Unterhaltung

Zum Tod von B.B. King Der Mann, der die Gitarre singen ließ

Auf der Bühne bis zum Schluss: B. B. King.

Auf der Bühne bis zum Schluss: B. B. King.

(Foto: REUTERS)

Die letzte noch lebende Blues-Legende ist tot: B.B. King ist im Alter von 89 Jahren gestorben. So groß wie er bis zum Schluss war - so klein waren seine Anfänge. Als Junge, der im Mississippi-Delta Baumwolle pflücken musste.

Dass der kleine Riley einmal der berühmteste Blues-Gitarrist der Welt werden würde, ahnt in den 1930er Jahren niemand. Der Junge macht auf andere Art auf sich aufmerksam: Er kann 400 Pfund Baumwolle am Tag pflücken. Seine Eltern können die Hilfe gut gebrauchen, denn Familie King ist arm. Sie lebt vom Ertrag eines Stückchens Lands, das sie gepachtet haben. Seit er sieben war, muss Riley auf dem Feld helfen, nebenbei geht er zum Gospelchor und singt. Und das ziemlich gut.

Der Junge hat Talent, stellt ein Cousin seiner Mutter fest. Er ist ein Mann, der es wissen muss. Er heißt Bukka White und ist einer der bekanntesten Blues-Sänger seiner Zeit. Er fördert Riley, bringt ihm Gitarre spielen bei, laut einer Legende schenkt er ihm auch sein erstes Instrument. Bald darauf spielt er in den Städten der Umgebung an Straßenecken, die Passanten werfen ihm Münzen zu. Riley ist auch in dieser Disziplin sehr fleißig, manchmal tingelt er durch vier Städte an einem Tag. Bukka sieht das Potenzial im Sohn seiner Cousine und ermutigt Riley, sein Glück in Memphis zu versuchen - dem Mekka für Musiker jener Zeit.

Ein ärmliches Leben auf der Baumwollplantage kann den jungen Mann nicht halten, der das Blues-Blut geleckt hat. 1947 stellt sich der 22-Jährige an die Straße nach Memphis und reckt den Arm mit dem ausgestreckten Daumen heraus. Per Anhalter kommt Riley in der schon damals legendären Stadt an. Doch der Anfang ist schwer. Einige Monate nach seiner Ankunft, darf er endlich in der Radiosendung des Moderators Sonny Boy Williamson auftreten. Der junge Mann lässt die Gitarre singen und entlockt Saiten Seufzer, Schreie und Weinkrämpfe. Riley darf wiederkommen. Bei einem schwarzen Radiosender bekommt er sogar eine zehnminütige Sendung, die später noch ausgebaut wird. Sein Erfolg wächst stetig, Riley wird auch Discjockey und moderiert selbst. Als solcher braucht er einen besseren, "heißeren" Namen, wie man damals sagte. Erst nennt er sich Beal Street Blues Boy, weil sein Sender in der Straße liegt, dann Blues Boy King und schließlich B.B. King.

Warum Kings Gitarre "Lucille" heißt

Bald darauf gründet King seine erste Band und zieht mit ihr übers Land. Während eines Konzertes in Twist, Arkansas wird das Publikum unruhig. Zwei Männer geraten in Streit, fangen an, sich zu prügeln und stoßen einen Kerosin-Ofen um. Ein Feuer bricht aus, die Halle steht schnell lichterloh in Flammen, alle stürmen nach draußen. Auch der Star des Abends - doch dann fällt King ein, dass er seine 30-Dollar-Akustikgitarre drinnen vergessen hat. Er rennt zurück ins Feuer und greift sich seine Gitarre. Überall sind Flammen und Rauch, King sieht dem Tod ins Auge. Doch er schafft es nach draußen. Dort erfährt er, was der Grund für den Streit der beiden Männer war. Eine junge Dame namens Lucille. King beschließt, seine Gitarre nach der Frau zu benennen.

King landet 1952 seinen ersten Nummer-1-Hit ("Three O'Clock Blues") und spielt erstmals Konzerte in den gesamten USA. Allein 1956 absolviert er 342 Auftritte. Urlaub gibt es für den einstigen Baumwollpflücker nicht. Er will spielen, spielen, spielen. In seinem Publikum sitzen allerdings nur schwarze Fans. Vor Weißen tritt King wegen der Rassentrennung nicht auf - wenn er auch unter den Blues-begeisterten weißen Jugendlichen in den USA und auch in England ein Geheimtipp ist. Es ist die Zeit, als ein  junger Typ namens Keith Richards einen Studenten auf einem Bahnsteig anspricht, weil er einige Blues-Platten unter dem Arm trägt. Er heißt Mick Jagger. Beide verabreden sich zum gemeinsamen Blues-Hören. Bald darauf gründen sie eine Band und nennen sie "The Rolling Stones".

Rolling Stones fördern den Meister

Als diese gemeinsam mit den Beatles einige Jahre später die Jugend der USA um den Verstand bringen, werden sie häufig nach ihren Vorbildern gefragt. Kings Name fällt immer wieder, John Lennon wird später sogar sagen, dass er so spielen können wolle wie der Blues-Sänger aus Mississippi, der noch immer der breiten Masse kaum bekannt ist. Das ändert sich, als King 1968 beim Newport Folk Festival und anschließend beim Fillmore West auftritt. Die Fürsprache der Superstars aus England trägt Früchte. Es ist das erste Mal, dass der mittlerweile 43 Jahre alte Musiker vor einem weißen Publikum auftreten darf. Der Organisator sei auf die Bühne getreten, erzählte King im vergangenen Jahr in einem Interview mit dem US-Sender CBS. "Er sagte: 'Ladys and Gentleman, B.B. King'. Und alle standen auf. Alle." Anschließend buchen ihn die Rolling Stones als Opener für 18 Konzerte, King wird nun auch für die weiße Mittelschicht der USA ein Star, es ist sein endgültiger Durchbruch. 1970 hat er dann seinen größten Hit, der sich als Evergreen erweist: "The Thrill Is Gone". King ist auf dem Höhepunkt seiner Popularität.

In den folgenden Jahren reift er vom Star zur Legende. Neben Leuten wie Muddy Waters und John Lee Hooker gilt er als eine der Ikonen des Blues. 1984 wird er dann in die "Blues Foundation Hall of Fame" aufgenommen, drei Jahre später auch in die "Rock'n'Roll Hall of Fame. Er erhält etliche Preise und Ehrungen, sechs Universitäten verleihen ihm Ehrendoktortitel. 2008 erhält die Freiheitsmedaille von US-Präsident George W. Bush überreicht. 

Zur Ruhe setzt King sich natürlich nicht. In den 1990ern und 2000er Jahren spielt er weiter hunderte Konzerte pro Jahr. Der Wertschätzung der ganz Großen kann er sich sowieso gewiss sein. Im Jahr 2000 nimmt Eric Clapton ein Album mit ihm auf  ("Riding with the King"), Leute wie George Harrison und Jeff Beck berufen sich auf den Mann aus dem Mississippi-Delta. Noch im vergangenen Jahr spielte King, der seit gut zwei Jahrzehnten an Diabetes litt, 125 Konzerte. Satt wurde er nie - dafür blieb er immer selbstkritisch. "Ja, ich will noch besser werden", sagte er im vergangenen Jahr gegenüber CBS. "Ob ich es schaffe, kann ich nicht sagen. Denn ich kann noch immer nicht so spielen, wie ich spielen möchte." Geschafft hat er aber ganz sicher eines: Er hat der Welt gezeigt, was der Blues ist. B.B. King ist am Donnerstag in einem Krankenhaus in Las Vegas gestorben.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen