"Nur der Tod ist schneller" Hajo Schumacher über Krimis, goldene Regeln und "Runner's High"
20.05.2024, 10:13 Uhr Artikel anhören
Sitzt bereits, mit der besseren Hälfte Michael Meisheit, an Teil zwei: Hajo Schumacher.
(Foto: IMAGO/Panama Pictures)
Ein Roman vom Autoren-Duo Hajo Schumacher und Michael Meisheit? Das verspricht spannende Unterhaltung. War der eine doch mal so eine Art Lauf-Papst ("Achim Achilles") und der andere ein begnadeter Sofa-Hocker. Nun, was soll man sagen, der eine läuft nicht mehr so viel, der andere hat ein bisschen angefangen, aber bei beiden läuft es grundsätzlich rund in ihren sonstigen Karrieren als Journalist (Schumacher, Chefkolumnist bei Funke) oder Drehbuchautor (Meisheit, "Lindenstraßen"-Papst). Ihre Hauptfigur, Peer Pedes, Ermittler beim Berliner LKA, war mal ein begabter Marathonläufer. Von Kindheit an auf Sieg getrimmt, von Mutti mit Leckereien versorgt, als Erwachsener ein bisschen desillusioniert. Dennoch voller Tatendrang und bereit, die Extra-Meile wieder in Angriff zu nehmen. Vor allem, als der verhasste Kollege und Klugscheißer Koslowski seine alten Rekorde bricht, da hinkt Pedes' Ego ordentlich hinterher. Er startet sein Training, doch gleich bei seinem ersten, quälend langem Trainingslauf, holt ihn nicht nur das Leben, sondern vor allem der Job ein: Von der Oberbaumbrücke baumelt die Leiche eines Mannes - mit Laufschuhen. Die Ermittlungen beginnen, jetzt ist Tempo gefragt. Etwas, das ihm liegt - wenn der Mörder oder die Mörderin? ihm nicht nur immer schon ein, zwei Laufschuhlängen voraus wären. Denn es werden noch mehr Leichen seinen Weg pflastern und Pedes muss auf einmal ganz viele Bälle jonglieren: Job, Beziehung und Nachtleben. Mit dem eines Teil des Autoren-Duos Achilles hat ntv.de gesprochen: Hajo Schumacher über Tempo, Eleganz beim Laufen und gerissene Hosengummis.
ntv.de: Warum schreibt der erfolgreiche Journalist, Kolumnist und Läufer Hajo Schumacher aka Achim Achilles einen Krimi?
Hajo Schumacher: Das stand auf meiner Bucketlist, schon immer. Krimi schreiben ist wie Marathon - muss man mal gemacht haben. Und ist - nach all dem Journalismus - endlich mal wieder etwas hart an der Realität.
Achilles - das sind du und Co-Autor Michael Meisheit - ein Traum-Team? Oder warum sollte man zu zweit schreiben?
Zu zweit ist ein viel besseres Arbeiten, zumal wir uns nicht in die Quere kommen, sondern ergänzen. Michael ist der Architekt und malt den Plan, ich mauere danach die Wände. Nach Jahren der Einzelkäfighaltung sehr befriedigend, zumal wir beide die Testosteron-Jahre hinter uns haben und uns gelegentlich auch mal loben, anstatt einander zu beweisen, wer den längeren Atem hat.
Auch lieber zu zweit laufen als allein?
Unbedingt. Wenn man nebenbei quatschen kann, hat man automatisch das richtige Tempo und merkt das Laufen nicht so.
Dein schlimmstes Erlebnis als Läufer …
Neben einigen Hunden ein gerissenes Laufhosengummi. Es ist ausgesprochen hinderlich für Tempo und Eleganz, wenn man die Buxe mit beiden Händen auf Hüfthöhe halten muss.
Dein schlimmstes Erlebnis bei einem Marathon …
Das vergebliche Warten auf ein "Runner's High" zum Beispiel. Oder der Sportsfreund, der sich während des Laufens übergab, aber weiter wetzte, als sei das völlig normal. Die tiefe Enttäuschung, als die Gattin nicht bei KM 37 mit der Flasche ABC (Asbach bisschen Cola) wartete. Sie war aufgehalten worden (lacht).
Du nanntest es eben - das "Runner's High": Mythos oder Wahrheit?
Das ist eine ganz perfide Erfindung der Sportartikelindustrie, befürchte ich. Ich warte noch heute darauf!
Nun natürlich auch die schönsten Erlebnisse!!
Ääh, die was…? Ich habe irgendwann mal jemanden überholt, glaube ich. Ansonsten der erste Tag ohne Muskelkater und natürlich der Triumph auf Grillfesten, wenn man im Finisher-Shirt einmarschiert.
Wieviel oder besser: Wie oft läufst du noch?
Ein- bis zweimal die Woche, dann ein- bis zweimal Rennradfahren, drei- bis viermal Kickboxen. Es gilt die goldene Regel: eine Stunde Bewegung am Tag, egal wie, wo, was.
Ich folgere: Sport, Bewegung, Fitness sind dir auch im hohen Alter wichtig ...
Es gibt ein Leben ohne, es ist aber sinnlos. Gerade, wer ein notorisch ausschweifendes Leben führt, weiß spätestens ab 50, dass es keine gute Idee war, immer nur Churchill - "No Sports" - zu zitieren. Mein Vater hat gesagt: Wer bis spät feiern kann, sollte auch früh arbeiten können. Für mich gilt: Wer ausschweifend feiern kann, sollte das Gift am Tag darauf konsequent wieder ausschwitzen. Als guter Protestant favorisiere ich das Prinzip vorsorgliche Selbstbestrafung. Wird schon für irgendwas gut sein.
Dein Co-Autor Michael Meisheit war ein Lauf-Muffel, und jetzt?
Er hat neulich mal fünf Kilometer versucht, ums Tempelhofer Feld, und war danach drei Tage krank. Michael ist eher so der geborene Walker. Er war früher aber ein ziemlich guter Basketballer - wahrscheinlich einer dieser Millionen Männer, die einen ganzen Abend lang erzählen können, wie sie haarscharf an einer sportlichen Weltkarriere vorbeigeschrammt sind (lacht).
Er wird dich für deine Ehrlichkeit sicher lieben. Ihr habt die Filmrechte am Buch verkauft ...
Ja! Herrlich, oder? Guter Stoff halt, dafür hat der gelernte Drehbuchautor Michael Meisheit gesorgt. Drei Produktionsfirmen waren interessiert - wir haben uns gegen Hollywood entschieden.
Wer spielt mit - deine Traumbesetzung?
Anm.d.Red.: Die Antwort kann leider nicht wiedergegeben werden, zu großer Insider noch. Nur, dass Philipp Amthor irgendwie darin vorkommen sollte, das können wir bringen.
Du hast dir eine Auszeit gegönnt, zusammen mit deiner Frau - was hat diese Zeit in Südamerika gebracht, an Ideen, Erkenntnissen, Gefühlen?
Vor allem Entspannung und Gelassenheit. Mit der Distanz schnurren die Probleme in Deutschland auf ein überschaubares Maß zusammen. Das ganze Geschrei vom Untergang, das hierzulande gerade gepflegt wird, wirkt hysterisch, albern und auf eine erschreckende Weise weltfremd, wenn man Herrn Milei agieren sieht oder mit VenezolanerInnen spricht. Die faszinierende Artenvielfalt in Peru lehrt ebenso Demut gegenüber der Natur wie die Weite Patagoniens und das karge bäuerliche Leben oberhalb von 4000 Metern in den Anden.
Wird Peer Pedes, dein Kommissar, weiter ermitteln, rennen, lieben, leiden?
Aber sowas von. "Laufende Ermittlungen" - das ist doch ein Untertitel, der Serie verspricht. Ich sitze gerade an Band 2, und es macht immer mehr Spaß. Der arme Peer Pedes muss dieses Mal schwimmen, was für einen Läufer Höchststrafe bedeutet. Aber er ermittelt halt nicht nur in der Politik, sondern auch in Triathlon-Kreisen. Nein, Heiko Maas spielt nicht mit. Aber es bleibt bei der bewährten Mischung aus Koks und Kohlrouladen.
Mit Hajo Schumacher sprach Sabine Oelmann.
Quelle: ntv.de