"Dem Theater Würde zurückgeben" Britischer Dramatiker Edward Bond ist tot
05.03.2024, 17:51 Uhr Artikel anhören
Aufführung von "Gerettet" 2010 in der Schaubühne in Berlin.
(Foto: picture-alliance / Eventpress Hoensch)
Mit dem Stück "Gerettet" sorgt der britische Dramatiker Edward Bond in seiner Heimat für einen handfesten Skandal. Der führt schließlich zur Abschaffung der Theaterzensur. Nun stirbt der Meister von Gewaltexzessen auf der Bühne mit 89 Jahren. Er hinterlässt 50 Werke.
Der britische Dramatiker Edward Bond ist tot. Er sei im Alter von 89 Jahren gestorben, meldete die Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf seine Agentur. Bond habe im Laufe seiner Karriere rund 50 Theaterstücke geschrieben, darunter das Stück "Gerettet" (im Original "Saved"), das bei seiner Premiere 1965 wegen der Gewaltszenen eine Kontroverse ausgelöst hatte.
Das Stück erzählt von schwierigen sozialen Verhältnissen in London. In einer Szene steinigen Jugendliche ein Baby im Kinderwagen. Das Stück provozierte nach Angaben des Suhrkamp Theater Verlags einen der größten Skandale der britischen Theatergeschichte. Wegen der Gewaltdarstellung gab es Ärger mit der britischen Theaterzensur.
Zu den Verfechtern des Stücks gehörte damals der Schauspieler und Regisseur Laurence Olivier. "Gerettet" sei kein Theaterstück für Kinder, sondern für Erwachsene. "Und die Erwachsenen in diesem Land sollten den Mut haben, sich das anzusehen." Dem Stück wird dem Royal Court Theatre zufolge das Verdienst zugeschrieben, zur Abschaffung der britischen Theaterzensur im Jahr 1968 beigetragen zu haben. In Deutschland wurde es von Theaterregisseur Peter Stein an den Münchner Kammerspielen inszeniert.
"Krise der menschlichen Spezies"
Bond wurde 1934 in London geboren, seine frühen Erfahrungen der Bombardierungen und der Gesellschaft im Krieg hätten seine Arbeiten beeinflusst, schrieb PA. Er habe sich mithilfe der Einkaufskataloge selbst das Lesen beigebracht, schreibt der "Guardian" in seiner Würdigung. Edward Bond verfasste auch Stücke wie "Lear" und "The Sea" und wirkte an etlichen Drehbüchern mit, darunter an Volker Schlöndorffs "Michael Kohlhaas - der Rebell".
Der Autor selbst führte seine Faszination für das Theater darauf zurück, dass er beobachtete, wie seine Schwester als Zauberassistentin in einem örtlichen Varieté in zwei Hälften zersägt wurde. "Ich schreibe über die Vergewaltigung einer Leiche mit einer Bierflasche, um unserem Theater etwas Würde zurückzugeben", schrieb Bond in einer Programmnotiz zu seinem Stück "Dea" aus dem Jahr 2016.
Bond hinterlässt ein Werk, das weltweit immer wieder Aufsehen erregt und das Theaterpublikum mit dem konfrontiert, was er als "die Krise der menschlichen Spezies" diagnostizierte.
Quelle: ntv.de, mau/dpa