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Rathgeber Fine Hotels Zwischen Rheinromantik und Reglementierung: Ein Bonner Businesshotel im Test

Mit seinen 17 Etagen und rund 68 Metern Höhe gehört das Hotel zu den markanten Hochhäusern im Bonner Bundesviertel.

Mit seinen 17 Etagen und rund 68 Metern Höhe gehört das Hotel zu den markanten Hochhäusern im Bonner Bundesviertel.

(Foto: © Bonn Marriott Hotel, Quelle: Pressematerial Bonn Marriott Hotel )

Mitten im Bonner Bundesviertel steht das "Marriott Bonn", ein internationales Businesshotel mit großem Namen. In seiner neuen Kolumne "Rathgeber Fine Hotels" stellt Carsten K. Rath Häuser für Geschäftsreisende vor. Kritisch, versteht sich – denn selbst große Marken leisten sich kleine Schönheitsfehler, wie er hier feststellen wird.

Ich bin in Bonn unterwegs, dort, wo die Straßennamen noch nach großer Politik klingen: Heussallee, Karl-Carstens-Straße – Erinnerungen an die goldenen Zeiten, als Bonn Bundeshauptstadt war. Heute ist sie "nur" noch Bundesstadt, aber Ministerien, Behörden und internationale Organisationen prägen das Bundesviertel weiterhin. Genau hier, in der Karl-Carstens-Straße, steht das "Bonn Marriott Hotel" – mit Rheinblick, 17 Etagen und 336 Zimmern.

Es scheint die ideale Adresse für Geschäftsreisende zu sein: Das Hotel liegt gleich neben dem "World Conference Center" und in unmittelbarer Nähe zur "Deutschen Post" und zur "Deutschen Welle". Genau solche Hotels sehe ich mir genauer an – immer auf der Suche nach guten Adressen im Business-Segment, von denen künftig die Besten das Gütesiegel "Fine Hotels by ntv" erhalten können. Ein Name wie "Marriott" weckt natürlich hohe Erwartungen. Ob sie erfüllt werden, zeigt sich erst im Detail.

Solide Ausstattung mit kleinen Schönheitsfehlern

Seit 2016 zieht das "Bonn Marriott Hotel" Gäste aus aller Welt an – Geschäftsreisende ebenso wie Tagungsteilnehmer und Städtetouristen. (Quelle: Pressematerial Bonn Marriott Hotel)

Seit 2016 zieht das "Bonn Marriott Hotel" Gäste aus aller Welt an – Geschäftsreisende ebenso wie Tagungsteilnehmer und Städtetouristen. (Quelle: Pressematerial Bonn Marriott Hotel)

Beim Check-in gibt es zunächst eine kleine Verzögerung: Meine Buchung wird im System nicht gleich gefunden. Offenbar war mein Name falsch hinterlegt. Der Mitarbeiter erklärt mir freundlich, dass dies bei Reservierungen über Booking.com gelegentlich vorkommen kann. Schließlich klappt es, und ich mache mich auf den Weg zu meinem Zimmer.

Sofort fällt mir auf: In Sachen Sauberkeit ließe sich an einigen Stellen noch nachjustieren. Im Aufzug und auf dem Flur wirkt die Reinigung alles andere als frisch und auch die Fenster meines Zimmers hätten von einer gründlicheren Pflege profitiert. Davon abgesehen bin ich aber zufrieden. Das Zimmer ist großzügig geschnitten, ordentlich eingerichtet, hat einen großen Fernseher und bietet einen ausgezeichneten Arbeitsplatz samt bequemem Arbeitsstuhl. Eine Flasche Wasser steht kostenfrei bereit – ein willkommenes Extra. Besonders schön: der ungestörte Blick auf den Rhein.

Am nächsten Morgen, bei aufgehender Sonne, entfaltet sich dann die besondere Rheinromantik. Vor meinem Fenster sehe ich das markante Gebäude mit der Aufschrift "Deutscher Bundestag", einst Sitz der Bundestagsbüros, und gleich dahinter den Fluss, der sich in seiner typischen Schleife abwärts windet. Schon um sechs Uhr gleiten die ersten Schiffe vorbei – ein Anblick, der für Stimmung sorgt, auch wenn ringsum die Ministerien und die früheren Post- und Telekomgebäude das Bild prägen.

Zunächst noch kurz zurück zur Nacht: Die Betttextilien im Marriott könnten komfortabler sein: Die Wäsche ist hart und dem Kissen fehlt es an jeglicher Rückstellkraft. Ich schlief schlecht!

Gute Angebote, leere Küchen
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Das Haus hat einige attraktive Angebote: Das Fitnesscenter ist rund um die Uhr geöffnet – praktisch für alle, die nachts die Sportlust packt. Darüber hinaus haben Gäste Zugang zum 1.700 Quadratmeter großen Wellnessbereich "VisioLife", einem Premium-Club im Untergeschoss mit fünf Saunen und beheiztem Innenpool. Wer wie ich mit dem Auto anreist, kann die Garage nutzen. Das Parken kostet 25 Euro pro Tag. Beim Essen habe ich die Wahl zwischen zwei Restaurants, jedenfalls in der Theorie. Denn zur besten Zeit am Sonntagabend fällt die Wahl schlicht aus. Keines der beiden Lokale ist geöffnet. Das "Parlament" wäre mit soliden Klassikern wie Rinderfilet eine sichere Bank gewesen, das "Konrad’s" im 17. Stock verspricht mit seiner Aussicht über Rhein und Siebengebirge und einer spannenderen Karte sogar ein echtes Erlebnis. Gerade Letzteres hätte den Abend krönen können. Doch statt kulinarischer Höhepunkte bleibt nur Ernüchterung: Ein Hotel dieser Größenordnung, das seine Restaurants ausgerechnet zur Primetime geschlossen hält, lässt seine Gäste schlicht im Stich.

Als früherer Grandhotelier und Betreiber des relevantesten Gütesiegels "Fine Hotels ntv" (www.fine-hotels.de) im deutschsprachigen Raum, ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für ntv.de schreibt, bereist er auf eigene Rechnung. (Porträt.Carsten.Rath)

Als früherer Grandhotelier und Betreiber des relevantesten Gütesiegels "Fine Hotels ntv" (www.fine-hotels.de) im deutschsprachigen Raum, ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für ntv.de schreibt, bereist er auf eigene Rechnung. (Porträt.Carsten.Rath)

Die Mitarbeiter erlebe ich als wenig hilfsbereit und motiviert. Aber einer sticht hervor: der Auszubildende Christopher. Zweimal bitte ich ihn um Hilfe und er ist sofort zur Stelle. Zunächst, weil mein Zimmer ungewöhnlich warm ist und ich um einen Ventilator bitte. Er bringt mir ein modernes Gerät und stellt es gleich für mich ein. Beim zweiten Mal geht es um die Kissen, die sich eher nach Plastik als nach Komfort anfühlen. Christopher verzichtet auf eine plumpe Standardlösung – er fährt kurzerhand mit einem ganzen Wagen voller Kissen vor, damit ich mir die für mich passenden aussuchen kann. Das ist Servicequalität auf hohem Niveau.

Was für ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis fehlt

"Marriott" ist eine gigantische Marke mit noch größerem Markenversprechen. Über 9.000 Hotels und Resorts in 144 Ländern zählen zum Portfolio. Diese Größe hinterlässt Spuren: Vieles im "Marriott Bonn" ist auf Effizienz getrimmt und an Standardisierungen gebunden – manchmal zulasten der Gastfreundschaft. Bei meiner Abreise bleibt ein Gedanke hängen: Für rund 104 Euro pro Nacht hätte ich mir mehr Liebe zum Detail und einen wacheren Blick für die Feinheiten gewünscht.

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Ich erfahre, dass ein Check-out nicht notwendig ist, da das Zimmer bereits über die Kreditkarte bezahlt wurde. Zusätzlich wurden 50 Euro einbehalten, falls etwas konsumiert wird. Das wäre völlig in Ordnung, wenn es denn etwas zu konsumieren gäbe: Die Minibar, die ich sehr gerne genutzt hätte, ist jedoch leergeräumt. Schwer nachvollziehbar ist auch, dass bei über 300 Zimmern sonntagabends beide Hotelrestaurants geschlossen sind. Für Wochenendgäste ist das ein klarer Nachteil. Und einige technische Grenzen verwundern mich ebenfalls: Die Klimaanlage kühlt nie unter 20 Grad, selbst an heißen Tagen. Die Dusche erwärmt sich maximal auf 38 Grad. Wer hier individuelle Anpassungen sucht, hat nur begrenzten Spielraum und stößt schnell auf Reglementierungen statt Individualität.

Es ist schade, dass der starre Fokus auf Effizienz und Kostensenkung zulasten jener Details geht, die für Gäste wirklich wichtig sind. Statt Aufenthalte durch kleine Aufmerksamkeiten und spürbare Gastfreundschaft besonders zu machen, wird an genau den Punkten gespart, die den Unterschied ausmachen.

Das "Marriott" in Bonn zeigt sehr deutlich, dass ein großer Name nicht automatisch große Gastfreundschaft bedeutet. Zwar gibt es positive Aspekte wie die zentrale Lage und die solide Ausstattung. Doch es fehlt an den entscheidenden Feinheiten, die ein Haus dieser Klasse ausmachen sollten. Statt eines besonderen Erlebnisses bleibt am Ende eher ein funktionaler Aufenthalt zurück. Der Name verpflichtet – hier aber bleibt er hinter den Erwartungen zurück.

Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet)

1. Ganz großes Kino

2. Wenn’s nur immer so wäre

3. Meckern auf hohem Niveau

4. So lala, nicht oh, là, là

5. Besser als unter der Brücke

6. Ausdrückliche Reisewarnung

Daten und Fakten

Name

Bonn Marriott Hotel



Ort Bonn

Stadtteil

Bundesviertel/ Bonn-Zentrum



Zimmerpreis pro Nacht (von – bis)

Ca. 100 Euro ("Standard Zimmer") bis ca. 700 Euro ("Präsidenten Suite")



Flughafen

Cologne Bonn Airport (CGN)



Anreise

5 km vom Bonner Hauptbahnhof

27 km vom Flughafen (CGN)



Fitness & Wellness

24h-Hotelgym + Zugang zum "VisioLife" Wellnesscenter



Konferenzbereich

7 Tagungs- und Veranstaltungsräume



Besondere Empfehlungen

Nur wenige Gehminuten entfernt liegt der Münsterplatz mit Bonner Münster und Beethoven-Denkmal. Schon seit dem Mittelalter wird er als zentraler Marktplatz der Stadt genutzt.



Quelle: ntv.de

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