Stichwort Angstgespenst Rezession
05.02.2008, 19:05 UhrEin Begriff treibt derzeit die Börse in die Unsicherheit: Rezession. Börsianer reagieren allergisch auf dieses Wort und die Märkte verzeichnen Kursstürze sobald dieses Schreckgespenst irgendwo auftaucht. Aber was genau ist eine Rezession und warum reagieren die Börsen so empfindlich?
Der Begriff der Rezession wurde in den Wirtschaftswissenschaften geboren. Zunächst bezeichnet er ganz einfach eine Phase wirtschaftlichen Abschwungs. Aber auch die Wissenschaftler streiten sich gerne, wann genau ein wirtschaftlicher Abschwung als Rezession zu bezeichnen ist. Um den Begriff richtig einordnen zu können, ist es notwendig sich die Zyklen der Konjunktur anzusehen.
Unberechenbare Konjunktur
Als Konjunktur wird der Gesamtzustand einer Volkswirtschaft bezeichnet. Es gibt zahlreiche Indikatoren, die den Zustand einer Volkswirtschaft beschreiben sollen. Die maßgebliche und wichtigste Größe ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Konjunktur verläuft nicht stabil, sondern ist mehr oder weniger großen Schwankungen unterworfen, den so genannten Zyklen. Joseph Schumpeter befasste sich 1939 als einer der ersten Wirtschaftswissenschaftler mit den Konjunkturzyklen. Er entwickelte den umstrittenen Begriff der "Kondratieff-Zyklen". Diese langen Wellen sollen, auf technischen Innovationen basierend, den langfristigen Auf- und Abschwung der weltweiten Wirtschaft erklären. Diese Theorie ist allerdings bis heute sehr umstritten und wird unter Wissenschaftlern heiß diskutiert.
Weitgehend unbestritten ist hingegen, dass sich die Wirtschaft eines Landes ebenfalls in Konjunkturzyklen bewegt. Ein solcher Konjunkturzyklus besteht in der Regel aus vier Phasen, der Expansion (Aufschwungphase), dem Boom (Hochkonjunkturphase), der Rezession (Abschwungphase) und der Depression (Tiefphase). Diese müssen allerdings nicht zwangsläufig alle durchlaufen werden. Es kann durchaus vorkommen, dass ein Zyklus keine depressive Phase vorweisen kann oder es auch keine richtige Boom-Phase gibt.
Umstrittene Zeitspannen
Wissenschaftler streiten sich gerne über die Zeiträume solcher Konjunkturzyklen erstrecken. Man unterscheidet zunächst zwischen drei Arten. Strukturelle Schwankungen bilden tiefgreifende wirtschaftliche Veränderungen ab und sind langfristiger Natur (50 Jahre und mehr). Saisonale Schwankungen wiederum betreffen beispielsweise die Wetterveränderungen während der Jahreszeiten, die sich wirtschaftlich auswirken und sind eher kurzfristiger Natur (3 bis 6 Monate). Was Wirtschaft und Politik stets beschäftigen sind die konjunkturellen Schwankungen. Sie sind mittelfristiger Natur und sehr schwer berechenbar. Warum sie auftreten und in welcher Richtung sie beeinflussbar sind, hat ganze Generationen von Wirtschaftswissenschaftlern beschäftigt. Auch die Länge dieser Zyklen ist umstritten. Die geschätzte Spanne bewegt sich zwischen zwei und elf Jahren. Jedenfalls können die Zyklen unterschiedliche Längen haben und werden daher, entgegen älteren Modellen, nicht mehr in einen festen Zeitrahmen gepresst.
Der Begriff Rezession bezeichnet die Phase eines wirtschaftlichen Abschwungs. Von wirtschaftlichem Abschwung wird dann geredet, wenn das Wachstum gehemmt ist, ohne dass sich allgemeine große Krisenerscheinungen erkennen lassen. Kennzeichnend sind pessimistische Prognosen, hohe Lagerbestände, Rückgang der Nachfrage, der Investitionen und der Beschäftigung. Eine Zunahme des BIPs von deutlich unter einem Prozent gilt in der Regel als ein solcher Abschwung. Verglichen wird dabei das Quartals-BIP mit dem Wert des entsprechenden Vorjahres. Von Rezession wird dann gesprochen, wenn über mindestens zwei Quartale dieser Vergleich negativ ausfällt. Die Phase einer Rezession kann sich hinziehen bis zu einer wirtschaftlichen Stagnation. Verschärft sich dieser Zustand der Wirtschaft weiter und führt zu einem negativen Wachstum spricht man in der Folge von einer Depression.
Baisse an der Börse
Für die Börse ist die Phase der Rezession eine Zeit fallender Kurse und steigender wirtschaftlicher Unsicherheiten. Die Eckdaten der meisten Unternehmen sind schwach und ziehen deren Kurse nach unten. Klar, dass die Börsianer solche Phasen nicht mögen, denn in einer rezessiven Phase lässt sich auch für sie deutlicher schwerer Geld verdienen.
Ob die US-Wirtschaft sich, gemäß der wissenschaftlichen Definition, in einer Rezession befindet ist derzeit noch unklar. Im vierten Quartal 2007 erlebte die größte Volkswirtschaft der Welt eine Zunahme des BIPs von nur noch 0,6 Prozent. Im dritten Quartal 2007 hatte der Wert noch 4,9 Prozent betragen, im Vorjahresquartal lag der Zuwachs bei 3,5 Prozent. Es wird sich also im ersten Quartal 2008 entscheiden, ob man in den USA wirklich von einer Rezession sprechen kann. Die Politik dürfte jedenfalls alle Anstrengungen unternehmen im Wahljahr 2008 in den USA eine solche wirtschaftliche Schwächephase zu verhindern.
Quelle: ntv.de