Kommentar Ackermann im Büßerhemd
14.01.2009, 16:45 UhrPlötzlich kommt es knüppeldick. Nach Monaten des strahlenden Vorzeigelächelns muss Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gleich zwei Niederlagen an einem Tag einräumen. Das größte deutsche Finanzhaus verzockt im letzten Quartal des Jahres Milliardensummen und rutscht tiefer in die Miesen als befürchtet. Zudem muss die Deutsche Bank für die Rettung der Postbank-Übernahme auf eine Mitgift der bisherigen Mutter der Braut, der Deutschen Post, zurückgreifen - zeitweiliger Einstieg der Schwiegermutter inklusive. Kleinlaut muss der sonst so redselige Krisen-Optimist Ackermann einräumen, dass die desaströse Entwicklung an den Märkten auch in der Bilanz der Deutschen Bank tiefe Furchen hinterlassen wird - "wir sind enttäuscht", so Ackermann.
Wie bei einem Teflon-Effekt schien noch vor wenigen Monaten fast nichts von der Finanzkrise an der Deutschen Bank haften zu bleiben. Bis ins dritte Quartal 2008 hinein schrieb das Haus unter dem Strich schwarze Zahlen. Gegen den Finanz-Tsunami nach der Pleite von Lehman Brothers hatte jedoch auch die Deutsche Bank kein Rezept - und das verwundert nicht. Konsequent hatte sich die Bank in den vergangenen Jahren auf das lange Zeit so gewinnträchtige Investmentbanking konzentriert. In Zeiten atemberaubender Kurssteigerungen an den weltweiten Kapitalmärkten sicherte diese Strategie der Deutschen Bank immer neue Rekordgewinne, machte sie in unsicheren Börsenphasen jedoch auch anfällig für starke Kursschwankungen. Dieses Schönwetter-Modell kostete die erfolgsverwöhnten Frankfurter in den letzten drei Monaten des Geschäftsjahres nun 4,8 Milliarden Euro.
Trotz aller unerwarteter Hiobsbotschaften: Für Schadenfreude ist kein Platz. Noch immer kann die Bank ihrer umstrittenen Maxime treu bleiben, nicht unter den Banken-Rettungsschirm zu flüchten. Noch immer liegt die Kapitalausstattung mit einer Kernkapitalquote von zehn Prozent zwei Prozentpunkte über den Anforderungen des Rettungsfonds Soffin. Und noch immer können sich Aktionäre trotz des absehbaren Milliardenverlustes auf zumindest eine symbolische Dividende von 50 Cent je Aktie freuen. Für ein großes, international aufgestelltes Bankhaus mit starkem Gewicht im Investmentbanking ist das, mehr als zwei Jahre nach Ausbruch der Subprime-Krise samt all ihrer Folgen, keine Selbstverständlichkeit.
Für die Deutsche Bank ist es nun höchste Zeit, sich mit der Postbank ein starkes Standbein im Privatkundengeschäft zu schaffen. Galt diese Brot- und Buttersparte lange Zeit als langweilig und "unsexy", lockt das Geschäft mit den Sparern gerade in den Zeiten der Krise mit einer doppelten Dividende. Neben soliden Erträgen beschert dieses Geschäft mit den Einlagen der Kunden auch Liquidität, die dank mangelndem Vertrauen unter den Banken sonst fehlte. Deshalb war es richtig von Ackermann, über seinen Schatten zu springen und mit dem zeitweiligen Einstieg der Deutschen Post auch eine indirekte Staatsbeteiligung in Kauf zu nehmen. Am Ende des Tages, wenn die mehr als 14 Mio. Kunden der Postbank die Deutsche Bank auf einen Schlag zur größten Privatkundenbank der Republik macht, wird dies nur noch eine Randnotiz in den Wirrungen der Finanzkrise sein. Die Deutsche Bank markiert damit gleichsam den Schlussstrich unter dem Kapitel des "Peanuts-Kapitalismus", in dem eine solche Akquisition noch mit der Attitüde der Portokassen-Finanzierung begleitet worden wäre. Das ist nicht nur gut für das ramponierte Image der Bank, sondern wohl schon mittelfristig auch für die Erträge.
Quelle: ntv.de