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VIP VIP, Hurra!Kelly Osbourne zeigt die hässliche Wahrheit

12.12.2025, 17:03 Uhr Verena-Maria-DittrichDie Promikolumne von Verena Maria Dittrich
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Hat nach dem Tod ihres Vaters Ozzy drastisch abgenommen: Kelly Osbourne. (Foto: Max Cisotti/Dave Benett/Getty Im)

Kelly Osbourne wird gerade vom Internetgericht verurteilt. Ein Blick genügt, und das Urteil steht fest. Besonders bitter: Die härtesten Kommentare kommen ausgerechnet von "erwachsenen Frauen", die sonst gern von "Sisterhood" reden. Der Fall Osbourne zeigt, wie gnadenlos heute bewertet wird - und was das über uns verrät.

Immer wieder liest man in diesen Tagen, die Justiz sei überlastet. Verfahren stapeln sich, Personal fehlt, und ein Teil der Misere hängt wohl auch damit zusammen, dass Politiker inzwischen regelmäßig Strafanzeigen wegen Beleidigungen stellen. Manche davon berechtigt, keine Frage, aber in etlichen Fällen fragt man sich, ob dort nicht einfach jemand sehr dünnhäutig reagiert hat. Jedenfalls sind die Gerichte voll, der Apparat ächzt, und die Diskussion dreht sich im Kreis.

Dabei existiert längst ein Ort, an dem Urteile viel schneller gefällt werden als in jedem Amtsgericht des Landes: das Internetgericht. Dort braucht niemand eine Akte, niemand ein ordentliches Verfahren. Die Gesinnungspolizei, die sich täglich neu formiert, entscheidet ohne Vorbereitung. Wichtig ist allein, dass jemand möglichst zügig bewertet werden kann. Es braucht nur Lust auf ein Urteil. Und diese Lust ist beachtlich. Innerhalb von Sekunden wird entschieden, wer schuldig ist und gecancelt gehört. Oder aber wie es auch immer so schön heißt: wer moralisch untragbar geworden ist. Fakten? Nebensache.

Es läuft im Grunde wie bei den Gladiatorenkämpfen im alten Rom. Ein Daumen reicht - und die Sache ist entschieden. Mal zeigt er nach oben, mal nach unten, abhängig von der jeweiligen Laune oder schlicht dem Bedürfnis, jemanden abzustrafen. Die Kommentarspalten dienen dabei als Arena, in der vollkommen fremde Menschen ihre Urteile rausrotzen, als sei das der natürlichste Vorgang der Welt.

Aber Vorsicht! Wer heute mitmischt, kann morgen selbst der Nächste sein. Und das Paradoxe: Die Leute lesen die Kommentarspalten wie Fallakten, übernehmen oft ungeprüft, was dort geschrieben steht als absolute Wahrheit. "Das habe ich in einer Kommentarspalte gelesen", heißt es dann oft. Ja, wenn das so ist, dann wird das wohl stimmen! Eine, die in dieser Woche besonders hart abgeurteilt wurde, ist Kelly Osbourne.

"Sie sieht aus wie 65"

Ihr "Vergehen": ihr aktuelles Aussehen. Franz Kafka hätte in den heutigen Zeiten reichlich Material gefunden. Im Fall von Kelly Osbourne könnte einer seiner Texte in etwa so beginnen: Bevor der Tag richtig begonnen hatte, war das Urteil über Kelly O. längst gefällt. Niemand sagte ihr, wer die Anklage dieses Mal erhoben hatte, und schon gar nicht, warum. Sie hatte aufgehört zu fragen; die Gründe wechselten täglich. Und trotz der Müdigkeit fragte sie sich jeden Morgen aufs Neue, ob eine Verteidigung überhaupt noch möglich oder ob der Kampf schon verloren war, bevor sie überhaupt das Wort ergriffen hatte.

"Sie sieht aus wie 65." (…) "Viel zu dünn!" (… ) "Die sieht ja völlig fertig aus!" (…) "Gebt dem Ozempic-Opfer bitte einen Keks!"

Es sind Kommentare und Urteile wie diese, die dieser Tage tausendfach durchs Netz rauschen.

Anlass dafür war ein Event in London, bei dem der starke Gewichtsverlust der Tochter des im Sommer verstorbenen Prince of Darkness, Ozzy Osbourne, unübersehbar war. Ihre Mutter Sharon eilt ihr herbei, sagt, ihrer Tochter gehe es nach dem Tod des Vaters schlecht, sie versuche in irgendeiner Form den Alltag zusammenzuhalten und könne derzeit vor Trauer kaum essen.

Und obwohl Kelly Osbourne längst weiß, dass die eigene Verteidigung vom Internetgericht auch als Schuldeingeständnis wahrgenommen werden kann, ist sie nicht bereit, den ganzen Müll, der über sie abgeladen wird, schweigend zu schlucken. Sie schießt zurück, hält den selbsternannten Richtern den Spiegel vor. Die Frau hat ihren Vater verloren, sie isst schlecht, sie schläft schlecht - und das Erste, was man ihr entgegenwirft, ist: "Du siehst scheiße aus." Wow.

"Ihr könnt mich alle mal!"

Das Absurde - und das ist nicht nur bei der 41-Jährigen so - ist: Die ekelhaftesten Kommentare, so die Musikerin, kommen von "erwachsenen Frauen". Na sowas aber auch! Leben wir nicht in den von Feministinnen hoch angepriesenen Zeiten, in denen Frauen die große Solidarität und "Sisterhood" verbindet? Es ist herrlich widersprüchlich, dass ausgerechnet jene Frauen, die öffentlichkeitswirksam von Women-Empowerment faseln, die ersten sind, die sich im Ton vergreifen, andere belehren oder heuchlerisch die Moralkeule schwingen.

Natürlich ist Kelly Osborne auch keine Heilige. Sie hat selbst genug Leute im Laufe der Jahre abgefrühstückt. Aber es gibt einen Unterschied zwischen: "Ich war früher eine Giftspritze" und "Das halbe Netz macht gerade eine forensische Analyse meines Gesichts, während ich eigentlich nur versuche, die Woche zu überstehen." Und dieser Unterschied sollte eigentlich jedem auffallen, der mehr als zwei funktionierende Gehirnzellen besitzt.

Man kann über Kellys derzeitige Optik denken, was man möchte. Aber wie wäre es zur Abwechslung mal damit, seine Meinung für sich zu behalten, statt gehässig in die Kommentarspalten zu geifern? Wem ist damit geholfen? Niemandem.

Und tatsächlich kommen die abfälligsten Kommentare eben von Leuten, die selbst unzufrieden sind - "ein Schutzschild für unglückliche Menschen". Oder wie Kelly an ihre Hater gewandt selbst sagt: "Wie soll ich denn im Moment aussehen? Die Tatsache, dass ich überhaupt aufstehe, mein Leben meistere und es versuche, sollte mehr als genug sein. Ihr könnt mich alle mal!"

Quelle: ntv.de

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