Nachhaltige Investments Aktien langfristig ein Kauf
24.08.2011, 06:00 Uhr
Der Kursrutsch lockt manchen Anleger bereits.
(Foto: Flickr.com / the justified sinner)
Rezessionsängste und grassierende Schuldenkrisen verderben Börsianern auf kurze Sicht den Appetit auf Aktien. Kurzfristig scheint eine Verminderung der Aktienquote ratsam. Auf lange Sicht sind die Aussichten für Titel hoher Qualität dagegen gar nicht so schlecht, wie Rémy Schraner von Hauck & Aufhäuser (Schweiz) erläutert.
Die Börsianer sind derzeit hin- und hergerissen: Auf der einen Seite stehen Rezessionsängste und Schuldenkrisen, auf der anderen Seite niedrige Unternehmensbewertungen und Inflationssorgen. Kurzfristig scheint eine Verminderung der Aktienquote ratsam. Langfristig sind die Aussichten für Titel hoher Qualität dagegen gar nicht so schlecht.
Die Aktienmärkte beschäftigt derzeit vor allem die Möglichkeit eines Abgleitens der Weltwirtschaft in eine erneute Rezession. Insbesondere in den USA, der noch immer mit Abstand größten Volkswirtschaft der Welt, kommt die Konjunktur trotz expansiver Geldpolitik nicht in Gang. Gleichzeitig verschlechterten sich zuletzt die Konjunkturaussichten für Europa.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das starke Asien die westlichen Wirtschafträume aus dem "Sumpf zu ziehen" vermag, ist leider gering. Denn etwa ein Drittel der Kreditvergabe im "emerging" Asien stammt von europäischen Banken. Gleichzeitig betragen Asiens Exporte nach Europa und in die USA ebenfalls ungefähr einen Drittel des dortigen Gesamtexportes. Ein wirtschaftlich von den USA oder Europa losgelöstes Asien ist definitiv noch keine Realität.
Schuldenproblematik ohne Lösung
Gleichzeitig lasten die ungelösten Schuldenkrisen auf den Schultern der Börsianer. In der ersten Phase ab dem Jahr 2008 waren die Hauptakteure auf der privaten Seite zu lokalisieren, also bei Banken, Versicherungen und vor allem amerikanischen Immobilieneigentümern. Doch trotz der Weltwirtschaftskrise gelang es den Staaten relativ schnell, einigermaßen koordiniert zu intervenieren und die desolate Lage temporär abzufedern. Die staatlichen Rettungspakete und die Sozialisierung der privaten Schulden führten aber zu einer sprunghaften Ausweitung der staatlichen Haushaltsdefizite. Infolge dieser zweiten Phase der Schuldenkrise wird jetzt die Tragbarkeit der meisten Staatsfinanzen in Frage gestellt.
Grundsätzlich verlangen die Finanzmärkte für Europa eine glaubwürdige Lösung der strukturellen Defizite (Währungsunion, Transfermechanismen, Verschuldungskriterien). Die Einführung von Eurobonds könnte möglicherweise dazu beitragen. Doch vor allem die Regierung in Berlin lehnt dies bisher ab. In den USA scheint dagegen die Lösung der Schuldenkrise erst dann möglich, wenn die Einnahmeseite des Staates gestärkt wird. Steuererhöhungen für Private und Unternehmen müssten also im Gleichschritt mit einer disziplinierteren Ausgabenpolitik einhergehen. Die konservative Tea-Party-Bewegung verhindert dies bislang. Somit ist in Bezug auf Rezessionsängste und Schuldenkrisen vorerst keine Entwarnung zu erwarten. Die Belastungen für die Aktienmärkte werden wohl anhalten. Dies spricht zumindest kurzfristig für eine Verringerung der Aktienquote.
Anleihen sind Risikoinvestments
Mittel- bis langfristig gibt es dennoch mehrere Gründe, die für Aktieninvestments sprechen. Erstens bieten Anteilsscheine von Unternehmen mit hohen Barmittelzuflüssen ein höheres Maß an Sicherheit als die hoch rentierlichen Anleihen finanziell angeschlagener Staaten wie Spanien oder Italien. Gleichzeitig besteht bei den Schuldtiteln solventer Staaten wie Deutschland, Großbritannien oder den USA ein Zinsänderungsrisiko. Deren 10-jährige Staatsanleihen rentieren mittlerweile unterhalb der derzeitigen Inflationsrate. Der Anleger bekommt also in zehn Jahren real weniger Geld zurück als er heute diesen Staaten leiht. So etwas gab es zuletzt vor mehr als 50 Jahren. Hier ist mit Zinssteigerungen durchaus zu rechnen. Kursverluste der entsprechenden Papiere wären die Folge. Staatsanleihen sind somit aus unterschiedlichen Gründen mit nennenswerten Risiken behaftet.
Darüber hinaus stellen Aktien einen wirksamen Versicherungsschutz gegen steigende Preise dar. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann die amerikanische Notenbank Fed wieder verstärkt Geld druckt, um die US-Konjunktur zu stützen (Stichwort QE3). Auch die EZB könnte wieder auf eine expansivere Geldpolitik umschwenken. Steigende Preise haben aus Sicht der hoch verschuldeten Staaten einen willkommenen Zusatzeffekt: Bei Inflation sinkt der reale Wert ihrer angehäuften Defizite.
Die zentrale Entscheidung für Investoren wird sein, wann sie sich wieder für Aktien entscheiden. Die aktuelle Marktphase ist für einen Einstieg möglicherweise noch zu früh und ein Abwarten in weniger risikobehafteten und liquiden Anlagen vorderhand sinnvoll. Mit einem etwas längerem "Atem" könnten aber durchaus bald interessante Aktienpreisniveaus erreicht sein. Eine Möglichkeit, das Markttiming ein Stück weit zu umgehen, stellt der "averaging down approach" dar. Danach wird beim Aufbau von einem neuen Aktienportfolio nicht sofort die ganze vorgesehene Position gekauft, sondern beispielsweise nur die Hälfte. Die zweite Hälfte wird dann später investiert, um das Eintrittsniveau möglichst zu optimieren.
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Rémy Schraner ist Head Investment Advisor bei der Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG, einer 100%igen Tochter der Hauck & Aufhäuser Privatbankiers. Das Unternehmen ist 1994 als Hauck Finanzdienstleistungen AG in Zürich gegründet worden. Im Dezember 1995 wurde der Name in Bastei Privatfinanz AG geändert. Im November 2010 übernahm die Bastei Privatfinanz AG im Rahmen einer Absorptionsfusion die Dr. Höller Vermögensverwaltung und Anlageberatung AG, welche 1995 den ersten Ethikfonds Kontinentaleuropas auflegte und als Pionier bei nachhaltigen Investments gilt. Seit der Fusion firmiert die Gesellschaft als Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG.
Quelle: ntv.de