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Steigender Ölpreis Gefahr für globales Wachstum?

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(Foto: dpa)

„Der steigende Ölpreis ist eine Gefahr für das weitere globale Wirtschaftswachstum!“ Kaum einen anderen Satz, haben wir in den letzten Wochen öfter gehört. Häufig wird er unkommentiert übernommen oder noch viel schlimmer fraglos nachgeplappert! Ist dies wirklich so?

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Stimmt diese Aussage oder bestimmen auch hier die Interessen der Wortführer den Wahrheitsgehalt? Die verwendete Argumentationskette scheint so einfach wie schlüssig zu sein: Teures Öl belastet das produzierende Gewerbe, Produkte werden damit ebenfalls teurer und können folglich schwerer verkauft werden. Die Wirtschaft leidet also darunter! Gerade wenn Erklärungen auf einfachen kausalen Zusammenhängen fußen, sind sie eingängig und damit leichter zu glauben.


Die globale Wirtschaftsteilung funktioniert aber nicht nach einfachen kausalen „wenn, dann“-Mechanismen, sondern ist häufig komplex, irrational und schwer prognostizierbar. Werfen wir zunächst einen Blick auf die letzte Ölhausse zwischen 2003 bis 2008! Der Ölpreis stieg in dieser Zeit von 30 Dollar auf 150 Dollar in der Spitze, eine Verfünffachung! Der Deutsche Aktienindex DAX stieg im gleichen Zeitraum von 3100 auf 8100 Punkte. Keine Verfünffachung, aber ein deutlicher Zuwachs von 160%! Mit anderen Worten: Der steigende Ölpreis konnte der Börse als Wirtschaftsbarometer wenig anhaben. Ist es nicht sogar umgekehrt: Ist ein steigender Ölpreis nicht vielmehr ein Indikator für eine boomende Wirtschaft. Also eher Folge, denn Ursache! So ist das mit kausalen Zusammenhängen, sie werden oft verwechselt.


Auch in der aktuell laufenden Diskussion um den steigenden Ölpreis seit März 2009 (33 Dollar) bis auf aktuell 100 Dollar konnten die Weltbörsen kräftig zulegen! Eskaliert ist die Situation erst im Zusammenhang mit den politischen Diskussionen um die Krisen in Nordafrika, die vielfach als der maßgebliche Treiber für steigende Ölpreise ausgemacht wird. Aber resultiert aus dieser Aussage, dass politische Krisen in den Schwellenländern den Ölpreis zu stark steigen lassen, so dass in Folge dessen die Weltwirtschaft abgewürgt wird?

 

Die internationalen Börsen zeigen sich auffällig robust, denn selbst die explodierenden Ölpreise, die Unruhen im mittleren Osten und Nordafrika, sowie die zunehmenden Inflations- und Zinsängste haben die Märkte nicht nachhaltig aus dem Tritt gebracht. Was dann? Was muss denn noch passieren, dass die Aktienmärkte fallen? Jede kleinste Beruhigung der belastenden Faktoren wird dafür sorgen, dass die Märkte Ihren Aufwärtstrend fortsetzen werden. Es gibt zu Aktien, so gut wie keine Alternativen, vor allem vor der Perspektive steigender Inflation und damit einhergehenden Zinsanhebungen (einen ersten Vorgeschmack hat EZB Chef Trichet bereits geliefert!), was für Anleihebesitzer fallende Kurse bedeutet. Die Widerstandsfähigkeit der Aktienmärkte in den vergangenen Wochen zeigt die Robustheit des globalen Wirtschaftswachstums, der sprudelnden Unternehmensgewinne und der fairen Bewertung dieser Märkte.

Kommen wir zurück zu der Aussage, das globale Wirtschaftswachstum nimmt Schaden mit steigenden Ölpreisen! Diese einfache Botschaft blendet völlig die Tatsache aus, dass die meisten Schwellenländer zu den Profiteuren steigender Rohstoffpreise gehören, denn sie sind Nettoexporteure! Denn klar ist: Während einerseits jemand die teuren Preise bezahlen muss, profitiert andererseits der Verkäufer und streicht satte Gewinne ein.

 

Das globale Wirtschaftswachstum wird inzwischen von eben jenen Schwellenländern getragen, die von steigenden Rohstoffpreisen profitieren. Beispiel gefällig: Zu den grössten Nutznießern steigender Ölpreise gehören russische Aktien. Die russische Börse konnte in den letzten Wochen als einzige ein Mehrjahreshoch erklimmen, angefeuert von den explodierenden Ölpreisen. Mit einem KGV von 7 geschätzt für 2012 ist der Markt trotz Kursexplosion der billigste weltweit. Gleichzeitig glänzt Russland durch starkes Wirtschaftswachstum, enormen Anstiegen der Unternehmensgewinne und wachsender Steuereinahmen. Das Beispiel zeigt, dass einfache Mechanismen nicht als Pauschalerklärung herangezogen werden sollten. Die Welt ist eben differenzierter und vielfältiger als Modelle dies widerspiegeln und schon gar nicht mit einfachen Aussagen zu erklären.

 

Fazit: Ein steigender Ölpreis hat vielschichtige Auswirkungen! Selbstverständlich gibt es nachweisbare Effekte bei schnellen und heftigen Anstiegen, die negative Rückkopplungen auf das Wirtschaftswachstum haben. Aber es gibt eben nicht nur diese Effekte. Eine Verkürzung der Aussagen alleine auf diese Ebene greift daher bei Weitem zu kurz. Nicht zuletzt werden Alternativen zum Öl auch erst dann lukrativ, wenn der Wert der alten Ressourcen kräftig steigt. Eine Chance für neues Wirtschaftswachstum durch Innovationen in anderen Wirtschaftszweigen. Im Übrigen ohne dafür unnötig Subventionen zu verschleudern!

Quelle: ntv.de

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