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Deflationsangst Fed in Zugzwang

Von Robert Rethfeld, Wellenreiter-Invest
 
Die landläufige Meinung, dass eine Rezession als eine Phase definiert ist, in der zwei Quartale hintereinander ein Minus-Wachstum auftritt, wird von der offizielle US-Instanz für die Ermittlung von Rezessionen (dem NBER) nicht geteilt. Vielmehr ist eine Rezession eine Phase wirtschaftlicher Kontraktion. Also eine Phase in der eine Volkswirtschaft nicht wächst, sondern schrumpft. Solche Phasen wurden in den USA von 1850 bis 1940 viel häufiger notiert als nach dem 2. Weltkrieg.



Dr. Conrad Mattern (Conquest Investment Advisory AG) erklärt das Abflauen der Rezessionen nach dem Ende der großen Depression in den USA (um 1940) damit, dass die Fed erst seitdem so arbeitet, wie man es heute von ihr kennt. Der Eingriff der Fed in den natürlichen Wirtschaftskreislauf hat offensichtlich dazu geführt, dass Rezessionen seltener geworden sind. Der Preis sind höhere Inflationsraten als zuvor und damit eine zusätzliche staatliche „Steuer, die die Reallöhne in Schach hält.

Das Interessante: Nominal performte der Dow Jones Index vom Ende der großen Depression bis jetzt deutlich besser als in der Zeit von 1850 bis etwa 1940. Der grüne Pfeil auf dem folgenden Chart verdeutlicht dies.



Aber das ist eine Täuschung!

Real also inflationsbereinigt ist die Börsenphase von 1860 bis etwa 1910 die stärkste Phase im zurückgerechneten Dow Jones Index (grüner Pfeil nächster Chart).

Diese Periode der Industrialisierung (zwischen US-Sezessionskrieg und dem 1. Weltkrieg) war für die USA der Zeitraum, der die Voraussetzung schuf, um nach dem 1. Weltkrieg die weltweite Führungsrolle übernehmen zu können. China dürfte sich derzeit in einer ähnlichen Periode befinden.

Die 60 Jahre nach dem 2. Weltkrieg brachten für die USA real einen insgesamt weniger steil verlaufenden Anstieg bei deutlich höherer Volatilität. Aktuell hat der Dow Jones Index real sein Hoch vom 14. Januar 2000 noch nicht erreicht.

Fazit: Die aktive Rolle, die die US-Zentralbank seit dem Ende der großen Depression im Wirtschaftskreislauf spielt, hat real betrachtet weder die Volatilität aus den Märkten heraushalten können noch zu einem stärkeren Anstieg der Aktienmärkte geführt.

Bleibt der Verdienst der Fed, dass die Zahl der Rezessionen in der aktiven Zeit der US-Zentralbank abgenommen hat. Eine ständige und kontrollierte Geldentwertung (zwischen 2 und 3 Prozent) schafft offensichtlich ein Rezessions-feindliches Umfeld. Außerdem scheinen Rezessionen, in denen die Inflationsrate nicht unter null fällt, weniger dramatisch für die Aktienmärkte zu verlaufen als Rezessionen in einem deflatorischen Umfeld.

Interessanterweise traten zwischen 1900 und 1960 US-Rezessionen in 7er und 8er Jahren regelmäßig auf. Die durchschnittliche Dauer dieser Rezessionen betrug ein knappes Jahr. Danach verlagerte sich das Rezessionsgeschehen an den Anfang einer Dekade (1970, 1980, 1990 und 2001 waren Rezessionsjahre). Für die Rezession von 2008 erwarten wir eine Dauer, die sich am Durchschnittswert orientiert (siehe Jahresausblick 2008).

Der Konjunkturzyklus lebt und wird auch weiterhin einer der verlässlichsten Merkmale des Wirtschaftskreislaufs bleiben. Die US-Fed kann diese Rezession abmildern, indem sie dafür sorgt, dass die Inflationsrate in den USA positiv bleibt. Die Fed befindet sich aktuell um etwa 125 Basispunkte hinter der Kurve. Sie müsste den Leitzins am 30. Januar von 4,25% auf 3,00% senken, um der Wirtschaft Impulse geben zu können und um ein Abrutschen in ein deflatorisches Umfeld zu verhindern. Bernanke, gib Gas, das ist kein Einstand nach Maß!

Quelle: ntv.de

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