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Kutte statt Sturmgewehr "Ab morgen Mönch"

Im Kloster Beuron hat Bruder Longinus seinen inneren Frieden gefunden.

Im Kloster Beuron hat Bruder Longinus seinen inneren Frieden gefunden.

(Foto: dpa)

Es fällt nicht ganz leicht, sich diesen Mönch mit einem Sturmgewehr in der Hand vorzustellen. Dabei war Bruder Longinus noch vor ein paar Jahren Stabsgefreiter der Bundeswehr in Afghanistan. Ein gehorsamer Soldat, der im Ernstfall keine Scheu gehabt hätte, zu schießen und zu töten, wie er selbst sagt. Doch das Leid der Menschen und seine eigene Angst vor dem nächsten Selbstmordattentäter machten ihm zu schaffen. "Erst im Kloster habe ich inneren Frieden gefunden", sagt Bruder Longinus. In seinem Buch "Ab morgen Mönch" erzählt der heute 29-Jährige seinen Weg vom Soldaten zum Ordensbruder.

Bundeswehr-Soldat Frank Beha steht mit seinem Sturmgewehr im Camp Warehouse in Afghanistan.

Bundeswehr-Soldat Frank Beha steht mit seinem Sturmgewehr im Camp Warehouse in Afghanistan.

(Foto: dpa)

Durch die Ruhe im Kloster Beuron im Oberen Donautal habe er zuletzt viel über sein Leben nachgedacht. "Früher konnte ich mit Gott absolut nichts anfangen", sagt Longinus, der in Villingen-Schwenningen als Frank Beha aufgewachsen ist. Da brauste er mit schnellen Autos und Motorrädern durch den Schwarzwald und träumte von einer Karriere bei der Luftwaffe. Getrieben von Abenteuerlust und der Hoffnung auf schnelles Geld wurde er Zeitsoldat und setze alle Hebel in Bewegung, um möglichst schnell in einen Auslandseinsatz geschickt zu werden. "Der Job hat mir einfach Spaß gemacht. So ein Einsatz schweißt einen mit den Kameraden unglaublich eng zusammen", erzählt Bruder Longinus.

Doch die Abenteuerlust sei ihm bei seinem ersten Einsatz in Mazedonien schnell vergangen. Zwar wurde bei dem Stabilisierungseinsatz nicht geschossen - trotzdem merkt Longinus zum ersten Mal, was es heißt, Angst zu haben. "Die Minengefahr war allgegenwärtig. Jeder Schritt hätte der letzte sein können", erzählt er.

Ein Gewaltmarsch und ein verrückter Gedanke

Die Eindrücke aus dem Kriegsgebiet bleiben nicht ohne Wirkung. Zurück in Deutschland sucht er immer häufiger das Gespräch mit dem Militärpfarrer, beschäftigt sich intensiv mit dem Christentum. Und dann kam dieser Gewaltmarsch im Sommer 2003. Mit kompletter Ausrüstung im Kampfanzug wurde der damals 24-jährige Zeitsoldat in der Nähe von Singen bei drückender Hitze auf einen 30 Kilometer langen Übungsmarsch geschickt. Beha war sportlich, wollte die Strecke in weniger als drei Stunden schaffen. Aber nach der Hälfte des Weges sei einfach Schluss gewesen, erzählt Bruder Longinus. "Die Wasserflasche war leer, der Körper ausgepowert und meiner angestrebten Zeit lief ich weit hinterher."

(Foto: dpa)

Völlig matt habe er sich dann auf eine Bank gesetzt. "Und während ich da saß, schoss mir dieser verrückte Gedanke durch den Kopf: Wenn ich es noch schaffe, diesen Marsch in weniger als drei Stunden hinter mich zu bringen, gehe ich ins Kloster. Und dann stand ich auf, lief los - und schaffte das Ziel unter drei Stunden." Keine Spur mehr von Durst und Müdigkeit. "Als wäre da jemand gewesen, der mich trug", erinnert sich der Mönch.

Wieder ein Suchender

Sein Entschluss war gefasst. Doch der Vertrag mit der Bundeswehr lief noch, und die schickte ihn noch einmal ins Ausland - diesmal nach Afghanistan. Dieser Einsatz sei ihm viel schwerer gefallen als der erste. "Christ sein und Soldat sein, das hat immer Spannungen in sich", sagt Longinus. Er achtete mehr auf die Menschen, auf ihre Lebenssituation. "Ich habe gesehen, wie die Afghanen Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, wie sie durch ihren Glauben mit der Armut und dem Elend fertig werden. Das hat mich fasziniert. Die Leute waren trotz ihrer Armut glücklich."

Frank Beha fühlte sich in seinem Entschluss bestärkt. Im November 2005 zog er ins Kloster nach Beuron. Bei der Aufnahmezeremonie trug er bewusst seine Bundeswehr-Orden - legte sie ab und tauschte sie gegen das Habit, die Ordenstracht. Damals bekam er auch seinen Ordensnamen: Longinus war ein römischer Soldat, der der biblischen Überlieferung nach den gekreuzigten Jesus als Gottes Sohn erkannte. Er habe seine Verbundenheit zum Militär ausdrücken wollen, sagt der 29-Jährige. "Als Mönch sehe ich mich als Kämpfer für den Glauben." Bloß den Dienstgrad muss er sich in der Kloster-Hierarchie erst noch verdienen. "Jetzt bin ich wieder ein Wehrpflichtiger, ein Suchender. Ich stehe ganz am Anfang."

Quelle: ntv.de, Marc Herwig, dpa

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