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Vier Tage ohne Essen Ukrainische ESC-Gewinnerin flieht aus Kiew

Seit vier Tagen auf der Flucht: Die ukrainische Sängerin Sussana Dschamaladinowa, besser bekannt als Jamala.

Seit vier Tagen auf der Flucht: Die ukrainische Sängerin Sussana Dschamaladinowa, besser bekannt als Jamala.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Millionen Menschen verlassen derzeit die Ukraine, um ihr Leben vor der russischen Invasion zu retten. Unter ihnen ist auch die Sängerin Jamala, die 2016 den Eurovision Song Contest gewann. Auf Instagram findet sie emotionale Worte zu ihrer Flucht.

"Wenn Fremde kommen / Kommen sie zu eurem Haus / Sie töten euch alle / Und sagen / Wir tragen keine Schuld / Keine Schuld. Wo ist euer Verstand? / Die Menschlichkeit weint / Ihr denkt, ihr seid Götter / Aber jeder stirbt / Verschluckt meine Seele nicht / Unsere Seelen."

Mit diesem Songtext gewann die ukrainische Sängerin Jamala im Jahr 2016 den Eurovision Song Contest (ESC). In "1944" besang sie die Deportation der Krimtataren unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin - eine Erfahrung, aufgrund derer viele Krimtataren auch gegen die Annexion der Krim im Jahr 2014 protestierten. Rund sechs Jahre nach ihrem Sieg muss die 38-Jährige den Inhalt ihres Lieds nun am eigenen Leib erfahren. Denn wie sie auf Instagram berichtet, hat sie im Zuge des Krieges mit ihren zwei Kindern ihre Heimatstadt Kiew verlassen.

Seit sie am 24. Februar aus der ukrainischen Hauptstadt geflohen sei, habe sie mit ihrer Familie nun schon fast vier Tage lang im Auto gesessen, "ohne Essen, das niemand im Schockzustand zu verdauen dachte", schreibt Jamala zu mehreren Bildern und Videos von Explosionen, ausgebrannten Häusern und ihren schlafenden Söhnen während der Autofahrt. "Zwei Kilometer in vier Stunden - ungefähr so haben wir uns bewegt", führt Sussana Dschamaladinowa, wie die Sängerin mit bürgerlichem Namen heißt, weiter aus.

"Wir werden sie bezwingen"

Millionen von Frauen seien derzeit mit ihren Kindern auf der Flucht. "Sie verlassen ihre Männer, die das Land verteidigen, und rennen los, um ihre Kinder vor Granaten zu retten." Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen die Ukraine seit einigen Tagen schon nicht mehr verlassen, sie sollen für ihr Land kämpfen. Wohin ihre Reise geht, erwähnt die Sängerin nicht.

"Die Ukraine ist riesig, wunderschön und so auffallend unabhängig! Ja, ich denke, das ist der Schlüssel. Wir können mit unserer Redefreiheit nerven!", schreibt Jamala weiter. Sie könne "diesen verdammten Terror nicht" verstehen, doch sie glaube an ihren Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, "unsere Armee, unsere starken, mutigen Männer und Frauen. Wir werden sie bezwingen!"

Weiter appelliert die Sängerin an Russlands Menschlichkeit und Intelligenz, nicht weiter von einer Mission zur "Befreiung" zu sprechen, um einen Vorwand für die Invasion vorzugaukeln. Aber auch die "coolen" Russen hebt sie hervor, die auf die Straße gingen und den Krieg und die Regierung in Moskau boykottierten. Auch an den "Verstand" des Nachbarlandes Belarus, das Russland im Krieg unterstützt, plädiert die 38-Jährige: "Denkt nach, stoppt diesen Wahnsinn!"

ESC-Sieg sorgte für Ärger

Seit vergangenem Donnerstag greift Russland die Ukraine an. Dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zufolge wurden seitdem bereits mehr als 4500 russische Soldaten getötet. Auf ukrainischer Seite seien in den vergangenen Tagen 16 Kinder durch Beschuss getötet und 45 weitere verletzt worden. Diese Angaben ließen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

Mehr Informationen erhalten Sie im Liveticker zum Ukraine-Krieg.

Jamalas Lied "1944", in dem sie auch das Schicksal ihrer eigenen Familie auf der Krim besingt, hatte bereits im Vorfeld des ESC in Russland Kritik ausgelöst. Dass der russische Sänger Sergey Lazarev, der als Favorit gehandelt worden war, letztlich nur auf dem dritten Platz landete, wurde in Moskau als politische Entscheidung verurteilt. "Es war ein Sieg der Politik über die Kunst", wetterte etwa der russische Senator Franz Klinzewitsch.

Sowohl eine Einladung der moskautreuen Führung der Halbinsel Krim, bei einer Veranstaltung zu singen, als auch die Aufforderung, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, lehnte Jamala nach ihrem ESC-Sieg ab. "Ich habe die ukrainische Staatsbürgerschaft, eine andere ist nicht notwendig." Zudem beklagte sie, dass russische Reporter ihre Eltern auf der Krim nach ihrem ESC-Sieg geradezu bestürmen würden. "Die Journalisten schlafen vor dem Haus. Meine Eltern sind nun zu Verwandten gefahren", sagte Jamala.

Quelle: ntv.de, lpe

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