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VIP VIP Hurra! Britney Spears: Ist Schweigen ihr letzter Ausweg?

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Seit über 25 Jahren eine der prägendsten Stimmen der Popkultur: Britney Spears.

Seit über 25 Jahren eine der prägendsten Stimmen der Popkultur: Britney Spears.

(Foto: picture alliance/AP Images)

Britney Spears wird wegen ihres Verhaltens immer öfter sorgenvoll bestaunt. Denn ihre offensichtlichen psychischen Auffälligkeiten vor der Kamera geben nicht nur Anlass zu Sorge, sondern lösen auch einen gnadenlosen Voyeurismus aus. Warum wir den Popstar endlich in Ruhe lassen sollten.

Es gibt diese traurigen Momente im Promi-Geschäft, in denen man merkt, dass niemand mehr wirklich hinsieht, sondern alle nur noch starren. Britney Spears, mit 43 Jahren längst eine Frau, die ihr halbes Leben auf Bühnen und in den Schlagzeilen verbracht hat, ist in den Augen vieler zu einem Schatten ihrer selbst geworden, einer, der jeden Tag ein Stück weit mehr verschwindet.

Die einstige "Princess of Pop" ist reduziert auf Clickbait-trächtige Schlagzeilen. Es ist wie bei einem Autounfall. Man starrt. Man würde gerne den Blick abwenden, aber es fällt schwer, weil sie selbst es ist, die immer wieder neuen, wirr anmutenden Content liefert. Halbnackt tanzt und dreht sie sich vor der Kamera. Trägt sie keine Unterwäsche? Was ist mit ihren Haaren passiert? Was gibt sie denn da nur für wirre Laute von sich? Wieso ist ihre Villa so verdreckt? Ist das da im Hintergrund tatsächlich Hundekot? Hat sie keinen Assistenten? Hat sie keine Freunde? Gibt es denn niemanden, der ihr hilft oder einen positiven Einfluss auf sie hat? Warum starren alle nur?

Es sind Fragen wie diese, die man unter ihren eigenen Postings, die sie nicht selten löscht, zu lesen sind. Und sie zeigen vor allem eines: eine große kollektive Ohnmacht, wie man mit dem Gesehenen umgehen soll. Ignorieren? Vielleicht das Allerbeste.

Es sind Videos aus Toilettenräumen, verwackelte Handyclips oder wirre Tanzeinlagen, in denen sie auch schon mal mit Messern rumfuchtelt oder sich nackt im Bett rekelt. Natürlich darf sie provozieren, niemand spricht ihr das Recht ab, die eigene sexuelle Freiheit in der Öffentlichkeit zu zelebrieren und genau das zu tun, wonach ihr gerade ist. Sich ungeschminkt und mit fettigen, zerzausten Haaren zeigen, ganz im Sinne von: Seht her, ich bin ein ganz normaler Mensch, ich bin wie ihr! Ich faulenze, ich habe schlechte Tage, an denen ich mich zu nichts durchringen kann und in den Seilen zu hänge. Aber wer die Clips kennt, weiß, dass es sich dabei um alles andere handelt, als einen Star, der seinen Fans einen ungeschönten, authentischen Blick in seinen Alltag gewährt!

"Britney außer Kontrolle"

Boulevardportale greifen alles, was sie von sich auf Social Media preisgibt, teils begierig auf. Jeder Klick zählt. Und wenn Britney eines immer noch ganz besonders gut kann, dann für Rekorde sorgen. Man könnte, wie gesagt, ihre Social-Media-Inszenierungen als einen ziemlich schräg anmutenden Ausdruck einer Frau abtun, die ihre Freiheit nach Jahren der Bevormundung durch ihren Vater betonen möchte. Schließlich war der Kampf gegen die Vormundschaft ein zentrales Kapitel ihres Lebens und Millionen Fans auf der ganzen Welt hatten gehofft, dass Britney endlich frei sein würde.

Doch diese Freiheit ist brüchig. Denn jeder Clip, jedes verwackelte Video und jede rätselhafte Bildunterschrift wird sofort zur Schlagzeile. "Britney verwahrlost", "Britney außer Kontrolle", "Britney im freien Fall". Es sind die immer gleichen Formeln, mit denen ein Mensch vor aller Augen in eine Rolle gedrängt wird. Die Welt sieht zu, wie eine Frau zwischen öffentlicher Selbstentblößung und der sensationsgierigen Medienmaschinerie zerrieben wird. Und natürlich kann man auch all jene verstehen, die sagen, dass sie selbst schuld sei. Es zwinge sie ja schließlich niemand dazu, sich vor einem Millionenpublikum zum Löffel zu machen, es ist ihre eigene, freie Entscheidung. Aber ist ihr das Ausmaß, das sie mit ihren Postings lostritt, vielleicht gar nicht bewusst? Oder ist es womöglich sogar einkalkuliert und gewollt?

Vielleicht, so meint man, wäre es für Britney Spears am allerbesten, eine Zeit lang gar nichts mehr zu veröffentlichen. Kein Video, keinen improvisierten Tanz mehr vor der Frontkamera. Die völlige Stille könnte heilsam sein, denn jeder neue Clip liefert bis dato immer nur eine weitere Episode ihrer öffentlichen Demontage. Auch dann, wenn sie mit einem Körbchen in der Hand in einem Erdbeerfeld stehen würde.

Gerade Schweigen kann eine der stärksten Waffen und zugleich der größte Schutz vor den gierigen Augen der Weltöffentlichkeit sein. Vielleicht glaubt sie, man wolle sie scheitern sehen, vielleicht aber sind ihre wirr anmutenden Tanzeinlagen auch nur ihre ganz persönliche Freiheit, den Leuten den imaginären Stinkefinger zu zeigen. Seht her, ich bin nicht euer Show-Äffchen, euer an die Kette gelegter Goldesel, ich zerstöre alles, was ihr in mir seht - und das mit voller Absicht! Aber all das ist reine Spekulation. Ein Rückzug in ihrer Situation, in der man jeden Tag mit einem neuen Clip rechnet, in dem sie wieder halbnackt Pirouetten vor der Kamera schlägt, wäre in der Tat ein revolutionärer Schritt hinaus aus einer Öffentlichkeit, die sie immer wieder verschlingt.

Viele Medien wiederum tragen eine Verantwortung, der sie kaum gerecht werden. Sie suhlen sich im Voyeurismus. Ein Schlag folgt auf den nächsten, jede Demütigung wird genüsslich ausgeschlachtet. Hundekot als Schlagzeile, anonyme Quellen als Wahrheit und Voyeurismus als Journalismus. Das ist die bittere Bilanz. Niemand fragt, ob diese Form der Berichterstattung einer Frau guttut, die seit Jahrzehnten unter Beobachtung steht. Niemand fragt, ob man ihr nicht eher helfen müsste, indem man sie einfach mal in Ruhe lässt.

Britney Spears braucht keine weiteren Artikel

Dass diese Art der Demontage nicht neu ist, zeigt ein Blick zurück. Schon in den Nullerjahren wurde sie Ziel einer gnadenlosen Medienjagd. Paparazzi hetzten sie auf Parkplätzen, Schlagzeilen erklärten jede noch so banale Geste zur Sensation. Das Foto, auf dem sie sich den Kopf rasiert, ist bis heute ein Symbol für den Zusammenbruch eines Menschen, der nicht mehr wusste, wie er sich anders befreien konnte. Zwei Jahrzehnte später wiederholt sich das Muster, nur dass die Bühnen heute Instagram und TikTok heißen. Die Mechanismen sind die gleichen geblieben.

Vielleicht wäre es wirklich das Beste, wenn wir kollektiv aufhören würden, hinzuschauen. Keine Schlagzeilen mehr, keine künstlich aufgeblasenen Skandalgeschichten und kein Drang, aus jedem Instagram-Post eine Staatsaffäre zu machen. Britney Spears braucht keine weiteren Artikel, die sie zur Karikatur ihrer selbst degradieren.

Die entscheidende Frage lautet daher nicht, ob Britney Spears noch einmal eine Karriere starten kann oder ob sie jemals wieder einen klaren öffentlichen Auftritt hinlegt. Die entscheidende Frage lautet, ob sie die Chance erhält, ein normales Leben zu führen, ohne dass jeder Fehltritt zur Schlagzeile wird. Die Antwort darauf liegt nicht nur bei ihr, sondern auch bei uns, dem Publikum.

Und manchmal ist genau das die größte Form von Zuwendung. Nicht noch ein weiteres Like, nicht noch einen Kommentar und nicht noch ein weiterer Text, wie ich ihn hier gerade schreibe. Schweigen kann, wenn man es ernst meint, eine Form von Respekt sein. Vielleicht wäre es für Britney Spears genau das, was sie im Moment am dringendsten braucht.

Quelle: ntv.de

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