Milliardendeals in Reichweite Firmenjäger gehen auf die Pirsch
28.02.2011, 17:00 UhrKrise? Welche Krise? Viele Finanzinvestoren wollen von schwierigen Zeiten nichts mehr wissen. Im Gegenteil: Einige schwärmen schon wieder von Milliardendeals, billigem Geld und laxen Konditionen bei der Kreditvergabe.
Das Umfeld für Firmenkäufe hat sich spürbar aufgehellt: "Wir sehen ein fantastisches Umfeld für Private Equity", sagte Michael Phillips, Deutschland-Chef der Beteiligungsfirma Apax Partners, auf der Branchenmesse "Super Return". Die Bedingungen seien in großen Teilen sogar besser als vor einigen Jahren. So seien die Finanzierungszinsen historisch niedrig, und Kredite gebe es in Hülle und Fülle. "Das ist eine großartige Zeit für Übernahmen", betonte Phillips. Der einzige Haken: Viele Kaufgelegenheiten gibt es derzeit nicht - zumindest in Deutschland.
Bereits vor dem jährlichen Stelldichein der Branchengrößen wie KKR, Apax, Carlyle und Permira in Berlin hatten viele Finanzinvestoren vor Optimismus gestrotzt. So träumte etwa der US-Investor Blackstone von einer baldigen Rückkehr zweistelliger Milliardendeals. Am Wochenende kam der Firmenjäger dem schon sehr nahe: Finanzkreisen zufolge erwirbt Blackstone 600 US-Einkaufszentren und weitere Immobilien für 9,4 Mrd. Dollar."Milliardendeals waren nie richtig weg", betonte Apax-Manager Phillips. 2010 waren weltweit 24 Prozent aller Übernahmen durch Private-Equity-Häuser größer als eine Milliarde Dollar. Das werde in den nächsten Jahren weiter steigen.
Deutschland nicht gerade üppig
In Deutschland sind die Käufe der Firmenjäger, die Übernahmen in der Regel mit hohem Krediteinsatz finanzieren, traditionell kleiner. Zudem gibt es derzeit kaum verkaufswillige Firmen, wie der europäische Finanzinvestor BC Partners einräumte. "Das sieht hierzulande nicht üppig aus", sagte Deutschland-Chef Stefan Zuschke. Einige größere Übernahmen seien in diesem Jahr zwar durchaus denkbar. "Eine Serie von Milliardendeals wie in der Boomzeit sehe ich aber nicht." Bei den wenigen Übernahmezielen seien Interessenten aus der jeweiligen Branche zudem oft im Vorteil. "Strategen haben sehr dicke Taschen und Cash-Berge angehäuft", sagte Zuschke. "Das macht es für Finanzinvestoren in Kaufprozessen nicht einfach."
Eine der wenigen zum Verkauf stehenden Firmen in Deutschland ist der Kabelnetzbetreiber Kabel Baden-Württemberg, an dem fast nur Beteiligungsfirmen interessiert sind. Als Kaufpreis sind Summen von weniger als drei Mrd. Euro im Gespräch. Weitere Kaufgelegenheiten in dieser Größenordnung sind Mangelware. Anders sieht die Lage in den USA aus, wo die Firmenjäger zuletzt mehrere Milliardenkäufe über die Bühne brachten. "Bei der Finanzierung sind die USA Europa zwei bis drei Jahre voraus", erklärte Zuschke. Anders als sein Apax-Kollege Phillips sieht der Private-Equity-Manager keine Renaissance von Krediten, die ohne größere Auflagen vergeben werden, so genannten "Covenant Light Loans". Davon habe er in Europa lange nichts mehr gehört, betonte Zuschke. In den USA seien Kredite dagegen wieder viel leichter verfügbar als hierzulande.
Nach Daten von Thomson Reuters haben Private-Equity-Häuser 2010 weltweite Zukäufe über rund 225 Mrd. Dollar gestemmt - fast doppelt so viel wie 2009. Damit waren sie an neun Prozent aller Übernahmen beteiligt - in den Boomjahren war der Anteil mehr als doppelt so groß. In der Finanzkrise waren die Beteiligungsfirmen mangels Krediten weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Statt mit Zukäufen mussten sie sich mit Problemen in den eigenen Portfolios beschäftigen, da einige hochverschuldete Unternehmen in Private-Equity-Hand in Schieflage gerieten.
Einer Umfrage des Beraters PricewaterhouseCoopers zufolge wollen 70 Prozent der Finanzinvestoren in diesem Jahr wieder mehr investieren. Über 90 Prozent der rund 200 befragten Firmenjäger haben ihr Geschäftsmodell nicht grundlegend geändert - sie finanzieren ihre Übernahmen weiter vor allem mit Schulden. "Allerdings sind Übernahmen und Beteiligungen mit extrem hohem Fremdkapitaleinsatz seltener geworden", erklärte Richard Burton, Leiter des Bereichs Private Equity bei PwC. Üblich sind mittlerweile, dass Finanzinvestoren in Europa 40 bis 50 Prozent des Kaufpreises mit Eigenkapital bezahlen - vor der Krise waren es es oft nur 20 Prozent.
Quelle: ntv.de, rts