Da ist der Wurm drin Die Rückkehr auf den Wüstenplaneten "Dune"
16.09.2021, 18:40 Uhr
"Dune" 2021 wartet mit einem Star-Ensemble auf.
(Foto: Courtesy of Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures)
Bildgewaltig, monumental und unglaublich dicht - so inszeniert Regisseur Dennis Villeneuve 2021 das Science-Fiction-Epos "Dune". Es ist nicht der erste Versuch, die als "unverfilmbar" geltende Geschichte auf die Leinwand zu bannen. Ob es diesmal gelingt?
Das Science-Fiction-Epos "Dune" ist Kult. Und das bereits als Roman. Sechs Bände verfasst Autor Frank Herbert zwischen 1965 und 1985. Doch die Geschichten um den "Wüstenplaneten" faszinieren so sehr, dass sie auch nach Herberts Tod 1986 noch von anderen Schriftstellern weiter fortgeschrieben werden.
Natürlich weckt eine derartige Vorlage auch die Begierde der Filmemacher. Aber "Dune" eilt ein ähnlicher Ruf voraus wie J.R.R. Tolkiens "Der Herr der Ringe". Die Welt, die in der Literatur rund um den Planeten Arrakis alias Dune erschaffen wurde, gilt als nahezu unverfilmbar. Erste Anläufe, das Epos auf die Leinwand zu bannen, gibt es bereits Anfang der 1970er-Jahre. Doch erst 1984 wird aus der Idee Realität.
Der, der sich schließlich an die Umsetzung wagt, ist ein damals noch junger Regisseur, der nur kurz zuvor mit "Der Elefantenmensch" seinen Durchbruch gefeiert hatte: der seinerzeit 38-jährige David Lynch. Um sich herum versammelt er ein Ensemble von Darstellern, die zu jener Zeit ebenfalls noch nicht zur Crème de la Crème Hollywoods zählen, Max von Sydow einmal ausgenommen: Newcomer Kyle MacLachlan in der Hauptrolle des Paul Atreides zum Beispiel, der bis dahin nur in Deutschland bekannte Jürgen Prochnow als dessen Vater Herzog Leto Atreides, der spätere "Captain Picard" Patrick Stewart als Schwertmeister Gurney Halleck oder der damalige The-Police-Frontmann Sting als Bösewicht Feyd-Rautha Harkonnen.
Neuer Anlauf nach fast 40 Jahren
Lynchs Versuch, das Unmögliche möglich zu machen, gerät auf den ersten Blick zu einem gigantischen Flop. Der im Englischen schlicht "Dune" und in Deutschland "Der Wüstenplanet" betitelte Film fällt nicht nur an den Kinokassen sang- und klanglos durch, er wird von vielen Kritikern auch schonungslos zerrissen. Die zahlreichen Abweichungen vom Roman hinterlassen zudem auch bei Fans der Saga ein schales Gefühl. Lynch selbst zeigt sich mit dem Ergebnis unzufrieden und beklagt den Druck der Produzenten, die ihn etwa dazu nötigten, seinen dreieinhalb Stunden langen Erguss fast um die Hälfte zu kürzen.
Doch immerhin und zum Glück: Seine Reputation geht dem Regisseur trotz dieses Reinfalls nicht verloren. So mausert er sich später mit Werken wie "Blue Velvet" oder "Twin Peaks" zum geschätzten Enfant terrible in der Traumfabrik. Und auch das Urteil über "Dune" fällt in der Retrospektive deutlich gnädiger aus. Für viele genießt der Streifen heute ebenfalls Kultstatus.
Kein Grund aber, es nicht noch einmal neu zu probieren - knapp 40 Jahre später, mit den technischen Möglichkeiten, von denen Lynch seinerzeit Lichtjahre entfernt war. Gedacht, getan. Und so experimentiert nun Regisseur Dennis Villeneuve mit einem ebenfalls schlicht "Dune" betitelten Film erneut damit, den Stoff in bewegten Bildern einzufangen. Eine gewisse Expertise kann der Kanadier dabei durchaus vorweisen. Schließlich schwang er auch schon bei den Sci-Fi-Streifen "Arrival" (2016) und "Blade Runner 2049" (2017) das Zepter hinter der Kamera.
Menschliche Abgründe und Würmer
In "Dune" werden die Zuschauer allerdings in eine noch viel entferntere Zukunft als 2049 entführt. Wir schreiben das Jahr 10.191. Im Universum regieren verschiedene Adelshäuser unter der Oberherrschaft eines mächtigen Imperators. Eines von ihnen ist das Haus Harkonnen, das den auch Dune genannten Planeten Arrakis brutal ausbeutet, ohne Rücksicht auf die auf ihm lebenden Ureinwohner vom Volk der Fremen. Denn so unwirtlich dieser Wüstenplanet auch sein mag - auf ihm gibt es "Spice", die kostbarste Substanz im ganzen Universum. Schließlich verlängert sie nicht nur das menschliche Leben, nur mit ihr ist es auch möglich, schneller als mit Lichtgeschwindigkeit durch das All zu reisen.

So einem Sandwurm will man nicht unbedingt begegnen.
(Foto: Courtesy of Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures)
Doch die Herrschaft des Hauses Harkonnen über Arrakis geht zu Ende, als der Imperator den Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac) zum neuen Gebieter auf dem Planeten bestimmt. Ein Konflikt zwischen dem skrupellosen Baron Wladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) und seinem deutlich einfühlsameren Nachfolger ist programmiert - und vom Imperator, der den beliebten Atreides als Nebenbuhler fürchtet, durchaus gewollt. Als es zur offenen Konfrontation kommt und der Herzog stirbt, steht auf einmal sein in Herrschaftsdingen noch unerfahrener Sohn Paul (Timothée Chalamet) in der Verantwortung. Wird es ihm gelingen, das Überleben des Hauses Atreides zu sichern? Welche Rolle ist ihm im Universum zugedacht? Und welche Rolle spielen dabei die Fremen?
In "Dune" ist auch der Wurm drin. Das gilt jedoch nicht nur für diese Verfilmung, sondern ganz grundsätzlich für Frank Herberts Science-Fiction-Epos. Schließlich sind nicht alle Abgründe in der Geschichte nur menschlicher Natur. Zu den Bedrohungen auf Arrakis zählen auch bestialische Riesen-Sandwürmer, die durch Geräusche angelockt werden und bei ihrem Eintreffen keine Gefangenen nehmen. Doch gibt es darüber hinaus noch andere Gründe, die einem Villeneuves "Dune" madig machen könnten?
Pinkelpause is' nicht
Jein. Mit seinem Cast hat der Regisseur schon einmal einen Volltreffer gelandet. Zu ihm gehören etwa auch Rebecca Ferguson als Leto Atreides' Geliebte Lady Jessica, Josh Brolin und Jason Momoa als die Schwertmeister Gurney Halleck und Duncan Idaho, Javier Bardem als Freme Stilgar und Charlotte Rampling als mysteriöse Wahrsagerin Gaius Helen Mohiam. Der Wüstenplanet kommt im Jahr 2021 zudem so bildgewaltig und monumental daher, dass man meinen könnte, das Kino sei speziell für ihn erfunden worden.

Was wird aus Paul Atreides (Timothée Chalamet)? Das erfahren wir vorerst noch nicht.
(Foto: Courtesy of Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures)
Mitunter ist der Film jedoch überfrachtet. Villeneuve hat ihn derart dicht inszeniert und mit der Musik von Hollywood-Legende Hans Zimmer dauerbeschallt, dass einem ein ums andere Mal die Augen zu tränen und die Ohren zu dröhnen drohen. Eines sollte allen Kinogängern zumindest bewusst sein: Pinkelpause is' nicht, auch wenn "Dune" knapp zweieinhalb Stunden dauert. Sie könnten in der Zeit auf dem WC echt etwas verpassen.
Dabei ist dies erst der Anfang. "It begins" ("Es beginnt") ist auf dem Filmplakat zu lesen. Und tatsächlich behandelt der Streifen lediglich die erste Hälfte des ersten Buchs aus Herberts Feder. Die Handlung bricht mittendrin ab. Dass es eine Fortsetzung geben wird, ist aber noch nicht komplett in trockenen Tüchern. Darüber entscheidet auch, wie sich "Dune" 2021 an den Kinokassen schlägt. Einen Flop wie dereinst Lynch sollte sich Villeneuve also nicht leisten. Sonst erfährt man nie, wie seine Erzählung über den Wüstenplaneten zu Ende geht. Und dann wäre nun wirklich der Wurm drin.
"Dune" 2021 läuft ab sofort in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de