Kino

"Horizon" floppt phänomenal Kevin Costners 40 Millionen Dollar teurer Fehler

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Das Western-Epos ist Kevin Costners Herzensprojekt.

Das Western-Epos ist Kevin Costners Herzensprojekt.

(Foto: IMAGO/Landmark Media)

Zum zweiten Mal in seiner Karriere vertraut Kevin Costner so sehr auf ein tot geglaubtes Filmprojekt, dass er seine eigenen Millionen darin investiert. Doch anders als bei "Der mit dem Wolf tanzt" geht die Rechnung mit "Horizon" nicht auf. Part 1 des vierteiligen Western-Epos floppt an den Kinokassen.

34 Jahre ist es her, dass Kevin Costner mit "Der mit dem Wolf tanzt" nicht nur ein filmisches Meisterwerk geschaffen, sondern auch ein Paradebeispiel dafür abgeliefert hat, wie man mit Mut, Selbstvertrauen und Beharrlichkeit manchmal Berge versetzen kann. Die großen Studios hatten eine Beteiligung an dem Film allesamt abgelehnt. Zu lang, hieß es, und zu teuer. Das Genre sei tot. Doch Costner glaubte fest an das Drehbuch, bei dem er die Hauptrolle spielen sollte. Er gründete seine eigene Produktionsfirma, fungierte selbst als Regisseur, investierte mit knapp drei Millionen Dollar nahezu sein gesamtes Honorar - und wurde belohnt: Sieben Oscars räumte der Streifen ab, weltweit spielte er 400 Millionen Dollar ein.

Beflügelt von diesem überraschenden Erfolg dürfte der Hollywood-Star angenommen haben, mit "Horizon: Eine amerikanische Saga" erneut trotz aller Widrigkeiten einen Coup landen zu können. Das auf vier Teile angesetzte Western-Epos gilt als sein Herzensprojekt. Seit 1988 schreibt er bereits daran, 2009 benannte er sogar seinen Sohn nach dem von ihm gespielten Protagonisten Hayes. Auch "Horizon" war mehrfach am Geld gescheitert. Erneut sah sich Costner gezwungen, das Projekt mit vielen Handlungssträngen aus eigener Tasche zu finanzieren. 40 Millionen Dollar später ist klar: Costners Rechnung ist nicht aufgegangen. Oder um im Western-Jargon zu bleiben: Der 69-Jährige hat aufs falsche Pferd gesetzt.

1863. Die titelgebende Stadt Horizon wird auf Flugblättern als "Das Beste im Westen" beworben, doch als weiße Siedler im San Pedro Valley ankommen, müssen sie feststellen, dass es diese Stadt noch gar nicht gibt. Jeder Versuch ihrer Vorgänger, in dem Apachen-Gebiet neu anzufangen, wurde von den Ureinwohnern brutal niedergemetzelt. Von der Familie Kittredge etwa haben nur Mutter Frances (Sienna Miller) und ihre Tochter überlebt. Dennoch machen sich Siedlungstrupps wie der von Matthew Van Weyden (Luke Wilson) in Scharen auf den Weg in Richtung Horizon. Derweil tötet der Lonesome Cowboy Hayes Ellison (Costner) ein Mitglied der berüchtigten Sykes-Familie, um der Prostituierten Marigold (Abbey Lee) das Leben zu retten. Zusammen mit ihr und einem Kleinkind begibt er sich auf die Flucht vor den Ganoven.

Spektakel über Substanz

Visuell ist "Horizon" durchaus beeindruckend. Costner hat für die Saga auf echte Locations statt auf CGI gesetzt. Die weiten Prärien, majestätischen Berge und authentisch wirkenden Siedlungen verleihen dem Film eine erfrischende Echtheit, die in heutigen Hollywood- und Streaming-Produktionen oft fehlt. Doch leider reichen die schönen Landschaften nicht aus, um einen Film zu tragen, dessen Geschichte so altbacken ist wie der Staub auf den Wegen des Wilden Westens. Was auf dem Papier nach einem vielversprechenden Plot klingt, entpuppt sich auf der Leinwand als zähe und langatmige Erzählung, die weder neue Akzente setzt noch die Zuschauer emotional berührt. Costner ist in die Falle getappt, das visuelle Spektakel über die Substanz zu stellen.

In den USA erlebt das Western-Genre aktuell ein Wiederaufleben in all seinen Facetten. So zählte die Neo-Western-Reihe "Yellowstone" - ebenfalls mit Kevin Costner - zuletzt zu den meistgesehenen Serien, Popstar Beyoncé und Rapper Machine Gun Kelly versuchen sich mit "Cowboy Carter" beziehungsweise "Lonely Road" sogar erstmals in der Countrymusik. Auch der Western-Style ist wieder in Mode, Jeansmarken wie Levi's verzeichnen steigende Verkaufszahlen und Aktienkurse.

Man könnte meinen, dass das Western-Revival ein Symptom der politisch aufgeladenen Lage in den USA ist. Zum dritten Mal in Folge steht das Land vor einer entscheidenden Präsidentschaftswahl. Die Gesellschaft ist zwischen "Woken" und Rechten gespalten, da scheint eine Rückbesinnung auf Heimat, klare moralische Gegensätze und eine vermeintlich "großartige" Vergangenheit für viele attraktiv zu sein. Der Western, mit seiner einfachen Auslegung von Gut gegen Böse, bietet eine Art nostalgischen Eskapismus.

Flop an den Kinokassen

Besonders in so einer Zeit wirkt "Horizon" fast wie ein verzweifelter Versuch, an alte Western-Erfolge anzuknüpfen, ohne dabei die notwendige Modernisierung vorzunehmen. Während andere Werke wie etwa Martin Scorseses "Killers of the Flower Moon" sich ein Beispiel an "Der mit dem Wolf tanzt" nehmen und das Genre neu beleben, bleibt zumindest Teil 1 der Saga stark den Konventionen des klassischen Westerns - "gute Weiße gegen böse Indianer" - verhaftet. Nur ein kleiner Handlungsstrang spielt im Apachen-Dorf. Ansonsten fehlt es an einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und den düsteren Aspekten der westlichen Expansion.

Dank "Yellowstone" konnte Kevin Costner seine zuletzt eingeschlafene Karriere vitalisieren. Mit "Horizon" erleidet er an den Kinokassen nun weltweit eine Schlappe: Mit einem Budget von 100 Millionen Dollar nahm der Streifen bislang nur 32 Millionen Dollar ein und wurde vorzeitig aus dem Programm genommen. Der Release von Teil 2 des Epos - der längst abgedreht ist und im September anlaufen sollte - wurde vorerst auf Eis gelegt. Vorher hofft Costner auf Einnahmen über Streaminganbieter. Ein bitterer Ausgang für den 69-Jährigen, der nach der "Horizon"-Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes noch elf Minuten lang mit Standing Ovations geehrt worden war. Was als episches Western-Abenteuer gedacht war, entpuppt sich als enttäuschende Rückkehr in eine längst vergangene Ära des Kinos.

Quelle: ntv.de

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