"Die Situation belastet sie" Ulrich Matthes plaudert über Angela Merkel
01.06.2022, 11:15 Uhr
Hat einen guten Draht zu Angela Merkel: Ulrich Matthes.
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Ulrich Matthes zählt zu den profiliertesten Schauspielern Deutschlands. Privat hat er auch so einige Freunde in der Politik, darunter Ex-Kanzlerin Angela Merkel. In einem Interview gibt er nun nicht nur einen Einblick in ihr Seelenleben, er äußert sich auch zum Ukraine-Krieg und zur Politik der Ampel.
Als Schauspieler hat Ulrich Matthes schon so manchen Despoten verkörpert. Im Erfolgsfilm "Der Untergang" mimte er etwa NS-Propagandachef Joseph Goebbels. Im Streifen "München - Im Angesicht des Krieges" schlüpfte er vor Kurzem dagegen gleich in die Rolle von Adolf Hitler. Doch nun reicht es ihm erst einmal mit der Darstellung von Tyrannen, wie er in einem ausführlichen Interview mit dem Magazin "Stern" verrät, in dem es auch um aktuelle politische Fragen und seine Freundin Angela Merkel geht.

Im Film "München - Im Angesicht des Krieges" verkörperte Matthes vor Kurzem Adolf Hitler.
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Gefragt, ob er keine Lust habe, zum Beispiel einmal Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu spielen, antwortet Matthes klipp und klar: "Nein. Es wäre wieder nur ein empathieloser, böser, in seiner Ideologie verhafteter Mensch. Ich habe keine Lust mehr, solche kalten Menschen aus der Historie zu spielen." Und er unterstreicht: "Jetzt ist mal gut mit den Massenmördern."
Die Frage nach der künstlerischen Auseinandersetzung mit einer Figur wie Putin folgt auf einen längeren Diskurs, in dem der Schauspieler auch auf die reale politische Situation vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs eingeht. Der Kritik des Interviewers an der "verquasten Zögerlichkeit" von Bundeskanzler Olaf Scholz will er sich dabei nicht anschließen. "Dazu ist es zu ernst", so Matthes. "Ich wünschte mir von Scholz vor allen Dingen eine bessere Kommunikation", ergänzt er.
"Die Zeit war reif"
"Eigenartigerweise" habe er sich auch noch nicht bei dem Gedanken ertappt, sich Scholz' Amtsvorgängerin Angela Merkel zurück im Kanzleramt zu wünschen, sagt der 63-Jährige. Dies hänge vermutlich mit seiner persönlichen Beziehung zu der Altkanzlerin zusammen, mit der er seit langem befreundet ist. "Ich gönne ihr einfach, dass sie jetzt, in dieser Situation, keine Verantwortung mehr trägt. Und ich fand es richtig, dass sie abgetreten ist. Die Zeit war reif. Das sage ich mit großer Sympathie für sie", erklärt der Schauspieler.

Erst Anfang Mai wurde Matthes das Bundesverdienstkreuz verliehen - mit dabei neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (4.v.r.) auch Angela Merkel.
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Matthes zeigt Verständnis dafür, dass Merkel sich nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt weitgehend zurückgezogen hat. Auch künftig werde sich die 67-Jährige mit Ratschlägen an die aktuellen Entscheidungsträger zurückhalten, mutmaßt der Schauspieler: "Ich ahne, dass sie nicht als eine Art von Nebenkanzlerin präsent sein will." Matthes betont: "Wenn es einen unprätentiösen Menschen gibt, dann Merkel. Schon vom Typ her strebt sie die Rolle der Elder Stateswoman gar nicht an." Zwar wolle er aus seinen privaten Gesprächen mit der Altkanzlerin nichts preisgeben, sagt Matthes, doch so viel könne er mit Blick auf die veränderte politische Weltlage seit Russlands Angriff auf die Ukraine sagen: "Die Situation belastet sie ungleich mehr, als sie uns alle ohnehin belastet."
"Etwas ganz Einschneidendes"
Gegen Kritik an einer womöglich allzu russlandfreundlichen Politik in ihrer Amtszeit nimmt Matthes seine Freundin in Schutz: "Ich glaube nicht, dass irgendein anderer Kanzler sich in den vergangenen 20 Jahren gegenüber Russland anders verhalten hätte." Auch auf den heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, für dessen Kanzlerkandidatur er sich einst eingesetzt hatte und mit dem er nach eigenem Bekunden auch heute noch "gelegentlich in der Kantine des Deutschen Theaters eine Bulette" isst, lässt Matthes nichts kommen. "Als hätten nicht wirklich alle mit diplomatischen Bemühungen versucht, diesen unsäglichen Putin einzuhegen. Ich finde es wohlfeil, jetzt zu sagen: Steinmeier hat es vergeigt. Oder Merkel hat es vergeigt", erklärt der Schauspieler.
"Natürlich" berührten ihn die Bilder aus der Ukraine, stellt Matthes fest. Die von Scholz erklärte "Zeitenwende" spüre er persönlich jedoch nicht, macht er deutlich: "Ich weiß nur, dass es etwas ganz Einschneidendes für uns alle ist."
Das komplette Interview lesen Sie online bei "Stern+" und ab Donnerstag in der Printausgabe des "Stern".
Quelle: ntv.de, vpr