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Die nächste Serie schon als Buch "Kleine Feuer überall" brennt sich ein

Perfektion ist eine gefährliche Illusion: eine der Botschaften von "Kleine Feuer überall".

Perfektion ist eine gefährliche Illusion: eine der Botschaften von "Kleine Feuer überall".

(Foto: imago/Loop Images)

"Manchmal muss man alles abbrennen und von vorne anfangen." Wie konnte Izzy Mias Rat nur wörtlich nehmen? US-Autorin Celeste Ng geht auf die spannende Suche nach dem Warum. Kein Wunder, dass sich ein Hollywoodstar die Rechte sichert.

Dass Izzy Richardson jede Grenze überschritt, war nichts Neues. Wie damals, als sie sich in die Humane Society einschlich, um streunende Katzen zu befreien. Oder die Wände in der Schule mit Zetteln mit Gedichten und Sprüchen darauf zupflasterte. Trotzdem redeten in diesem Sommer alle in Shaker Heights darüber, wie Izzy schließlich komplett durchdrehte und das Haus der Richardsons niederbrannte. Fast unbemerkt blieb da, dass die bohèmehafte Mia Warren und ihre Tochter Pearl, die so eng mit den Richardsons verbandelt waren, die Stadt in der Nacht zuvor verlassen hatten.

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Es war aber auch alles zu viel für Shaker Heights, diese perfekt schöne Stadt, in der es für alles Regeln gab und zwar gute. Regeln, die dafür sorgten, dass alles Unangenehme und Katastrophale vermieden wurde. Kein Müll zu sehen, die Häuser angenehm frisch gestrichen, keine großen Straßen auf dem Weg zum Kindergarten. Und doch gab es nun gleich zwei komplett unschickliche Skandale. Denn der Sorgerechtsstreit um die kleine Mirabelle McCullough oder besser May Ling Chow war auch noch nicht geklärt.

Der perfekte Serien-Plot

Celeste Ng schreibt eine Hommage und Kritik an ihrer Heimatstadt Shaker Heights.

Celeste Ng schreibt eine Hommage und Kritik an ihrer Heimatstadt Shaker Heights.

(Foto: Kevin Day Photography)

Auch ihren zweiten Roman fängt Celeste Ng gleich mit der Katastrophe an. War in ihrem ersten preisgekrönten New-York-Times-Bestseller "Was ich euch nicht erzählte" der Tod der 16-jährigen Lydia der Ausgangspunkt, ist es nun die Tat von Izzy Richardson, die es zu entschlüsseln gilt. "Ich möchte, dass der Leser weiß, was das Ziel der Reise ist, damit er sich auf die Figuren konzentrieren kann und sich nicht die ganze Zeit fragt, wohin der Weg führt", erklärte Ng im Frühjahr bei ihrer Lesung in der Autorenbuchhandlung Berlin.

Dort ließen Moderator und Buchhändler Christian Duncker sowie die Schauspielerin Valerie Niehaus, die aus der deutschen Übersetzung las, vor lauter Begeisterung über ihre jeweiligen Lieblingsstellen die lachende Autorin kaum zu Wort kommen. Die Begeisterung teilen sie mit Hollywoodstar Reese Witherspoon, die sich umgehend die Filmrechte an dem Buch gesichert hatte.

"In den 1990ern dachten wir, wir hätten es raus"

Für Witherspoon ist es ein Buch über das Dasein als Mutter und das gefährliche Streben nach Perfektion. Gleichzeitig ist es auch ein Buch über Klassenunterschiede und klassischen Rassismus – Dinge, die man in den 1990ern und besonders an idealistischen Orten wie Shaker Heights, das tatsächlich in der Nähe von Ohio liegt, überwunden wähnte. "In den 1990ern dachten wir, dass wir den Dreh gefunden hätten", sagt die 38-Jährige im Interview mit n-tv.de. Alle Probleme mit Gleichberechtigung und so weiter schienen gelöst und das Internet würde alle reich machen. "Ich habe das nie geglaubt, aber das ist ein Grund, warum ich die Geschichte in die 1990er verlegt habe."

Auch aus eigenen Erfahrungen als Tochter chinesischer Einwanderer aus Hong Kong, trifft Ng in "Kleine Feuer überall" den gedankenlosen, rassistischen Ton der besonders Wohlmeinenden perfekt. Der Streit um die Adoption des asiatischen Babys Mirabelle dient Ng dabei als Katalysator: Wenn die privilegierte Elena Richardson meint, das Rassismus-Problem damit lösen zu können, in dem man einfach alle Kinder bei fremden Familien aufwachsen lässt oder Elenas Freundin Linda vor Gericht hilflos angibt, ihrem Wunschkind genug asiatische Kultur bieten zu können, da es doch bei ihr zu Hause Reis zum Mittag gebe, sind das kleine Stiche, die tief gehen.

Themen wie Klassenunterschiede, Alltags-Rassismus und Familiendynamiken in eine fesselnde Geschichte zu gießen, die nachhallt, ist das Erfolgsrezept von Celeste Ng. Hoffentlich verwendet sie es noch oft, denn solche Erzählungen machen süchtig. Ob als Buch oder als Serie.

Quelle: ntv.de

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