Migration

Dänemark sucht Arbeitskräfte Deutsche willkommen

Massenweise "Gastarbeiter" aus dem benachbarten Deutschland und anderen Ländern gelten in Dänemark immer mehr als einzig mögliche Rettung vor einem Konjunktur-Einbruch. Gleichzeitig mit dem Fall der Arbeitslosenquote auf den mit drei Prozent niedrigsten Stand seit 33 Jahren rufen Wirtschaftssachverständige, Arbeitgeberverbände und zunehmend auch Politiker nach dem, was die Zeitung "Politiken" umschreibt mit: "Dänemark soll das Tor ganz weit öffnen. Weg mit fast allen Barrieren."

Das kommt für die Skandinavier nach sechs Jahren mit den schärfsten Zuzugsbeschränkungen in Westeuropa und ausgeprägter öffentlicher Feindseligkeit gegenüber allen "Fremden" einer kleinen Revolution gleich. Aber der Verlust von Exportaufträgen wegen fehlender Facharbeiter, gigantische Job-Engpässe in der Bauindustrie und nicht mehr funktionsfähige Krankenhausstationen beherrschen die Kopenhagener Debatte inzwischen weit mehr als Probleme bei der Integration von Zuwanderern.

Rettung aus dem Ausland

Schon jetzt werden von knapp 2,6 Millionen Stellen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst mehr als zehn Prozent von "Gastarbeitern" besetzt, berichtete "Politiken" nach eigenen Berechnungen. 60.000 Beschäftigte seien von ausländischen Firmen entsandt, darunter zu einem erheblichen Teil aus Deutschland. Dies sei ein "völlig neues Phänomen für Dänemark", kommentierte Søren Kaj Andersen vom Forschungsinstitut FOAS.

Gerhard Glaser von der Deutsch-Dänischen Handelskammer erlebt die mitunter verzweifelte Suche nach Arbeitskraft hautnah in seinem Kopenhagener Büro: "Hier rufen sogar Gewerkschafter an und bitten uns, deutsche Facharbeiter zu besorgen. Sie befürchten sonst die Abwanderung der betroffenen Firma." Die TV-Nachrichten, sonst in Dänemark seit Jahren massiv beherrscht von düsteren Berichten zum "Ausländerproblem", feiern nun die Ankunft von 31 arbeitswilligen Ärzten aus Indien als "wunderbare Neuigkeit" zum Dezember-Auftakt.

Auswirkungen in Tarifrunden

Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen hat nach seinem knappen Wahlerfolg Mitte November angekündigt, dass die Bekämpfung des Arbeitskräftemangels im Zentrum stehen werde. Bei den Tarifrunden im Frühjahr werden ihm Hunderttausende in der Privatwirtschaft und vor allem im öffentlichen Dienst die Notwendigkeit wohl auch noch mal bei den als wahrscheinlich geltenden Großstreiks nachdrücklich bestätigen. Vor allem die nach allgemeiner Meinung unterbezahlten Frauen im staatlichen Kranken-, Pflege- und Sozialdienst sehen nun ihre große Chance auf mehr Geld mit einem "schlagenden" Argument: Es gibt einfach nicht genug von ihnen.

Rasmussen sagte in seiner Regierungserklärung: "Wir werden besonders qualifizierten Ausländern den Zugang zum dänischen Arbeitsmarkt erleichtern. Zu dänischen Lohn- und Arbeitsbedingungen." Dem Arbeitgeberverband DA und dem Rat der Wirtschafts-Weisen geht das längst nicht weit genug. Sie sehen fast unbegrenzte Arbeitskraft-Zuwanderung auch bei Jobs für durchschnittlich Qualifizierte als einzigen Rettungsanker für den Wirtschaftsboom, der Dänemarks breite Mittelklasse wohlhabend und die Staatskasse so prall gefüllt hat wie nie zuvor.

Von Thomas Borchert, dpa

Quelle: ntv.de

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