Unterhaltung

65 und ein bisschen herbstblond Thomas Gottschalk - es war nicht alles gut

Gerade macht er eigentlich alles richtig.

Gerade macht er eigentlich alles richtig.

(Foto: dpa)

"Was macht eigentlich ...?" heißt eine Rubrik in einem deutschen Magazin. Diese Frage stellt sich auch bei Thomas Gottschalk, der heute so rar ist, wie er früher omnipräsent war. Würde er nicht gerade 65 werden - wir wüssten nichts über ihn.

Heute, am Montagmorgen seines 65. Geburtstags, wo andere mit den Enkeln auf dem Schoß die Kerzen auf dem selbst gebackenen Kuchen auspusten würden, möglichst ohne dabei der "Dritten" verlustig zu werden, da saß Thomas Gottschalk also bei einem unserer stärksten Konkurrenzunternehmen in der Redaktion und bespielte den Liveblog "Der Morgen". Er musste um 6.30 Uhr antreten - das passt gut zur senilen Bettflucht - und er war bereits um 9 Uhr wieder fertig - das wiederum passt gut zu den restlichen Terminen des Tages, denn davon gibt es so einige. Dazu später mehr.

Vergleichsweise dezent gekleidet in Kulmbach ...

Vergleichsweise dezent gekleidet in Kulmbach ...

(Foto: dpa)

Was wissen wir aktuell noch? In der "Bild"-Zeitung haben wir just erfahren, warum er sich damals in "Gitti" verliebt hatte: "Damals war sie mit dem Sänger der 'Vampires' zusammen. Eine Kultband in der Gegend. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als sie (...) in meinen Armen landete. Aber irgendwie hab' ich's versemmelt." Dafür allerdings begann die Karriere des damals Zwanzigjährigen beim Bayerischen Rundfunk und die Geschichte, auch die mit Thea, nahm ihren Lauf. Als er Gitti in seiner Heimatstadt Kulmbach auf seiner Lesetour nun kürzlich wiedertraf, hätte es aber schon ein wenig (zumindest bei ihr) geknistert, heißt es.

Feier im Palast

Thomas Gottschalk, diese Legende der deutschen Fernsehunterhaltung, ist uns so nah, dass wir ihn fast lieber mögen als so manche Verwandte. Wir meinen, viel über ihn zu wissen. Das liegt an seiner guten Laune und der Offenheit und Neugier, mit der er immer noch durchs Leben geht und Menschen begegnet. Wenn er Geburtstag feiert, dann macht er das nicht abgeschottet in Malibu oder in einem weißen Zelt, wohin er seine 2000 besten Freunde einlädt, nein, Thomas Gottschalk feiert in einem Palast, dem Admiralspalast. Und die, die nicht dabei sein können, können trotzdem zusehen, denn RTL überträgt die Sause mit seinen prominenten Gästen aus Berlin.

Wie weggewischt scheinen die Sorgen momentan zu sein, die er sich wahrscheinlich, trotz seines sonnigen Gemüts, in den Jahren seit seinem Ausstieg bei "Wetten, dass..?" Ende 2011 gemacht haben muss. Dann auch noch das Desaster mit seiner Vorabendsendung "Gottschalk live", wo er vielleicht zu sehr davon ausgegangen war, dass es reicht, ein lustiger Quasselonkel zu sein. Die Quote war erbärmlich, die Häme dafür riesig. Doch diese Zeiten scheinen vorbei, sein jüngstes Baby, das Buch "Herbstblond", ist natürlich auf Platz 1 der Bestseller-Listen gelandet und seine wenigen Auftritte im Fernsehen ("Die 2 - Gottschalk gegen Jauch" und "Klassentreffen") haben respektable Quoten vorzuweisen, auch wenn sie keinen Vergleich mit früheren Quoten bestehen.

Die Karriere ist gut gelaufen, das haben wir in den letzten Jahren nun wirklich oft genug beschrieben, und auch sein Privatleben ist intakt: "Tommy" ist inzwischen Großvater und immer noch mit Thea zusammen, und ja, seinen komischen Klamottenstil pflegt er ebenfalls weiterhin, auch wenn wir ihn in letzter Zeit mal etwas ziviler gesichtet haben. Mit 65 muss man sich allerdings keinen Kopp mehr darüber machen, was andere sagen. Obwohl - wir erinnern uns auch daran, dass der Herr Gottschalk zu seiner aktiven Zeit zwar der beliebteste Fernsehmann war, aber auch einer, der hin und wieder genervt hat. Oder?

Willst du was gelten, mach dich selten

Nicht alles ist "Wetten, dass..?" ...

Nicht alles ist "Wetten, dass..?" ...

(Foto: imago/Eibner Europa)

Das vergessen wir alle jetzt in unserer Sentimentalität und dem Wissen, dass vieles nach Gottschalk noch schlimmer war als Gottschalk selbst: Er hat seine Gäste oft nicht ausreden lassen, er hat viel gelabert, manchmal waren die Klamotten so daneben, dass man ihm eine Mark fuffzich überweisen wollte, damit er sich was Anständiges leisten kann, seine goldblonden Löckchen im Zusammenhang mit den Goldbären eines gelatinehaltigen Speisemittels waren zu vordergründig aufgebaut vor dem Wettsofa, sein Arsch-Getätschel bei den Hollywood-Tanten hat genervt, seine Altherrenwitze haben hier und da gelangweilt. So, jetzt ist es raus.

Im Hier und Jetzt sieht das natürlich anders aus: Wir sehnen ihn zurück, trotz allem. Thomas Gottschalk hat durchblitzen lassen, dass er gegen eine jährliche "Wetten, dass..?"-Show nichts einzuwenden hätte. Aber brauchen wir, die Fernsehgebührenzahler, dieses Format tatsächlich noch - wo andere Entertainer sich wirklich bemühen, endlich was Neues zu erfinden, und andere Entertainer auch ihren Platz haben wollen? Alles hat seine Zeit.

Ein Gutes hat seine nicht vorhandene TV-Präsenz auch, denn endlich wurde einem Fernsehteam (dem von "Exclusiv"-Frauke Ludowig) erlaubt, "als erste Journalistin" auf seinem Anwesen in Malibu eine Homestory zu drehen. Während sich fast zeitgleich in Hamburg bereits das "Stern"-Magazin rühmte, zu wissen, wie der Moderator in Berlin eingerichtet ist, wie er Gäste bewirtet, was er privat trägt?!

Will man das denn wissen? Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Ja. Denn Thomas Gottschalk ist ein Gesamtereignis. Der kann Fehler machen wie er will, nerven, so oft er will, aussehen wie er will - er ist einfach von dieser Omnipräsenz, die einen Menschen ausmacht, der andere für sich einnehmen kann. Und solche Typen fehlen, nicht nur im Fernsehen.

He knows both sides now

Wer sich von der anderen Seite des Thomas Gottschalk überzeugen lassen möchte, der liest sein Buch, das erstaunlich leise ist: Poltert er "in echt" sofort los, ist der Händedruck fest und tonangebend, ist allein seine Größe respekteinflößend, so ist sein Buch eher zurückgenommen, hinterfragend und bescheiden. Von einem eben, der es selbst fast nicht glauben kann, was ihm da alles passiert ist, und das in dieser kurzen Zeit. Denn da Thomas Gottschalk immer noch so jugendlich rüberkommt, ohne (meist jedenfalls) peinlich zu sein, nimmt man ihm ab, dass er noch immer durch die Welt rennt und sich erstaunt fragt: "Wie geht das?"  

Nur einen Fehler sollte er jetzt nicht machen, den alle gerne machen, die mal beliebt waren und in die viele Hoffnungen gesetzt wurden: Zu schnell zu oft zurückkehren. Fein, dass Klaus Wowereit sich als Neu-Ruheständler so still verhält, auch gut, dass von und zu Guttenberg gemerkt hat, dass Deutschland ihn doch nicht so dringend braucht wie vorzeitig angenommen, und auch Ex-Bundespräsident Wulff sollte sich noch eine Weile in Schweigen hüllen und sich und Betty in Großburgwedel einsperren.

Wir können Thomas Gottschalk heute Abend in Aktion sehen. Um 20.15 Uhr feiert er wie gesagt in Berlin. Und dann sehen wir mal weiter. Aber ganz in Ruhe.

Quelle: ntv.de

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