Kino

Willkommen in Rob Zombies Haus Laugiers "Ghostland" bereitet Höllenqualen

Nach ihrer Rückkehr ins Haus ihrer Tante entdeckt Beth einen beängstigenden Hilferuf.

Nach ihrer Rückkehr ins Haus ihrer Tante entdeckt Beth einen beängstigenden Hilferuf.

"Frontier(s)", "High Tension" und vor allem Pascal Laugiers "Martyrs" stehen für die "New French Extremity" im Horrorfilmbereich. Exzessive Gewalt machen die Filme berühmt, ihre Regisseure berüchtigt. Mit "Ghostland" legt Laugier nun eindrucksvoll nach.

2008 läuft auf den deutschen Fantasy-Filmfesten "Martyrs" von Pascal Laugier. Es ist die einzige Möglichkeit, den polarisierenden Horrorfilm in Deutschland auf großer Leinwand zu sehen. Außerhalb des Filmfestes schafft Laugiers ultrahartes Werk es nicht in die deutschen Kinos. Ein Hauptgrund: die im Film gezeigte exzessive Gewalt. Sie übertrifft die bis dahin bekannten anderen Filme der "New French Extremity" wie "Inside", "Frontiers" oder "High Tension" noch einmal um einiges – und macht Laugier berühmt und berüchtigt gleichermaßen.

Nach einem Ausflug nach Hollywood ("The Tall Man" mit Jessica Biel) meldet sich der französische Regisseur nun mit "Ghostland" eindrucksvoll hart zurück.

A Bitter Sweet Symphony of Horror

Capelight bringt "Ghostland" in die deutschen Kinos.

Capelight bringt "Ghostland" in die deutschen Kinos.

In "Ghostland" steht das Schwesternpaar Beth (Emilia Jones) und Vera (Taylor Hickson) im Mittelpunkt. Sie ziehen mit ihrer Mutter Pauline (Mylene Farmer) als Teenies in das alte Haus einer gestorbenen Tante. Während die rebellische Vera dem Umzug negativ gegenübersteht, tritt die eher introvertierte Beth der Sache aufgeschlossener entgegen: neues Haus, neue Möglichkeiten, neue Storys, die sie schreiben kann. Denn dem Schreiben gehört ihre Leidenschaft, dem Fantasy- und Horrorautoren H. P. Lovecraft ihre Liebe.

Die erste Idee für eine Geschichte bekommt sie bereits auf der Fahrt zum Haus geliefert, als ein Truck hinter dem Auto der Mutter laut hupend und nah auffahrend auftaucht. Beim Überholen geht das Gehupe weiter. Fast scheint es, als wolle der Lieferwagen, der einem Eiswagen ähnelt, aber Süßigkeiten herumzufahren scheint, das Auto der drei Frauen von der Straße drängen. Auf die Insassen des Dränglers erhascht Beth nur einen kurzen Blick: Es sind zwei, aber mehr kann sie nicht erkennen.

Im Haus angekommen, haben die drei das Vorkommnis von der Fahrt längst vergessen. Vera fühlt sich beim Anblick des heruntergekommenen Hauses, das überdies mit allerlei möglichen Krempel vollgestopft zu sein scheint, in ihrer Abneigung gegen den Umzug bestätigt. Kann es noch schlimmer kommen?

Beth (Emilia Jones) versteckt sich vor den Eindringlingen.

Beth (Emilia Jones) versteckt sich vor den Eindringlingen.

Natürlich! Und jetzt beginnt Laugiers Film richtig - und altbewährt: In der Nacht dringen zwei Einbrecher ins Haus ein. Ein grobschlächtiger Typ, der nur grunzen kann, und ein androgyn erscheinender Mann in Frauenkleidern. Gemeinsam machen sie Jagd auf Beth, Vera und Pauline. Schläge, Tritte, Missbrauch, Vergewaltigung - alles erscheint möglich. Und so beginnt ein Kampf ums nackte Überleben, den am Ende Pauline mit ihren beiden Töchtern gewinnt. Alle drei sind aber gezeichnet fürs Leben.

Was ist Traum, was Realität?

16 Jahre später führt Beth (Crystal Reed; "Teen Wolf", "Skyline") ein völlig normales Leben in der Großstadt. Sie ist glücklich liiert, ihre Horrorgeschichten werden gefeiert. Ab und an hat sie noch Kontakt zu Mutter und Vera (Anastasia Phillips; "Reign", "Skins"), die sie nun finanziell unterstützt. Denn Vera und Pauline leben noch immer in dem Horrorhaus von einst. Vera leidet an schweren psychischen Störungen. Um sich nicht selbst zu verletzen, sperrt sie sich jede Nacht in einer Art selbst gebauter Gummizelle ein, kettet sich fest.

So sieht Todesangst á la Laugier aus.

So sieht Todesangst á la Laugier aus.

Und dann hat sie jeden Morgen neue blaue Flecken. Ein Anruf von Vera schreckt Beth auf. Sie beschließt, ihre Schwester und die Mutter zu besuchen. Eine Reise in die Vergangenheit, in eine Zeit, die Beth glaubte, längst hinter sich gelassen zu haben. Ein tödlicher Fehler, denn als die Familie wieder vereint ist, beginnt der Horror erneut - und die Spirale der Gewalt dreht sich immer schneller, immer intensiver. "Ghostland" strebt seinem Höhepunkt entgegen - und hinterlässt am Ende ein unwohles Gefühl.

Das kennen Laugier-Fans bereits von "Martyrs": Da saß man nach Filmende minutenlang regungslos im Kinosessel oder auf der heimischen Couch und ließ den Streifen mit seinen ultraharten Gewaltszenen auf sich wirken. Oder man rannte während des Films völlig angeekelt raus und aufs Klo, um sich zu übergeben. Beides waren völlig normale Reaktionen.

Direkt, intensiv, schwer verdaulich

Beides sind Reaktionen, die auch "Ghostland" hervorrufen dürfte: Wenn hier Schläge ausgeteilt werden, sieht das der Zuschauer auch Minuten später noch an einem zugeschwollenen, regungslosen Auge. Da, wo andere Filme auf das schnelle Vergessen des Zuschauers setzen, legt "Ghostland" noch einmal den Finger in die blutende, offene Wunde - und dreht ihn noch einmal herum.

Seien es die zehn Jahre, die zwischen den beiden Filmen liegen, oder auch das Abstumpfen so manchen Zuschauers: "Martyrs" war alles in allem gewalttätiger. "Ghostland" ist aber der bessere, weil reifere, verspieltere Film. Er schafft es, die Grenzen zwischen Traum und Realität zu verwischen. Träumt Beth die Rückkehr nach Hause nur, um mit ihrer Vergangenheit abzuschließen? Sind die beiden Einbrecher gar nicht gestorben? Welche Rolle spielt die Mutter? Und was hat es mit der Geschichte auf sich, die Beth als Teenie gehört hat und die von einem Typen handelt, der in Familienhäuser einbricht und die Eltern tötet, um dann mit den Kindern zu leben?

"Ghostland" dürfte wieder polarisieren, denn er ist kein Film, bei dem man nach dem Schauen sofort zur Tagesordnung übergeht. So viel ist sicher. Und diesmal können sich deutlich mehr Menschen ein Bild davon machen als bei "Martyrs" 2008. Der Grund: "Ghostland" startet am 5. April offiziell in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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