"Jetzt ist unsere Zeit" Kein Respekt vor "Die glorreichen Sieben"
23.09.2016, 08:00 Uhr
Yul Brynner und Steve McQueen waren gestern: Denzel Washington und Chris Pratt in "Die glorreichen Sieben" 2016.
(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)
Im aktuellen Kinofilm "Die glorreichen Sieben" trauen sich Denzel Washington und Chris Pratt das Remake eines berühmten Western-Klassikers zu. Doch für die beiden Schauspieler ist es gar kein allzu gewagtes Unterfangen, wie sie im n-tv.de Interview verraten.
n-tv.de: Denzel, meines Wissens ist es das erste Mal, dass Sie einen Cowboy spielen ...
Denzel Washington: Was haben Sie recherchiert? Habe ich schon einmal?
So viel ich weiß, nicht …

Denzel Washington spielt den Revolverhelden-Anführer Sam Chisolm.
(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)
Denzel Washington: Okay, stimmt, nein, ich habe noch nie einen Cowboy gespielt. Aber Antoines (Regisseur Antoine Fuqua, Anm. d. Red.) Enthusiasmus hat mich überzeugt. Er schwärmt ja für "Die Sieben Samurai" und davon, wie er als Kind mit seiner Großmutter Western geschaut hat. Letztlich ließ das in ihm den Wunsch aufkommen, Filmemacher und Regisseur zu werden. Zudem hatten wir schon großen Erfolg zusammen (Washington erhielt einen Oscar für seine Rolle in Fuquas Film "Training Day", Anm. d. Red.). Und mal ganz ehrlich: Reiten, in der Natur zu sein und zu spielen, macht jede Menge Spaß. Noch dazu, wenn man dafür bezahlt wird.
Sind Sie auch selbst mit Western aufgewachsen?
Denzel Washington: Nein, ich habe mir nie Western angesehen, auch nicht das Original von "Die glorreichen Sieben". Wenn überhaupt, dann könnte man sagen, dass ich mit Filmen wie "König der Könige" oder "Die zehn Gebote" aufgewachsen bin. Ich bin auch nicht ins Kino gegangen. Mich hat es nach draußen gezogen. Ich wollte vielleicht ein Cowboy sein und einen spielen, aber mir keinen anschauen.
Chris, auch Sie haben noch nie einen Cowboy dargestellt ...
Chris Pratt: Nein, auch für mich ist das eine Premiere. Es ist überhaupt das erste Mal, dass ich einen Film gemacht habe, der zu dieser Zeit spielt.
Ich habe gelesen, dass Sie ziemlich fließend Deutsch sprechen. Könnten wir uns theoretisch also auch auf Deutsch unterhalten?
Chris Pratt: Vielleicht. (lacht) Aber Englisch spreche ich dann doch noch etwas fließender.
"Die glorreichen Sieben" von 1960, in dem unter anderem Yul Brynner und Steve McQueen mitwirkten, gilt heute als Klassiker. Hat Ihnen das mit Blick auf das Remake Sorgen gemacht?
Denzel Washington: Nein, gar nicht. Man muss wissen: "Die glorreichen Sieben" war ursprünglich kein Hit - weder in finanzieller Hinsicht noch bei den Kritikern. Tatsächlich war Steve McQueen zu dieser Zeit noch nicht einmal besonders bekannt. Die Wahrnehmung hat sich erst später gewandelt. Aber wenn man heute mit Leuten spricht, die jünger als Sie und ich sind, bedeutet ihnen das nichts. Sie sagen: "Das war damals. Aber jetzt ist unsere Zeit."
Würden Sie sich dem anschließen, Chris?
Chris Pratt: Ja, auf jeden Fall. Ich sehe das ganz entspannt. Manche Leute begegnen einem auch zynisch: "Ach, sie machen in dem Film doch nur mit, weil er einen großen und bekannten Titel hat." Oder ein anderes Beispiel: Als ich in "The Lego Movie" mitgemacht habe, haben auch einige mit dem Kopf geschüttelt. Aber wissen Sie was: "The Lego Movie" ist richtig gut - originell, witzig, einfach großartig. Von daher: Mir geht dieser Zynismus mit Blick auf den Titel eines Films ab. Klar, man hätte den Film auch "Sam, der Cowboy, und seine sechs anderen Glorreichen" nennen können. Aber es kostet zig Millionen, so einen Film zu machen. Die sollen auch wieder reinkommen.
Es heißt, Brynner und McQueen seien damals nicht besonders gut miteinander ausgekommen. McQueen soll auf den schon als Star geltenden Brynner neidisch gewesen sein. Um im Film die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, soll er etwa bei Szenen Brynners im Hintergrund mit dem Revolver herumgespielt haben. Wie war das bei Ihnen beiden?
Denzel Washington: (spielt mit den Händen hinter Pratts Rücken, allgemeines Gelächter)

Auch Chris Pratt weiß als Josh Farraday mit dem Schießeisen umzugehen.
(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)
Chris Pratt: Ich habe da eine ganz andere Einstellung - ich sehe das als großartige Erfahrung. Man kann das Schauspielen nicht besser lernen, als an einem Set zu sein. Das kann einem kein College beibringen. Ich habe versucht, mein Bestes zu geben, aber immer auch die Augen und Ohren offen gehalten, um von Denzel, aber auch von Vincent (Vincent D'Onofrio, Anm. d. Red.), Ethan (Ethan Hawke, Anm. d. Red.) oder "B.H." (Byung-hun Lee, Anm. d. Red.) zu lernen. Sie haben schließlich schon so viel Zeit im Showbusiness hinter sich.
Anders als in der Vorlage von 1960 sind "Die glorreichen Sieben" 2016 eine Truppe von Haudegen verschiedener Ethnien ...
Denzel Washington: Ja, und das ist viel realistischer. 1879 wären es keine sieben weißen Typen gewesen, die zusammen durch die Gegend reiten. Da gab es zum Beispiel auch Chinesen. Wir haben ja sogar in New Mexiko gedreht. (lacht) Gab es im Originalfilm Mexikaner?
Chris Pratt: Ja, das waren die Bösen. (Allgemeines Gelächter)
Denzel, was mögen Sie an Antoine Fuqua als Regisseur - außer dass er Ihnen schon zu einem Oscar verholfen hat?
Denzel Washington: Einen Oscar hatte ich schon vorher. (Pratt kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen) Man muss doch noch die Wahrheit sagen dürfen! Aber ich mag Antoines Leidenschaft. Ich mag die Art, wie er Filme sieht - mit seinen Augen und seinem Herzen. "Training Day" zum Beispiel - der Film hätte eine Art "Lethal Weapon" sein können, aber er hat ihm eine Gangsta-Attitüde verpasst. Seine Leidenschaft, seine Ideen, sein Blick auf Szenen und wie er reflektiert, wie Amerika wirklich ist - all das schätze ich an ihm. Er ist ein Visionär und großartiger Filmemacher. Ich vertraue ihm. Er inspiriert mich.
Die Geschichte von "Die glorreichen Sieben" ist sehr simpel. Funktionieren einfache Geschichten in einer komplizierten Zeit wie der unseren besonders gut?
Chris Pratt: Ich denke schon. Aber im Grunde gibt es sowieso nur etwa sieben Geschichten, die immer wieder recycled und variiert werden. Es gibt die Komödie, die Tragödie, den Mann mit einer Mission ... Ich finde Einfachheit gut. Für einen Film über diese Zeit trifft das erst recht zu, denn diese Zeit war auch einfach - und brutal. Jeder, der für diesen Film ins Kino geht, weiß, dass es in einer großen Schießerei endet und die Sieben einer Armee gegenüberstehen werden. Letztlich geht es nur darum, die Charaktere und ihr Verhältnis zueinander so zu zeichnen, dass man einen Bezug zu ihnen aufbaut und sich - hoffentlich - für sie interessiert. Es muss den Zuschauer berühren, wenn sie sich opfern.
Sehen Sie in dem Film auch eine Kritik an Amerika?
Denzel Washington: Damals oder heute?
Heute.
Denzel Washington: Nein. Klar, einige Dinge haben sich nicht verändert. Die Kleinen brauchen die Hilfe der Starken. Das sind bekannte Themen. Aber das gilt nicht nur für Amerika. Gier, Zerstörung, fehlende Spiritualität - das sind Themen, die auf der ganzen Welt eine Rolle spielen. Auch im realen Leben fragen sich die Menschen, wer auf ihrer Seite ist und für sie einsteht. In einem Film können wir die Leute dazu bringen, für ein paar Stunden zu vergessen, zu lachen, zu jubeln oder sich mächtig zu fühlen, weil jemand etwas unternimmt. Aber letztlich ist es nur ein Film.
Mit Denzel Washington und Chris Pratt sprach Volker Probst
"Die glorreichen Sieben" läuft derzeit in den deutschen Kinos
Quelle: ntv.de