Praxistest

Der täuscht nichts vor Kia Ceed SW - ein stimmiges Gesamtpaket

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Als GT-Line bietet der Kia Ceed SW optisch etwas mehr Sportlichkeit.

(Foto: Holger Preiss)

Es gibt Autos, die sind einfach ehrlich. Die einen vermitteln dieses Gefühl über den Preis, andere über die Fahreigenschaften. Beim Kia Ceed SW ist es das Gesamtpaket, das im Praxistest auf n-tv.de überzeugen konnte. Wenngleich es dennoch einen klitzekleinen Kritikpunkt gibt.

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Die doppelt verblendeten Endrohre sind natürlich nur Schein bei einem Vierzylinder mit 1,4 Litern Hubraum.

(Foto: Holger Preiss)

Das Maß der Sportlichkeit bei Kia ist zweifelsohne der Stinger. Das viertürige Sportcoupé sticht so richtig. An ihm misst sich unterdessen jedes andere bei den Koreanern auf den Markt gebrachte Auto. Dabei scheint es schon fast egal, ob es sich um SUV oder Kombi handelt. Das ist natürlich nur Attitüde, denn um der Stinger zu sein, braucht es schon den potenten V6 mit 366 PS, neuerdings ein mechanisches Sperrdifferenzial und ein adaptives Fahrwerk. Über die anderen Zutaten, die den Stachel am Ende so richtig spitz machen, soll hier gar nicht weiter philosophiert werden. Denn das Auto, das bei n-tv.de zum Test vorgefahren ist, ist der Ceed SW - ein Kombi.

Kein digitaler Tsunami

In der dritten Generation fährt der Ceed und hat sich inzwischen zeitgemäß weiterentwickelt. Die Insassen überrollt zwar kein digitaler Tsunami, aber die wesentlichen Beigaben, die es braucht, um im Zeitalter von Bits und Bytes mitspielen zu können, sind gegeben. Nicht alle sind dabei bereits in den koreanischen Lademeister eingepreist. Für die induktive Ladestation, die das Smartphone wieder befeuert, muss zum Beispiel die höchste Ausstattungslinie, Platinium Edition gewählt oder ein entsprechendes Kreuz in der Optionsliste gesetzt werden. Da gibt es dann aber auch eine sensorgesteuerte elektrische Heckklappe, Navi sowie einen elektrisch einstellbaren Fahrersitz, der mit Leder bespannt ist und sich ebenso wie die äußeren Plätze der zweiten Reihe beheizen lässt, zudem aber auch belüftet werden kann. Auch ein Glasdach ist verfügbar.

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Im Innenraum des Kia Ceed SW gibt es viel Analoges, wenig Digitales, aber das stört nicht.

(Foto: Holger Preiss)

Auch bei den Assistenzsystemen lässt sich Kia in der höchsten Ausstattungslinie nicht lumpen, aber dazu kommen wir später. Fakt ist, dass, wer Platinium wählt, über 32.000 Euro zahlt. Das ist gemessen an dem, was die Mitbewerber für ähnlich ausgestattete Fahrzeuge aufrufen, recht fair und liegt 23.000 Euro unter dem oben angesprochenen Stinger. Wer es optisch mehr in Richtung Sportcoupé haben möchte, der wählt die GT Line. Sportpedale und abgeflachtes Lenkrad sind hier ebenso im Ausstattungsumfang enthalten wie Sportsitze, schwarzer Dachhimmel und eine ebensolche Säulenverkleidung. Außen gibt es 17-Zoll-Räder mit 225er Gummis, einen schwarzen Kühlergrill mit Chromrahmen, Sportfrontschürze und Heckstoßfänger mit integrierten Diffusor-Verblendungen.

Unaufgeregt und souverän

Aber Achtung, im Vergleich mit einem Stinger ist das natürlich alles mehr Schein als Sein. Denn unter der Haube des Testwagens steckt ein Vierzylinder-Benziner, der seine 140 PS aus 1353 Kubikzentimetern Hubraum schöpft und ein maximales Drehmoment von 242 Newtonmetern generiert. Also echt kein Vergleich mit dem Sportwagen. Dennoch beschleunigt sich der knapp 1,4 Tonnen schwere Koreaner in 9,1 Sekunden auf Landstraßentempo und ist mit einer Endgeschwindigkeit von 210 km/h angegeben. Das schafft der Ceed SW tatsächlich, aber eigentlich endet die Beschleunigung mit entsprechendem Nachdruck kurz unterhalb der 200. Das ist aber nicht schlimm, weil der Motor nicht den Anschein macht, mehr zu wollen und zu können. Allerdings vermittelt das Aggregat auch bei hartem Leistungsabruf nie durch klagendes Brummen den Anschein, überfordert zu sein.

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Der Vierzylinder mit seinen 140 PS täuscht im Kia Ceed SW nichts vor.

(Foto: Holger Preiss)

Mit den 140 PS, die übrigens erst bei 6000 Kurbelwellenumdrehungen verfügbar sind, haben die Ingenieure ein gutes Kraft-Leistungs-Verhältnis geschaffen. Während bei einigen Herstellern versucht wird, aus einem ähnlichen Hubraum das Triebwerk eines Sportwagens zu generieren, hat es beim amtlich als 1,4 T-GDI bezeichneten Motor auch keine Not mit den Turboladern. Durch das lineare Ansprechen werden die Drehzahlen nicht unanständig hochgekurbelt, bis der Turbo kommt und der Antritt wirkt nicht übertrieben dynamisch, vermittelt eher den Eindruck von Souveränität. Das lag beim Testwagen allerdings auch daran, dass die Getriebestufen über einen fluffig zu führenden Handschalter dargereicht werden konnten. Klar, auf Kampfantritte an Ampel, auf Landstraße und Autobahn muss man verzichten. Dafür ist man in Summe eben sehr entspannt und ausreichend kraftvoll unterwegs.

Erfreulicher Verbrauch

Und noch etwas erfreute am Ceed mit dem 1,4-Liter Benziner: der Verbrauch. Am Ende des Alltagstests waren es 7,3 Liter, die im Durchschnitt über 100 Kilometer verbrannt wurden. Ein Verbrauch, der wohl auch dem unglaublich lang übersetzten sechsten Gang geschuldet ist. Wer schaltfaul ist, der kann hier locker bis auf 40 km/h abfallen, um sich dann wieder an die maximale Geschwindigkeit heranzuarbeiten. Aber immer schön im Hinterkopf behalten: So sportlich sich der Kia äußerlich gibt, er ist kein Stinger. Er ist ein durchaus veritables Alltagsauto. Dafür sorgt neben dem ausgewogenen Fahrwerk, das nur bei Querfugen und schnell wechselnden Bodenwellen etwas harsch und unruhig reagiert, auch eine ganz ordentliche Rückmeldung gebende Lenkung, die es im Zusammenspiel mit dem Fahrwerk erlaubt, den Ceed SW auch mal flotter uns Eck zu zirkeln.

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Der Kofferraum im Kia Ceed SW hat bei aufgerichteter Rückbank mit 625 Litern mehr Stauraum als der im Kia Optima SW.

(Foto: Holger Preiss)

Im Zusammenspiel der oben erwähnten Komponenten, des daraus resultierenden Fahr- und Ansprechverhaltens und einem mit 625 Litern üppig bemessenen Kofferraum taugt der Ceed SW auch ganz famos für die Urlaubsfahrt mit der Familie. Wer anderweitig größere Einkäufe oder Transporte zu erledigen hat, kann die Rückbank flach machen und verfügt dann über einen Stauraum von 1694 Litern. Das ist ordentlich und lässt kaum Wünsche offen. Auch die in der zweiten Reihe reisenden Passagiere müssen nicht über Platzmangel klagen. Weder an Knie- noch an Kopffreiheit mangelt es hier. Über die anderen Bequemlichkeiten wurde ja bereits gesprochen.

Gut funktionierende Assistenten

Die gibt es in Form von Fahrassistenten natürlich auch für den Fahrer. Allerdings sind die nicht umfänglich, wenn man sich für den Handschalter entscheidet. Dann gibt es nämlich keinen Abstandstempomaten, der für den geschmeidigen Fluss im Autobahnverkehr sorgt oder sogar das lästige Anfahren und Bremsen im Stau abnimmt. Wer diesen Luxus haben will, der muss den über sieben Stufen schaltenden Automaten für zusätzliche 1600 Euro ordern. Was es ohne den gibt, kann aber auch schon hilfreich sein. Dazu gehört zum Beispiel ein adaptiver Spurhalteassistent, der den Wagen beim Verlassen der Spur wieder sanft in die Bahn bringt. Mit an Bord ist auch eine im Test fehlerfrei arbeitende Verkehrszeichenerkennung und ein Parkassistent, der den in der Länge 4,60 Meter messenden Ceed SW selbständig in Längs- und Querlücken einpasst. Klar, das Schalten und Gasgeben nimmt er dem Piloten beim Landevorgang nicht ab.

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Sportsitze sind im Kia Ceed SW, wenn er als GT-Line vorfährt, natürlich Ehrensache.

(Foto: Holger Preiss)

Noch etwas gibt es positiv zu bemerken, um von dort dann zu einem Kritikpunkt zu kommen. Während man früher beim Blick in den Innenraum eines Koreaners immer die wüste Plastikarchitektur bemängelte, darf heute darauf hingewiesen werden, dass sich hier einiges getan hat. Mit Kunstleder überspannte Flächen gibt es da und auch im Ceed haben die Knöpfe und Drehsteller, mit denen zum Beispiel die auf Wunsch verbaute JBL-Soundanlage gesteuert wird, angenehme Druck- und Rastpunkte. Das Lenkrad ist beledert, liegt gut in der Hand und auch sonst kann man die Finger an fast allen im Innenraum verbauten Teilen spielen lassen, ohne an unschöne Stellen zu stoßen.

Macht man das, fällt der Blick im Testwagen auch auf die mit Klavierlack überzogenen Zierteile zum Beispiel rund um den Gangwahlhebel und die Getränkehalter. Und genau da sind schon nach 7000 Kilometern unschöne Kratzer zu sehen. Ähnliches ist im Kofferraum zu finden. Hier ist es die Abdeckung, die am Anfang der Führung schon recht abgeknabbert daherkommt. Das sind keine die Funktionalität einschränkenden Mängel. Aber für jemanden, der einen Neuwagen - selbst wenn er unter 30.000 Euro kostet - gekauft hat, ist das einfach nur ärgerlich. Denn bei Gebrauchsspuren greift auch die sieben Jahre währende Garantie von Kia nicht.

Fazit: Der Kia Ceed SW 1,4 T-GDI ist in jedem Fall eine Empfehlung. Jedenfalls für alle, die mehr Wert auf schicke analoge Funktionalität legen als auf überbordende Digitalisierung. Zudem ist er ein Auto für die, die einen Motor suchen, der unaufdringlich seine Arbeit verrichtet, seine Insassen flott von A nach B bringt, ohne etwas zu behaupten, was er einfach nicht ist, ein Sportler. Wer es braucht, kann sich die Attitüde des Dynamikers mit der Ausstattungslinie GT-Line erkaufen, muss es aber nicht. Was die Wahl des empfindlichen Klavierlacks betrifft, muss man allerdings bedauerlicherweise sagen, dass Kia hier im Innenraum keine Wahlmöglichkeiten lässt. Die sind wohl immer verbaut.

DATENBLATTKia Ceed SW 1.4 T-GDI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,60 / 1,80 / 1,46 m
Radstand2,65 m
Leergewicht (DIN)1370 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen625 / 1694 Liter
MotorVierzylinder Benziner mit 1353 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang-Handschalter
Systemleistung Verbrennungs- und E-Motor140 PS ( 103 kW) bei 6000 U/min
KraftstoffartBenzin
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Tankvolumen50 Liter
max. Drehmoment (Systemleistung)242 Nm bei 1500 - 3200 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h11,8 Sekunden
Normverbrauch (kombiniert)5,9 Liter (WLTP)
Testverbrauch (kombiniert)7,3 Liter
CO2-Emission kombiniert135  g/km /Euro 6 (WLTP)
Grundpreis26.990 Euro
Preis des Testwagens30.260 Euro

Quelle: ntv.de

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