dann wichtig, wenn man sich die neueste Generation von Fahrassistenzsystemen in den Wagen konfiguriert hat, die dann zum Beispiel streckenbasiert die Geschwindigkeit anpassen, bis 60 km/h die Arbeit des Fahrers im Stau übernehmen, selbständig die Rettungsgasse bilden oder das Fahrzeug schwarmartig den anderen Autos folgen lässt.

Mit 655 bis 1790 Litern Stauraum bietet der Kofferraum des Mercedes GLE Coupé 350 de ausreichend Platz.

Mit 655 bis 1790 Litern Stauraum bietet der Kofferraum des Mercedes GLE Coupé 350 de ausreichend Platz.

(Foto: Holger Preiss)

Mit all den bis hierhin angemahnten Eigenschaften des GLE Coupé ist die Urlaubsreise einfach ein Muss. Bei der Größe des Wagens auch kein Problem, denn selbst wenn alle Plätze besetzt sind, fasst der Kofferraum 655 Liter. Bleibt die Rückbank frei und wird flach gemacht, sind es sogar 1790 Liter Stauraum. Und weil die Ladekante bauartbedingt recht hoch liegt, kann das Heck auf Tastendruck um fünf Zentimeter abgesenkt werden. Wer in der zweiten Reihe Platz nimmt, hat übrigens ein paar Zentimeter mehr für Knie und Schulter als noch im Vorgänger und das trotz des sechs Zentimeter kürzeren Radstands. Noch etwas muss positiv erwähnt werden: die Ablageflächen. So wie sie gestaltet sind, entsteht eine logische Ordnung. Das Smartphone lädt induktiv in einer leicht gekippten, gut einsehbaren Stellung, das Fach unter der Mittelarmlehne ist großzügig, in die Türinnenverkleidungen passen auch größere Flaschen und im Himmel gibt es ein Brillenfach.

DatenblattMercedes GLE 350 de 4MATIC Coupé
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,94 m/2,01 m/1,73 m
Radstand2,93 m
Leergewicht (DIN)2690 kg
Anhängelast3500 kg
Sitzplätze5
EmissionsklasseEuro 6d
Motor/HubraumR4-Diesel mit 1950 ccm Hubraum
Getriebe9-Gang-Automatik
Nennleistung320 PS (235 kW)
Diesel-Motor194 PS (143 kW) bei 3800 U/min
Tankinhalt65 Liter
Elektromotor134 PS (100 kW)
KraftstoffartDiesel
Batterie31,2 kWh
Kofferraum809 - 2077 Liter
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Höchstgeschwindigkeit elektrisch160 km/h
max. Drehmoment700 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h6,9 s
Normverbrauch (kombiniert) WLTP1,3 - 1,1 l
Stromverbrauch28,7-25,9 kWh
Testverbrauch5,6 l
Testverbrauch Strom19,7 kWh
Reichweite E-Fahrt WLTP100 - 82 km
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
34 - 30 g/km
Grundpreis82.752 Euro
Preis des Testwagens102.352 Euro

Fazit: Der Mercedes GLE Coupé 350 de ist mit seiner Kombination aus E-Motor und Diesel-Triebwerk eine echte Alternative für Vielfahrer, die aber auf kürzeren Strecken und im urbanen Raum CO2-neutral fahren wollen. Voraussetzung ist natürlich, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu laden, um den Akku bei Laune zu halten. In allen anderen Belangen ist das SUV-Coupé das, was man von Mercedes erwartet: Premium. Das betrifft nicht nur die technischen Beigaben, die Materialien oder die gesamte Verarbeitung, sondern auch den Preis, den die Stuttgarter für den Wagen aufrufen. Bei knapp 83.000 Euro startet der 350 de als Coupé und wenn er wie der Testwagen bis unter die Dachkante mit allen Raffinessen, die die Optionsliste hergibt, bedacht wurde, dann ist man locker bei 102.352 Euro.

Quelle: ntv.de

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