Trotz rassistischer Inhalte Deutsche kritisieren Sperrung von Filmen
11.06.2020, 21:30 Uhr
Nach "Vom Winde verweht" wurde nun auch die Comedy-Sendung "Little Britain" aus einigen Mediatheken genommen.
(Foto: imago images/Everett Collection)
Der Vorstoß einiger Sender und Streamingdienste, rassistische Inhalte aus dem Programm zu nehmen, sorgt in Deutschland für viel Kritik. Doch auch hierzulande beklagen Schauspieler eine mangelnde Diversität in der Medienlandschaft.
Die Debatte um Rassismus trifft jetzt mit voller Wucht auch Medieninhalte. Als bekannteste Beispiele zogen in den USA und Großbritannien zwei Produktionen die Aufmerksamkeit auf sich: Der Filmklassiker "Vom Winde verweht", den der US-Streamingdienst HBO Max nur noch mit einordnenden Hinweisen zur dargestellten Sklaverei zeigen will, und die britische Comedy-Serie "Little Britain". Diese nahm die BBC aus ihrer Mediathek, weil die weißen Comedians darin mit dem sogenannten Blackfacing, also dem Anmalen des Gesichts, über Schwarze lächerlich machten.
Angesichts dessen sprechen auch in Deutschland die einen von einer überfälligen und respektvollen Reaktion, die anderen dagegen von Hexenjagd, Heuchelei, Paranoia oder Kulturkampf. In den Amazon-Verkaufscharts wurde das Südstaatendrama "Vom Winde verweht" - womöglich als Trotzreaktion - innerhalb eines Tages zum Bestseller.
Bei den Briten ist die Debatte um Inklusion und Diversität im Fernsehen um einiges institutionalisierter als etwa in Deutschland. So soll seit einigen Jahren das Programm "Diamond" (Diversity Analysis Monitoring Data) von BBC, Channel 4, ITV, Sky und auch Produktionsfirmen in Serien und Filmen ein realistischeres Gesellschaftsabbild gewährleisten, also zum Beispiel mehr lesbische oder schwarze Charaktere statt nur weiße Heterofiguren.
Fördermittel an Diversitätsvorgaben knüpfen

Muss ein "Traumschiff"-Kapitän automatisch weiß sein? Das fragt sich der deutsche Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss.
(Foto: picture alliance / Daniel Bockwo)
In Deutschland steckt eine solche Debatte noch in den Kinderschuhen. Der Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss ("Keiner liebt mich", "Der Alte") kritisierte im Podcast des Bloggers Johannes Kram (Queerkram), die Bundesrepublik sei 2020 noch genauso rassistisch, wie er sie als Ostdeutscher nach der Wiedervereinigung erlebt habe. Als schwarzer Schauspieler sehe er kaum Vielfalt in Film und Fernsehen, wo ein "Traumschiff"-Kapitän automatisch weiß sein müsse. Damit sich etwas ändere, sollten Fördermittel und Filmpreise an Diversitätsvorgaben geknüpft werden, schlug er vor.
John Ridley, Drehbuchautor des 2014 mit dem Oscar als bester Film ausgezeichneten Sklavendramas "12 Years a Slave", hatte von HBO gefordert, "Vom Winde verweht" aus dem Angebot zu nehmen. Das Liebesdrama gewann acht Oscars, darunter der erste überhaupt für eine Schwarze, was viele Twitterer nicht müde wurden zu betonen: Hattie McDaniel wurde 1940 als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.
Quelle: ntv.de, lri/dpa