Gelungenes Remake des Serienhits "The Fall Guy" bringt den "Colt"-Kult ins Kino
30.04.2024, 15:56 Uhr Artikel anhören
Ryan Gosling spielt Colt Seavers in "The Fall Guy".
(Foto: Universal Studios)
Eine Kultserie kommt ins Kino: David Leitch verfilmt "Ein Colt für alle Fälle" für die große Leinwand. Dank Hauptdarsteller Ryan Gosling punktet die Story um den Stuntman, der Kopf und Kragen für die Liebe riskiert, nicht nur durch bombastische Action, sondern auch viel Herz und Humor.
Junge trifft Mädchen. Junge und Mädchen verlieben sich. Junge stürzt von einem Hochhaus, verletzt sich dabei an Rücken und Ego und ghosted das Mädchen. Junge bereut das bitter und versucht, das Mädchen zurückzugewinnen. So in etwa lautet die Kurzfassung der Liebesgeschichte, die in der Actionkomödie "The Fall Guy" erzählt wird. Doch eigentlich geht es im Remake der 80er-Kultserie "Ein Colt für alle Fälle" nur sekundär um das Happy End für Stuntman Colt Seavers und Jung-Regisseurin Jody Moreno. Die eigentliche Liebesgeschichte, die Regisseur David Leitch ("Fast & Furious", "Deadpool 2") in seinem Film erzählen will, ist nämlich eine ganz andere. Sein Herz schlägt für das ganz große Actionkino mit seinen spektakulären Stuntszenen. Und für die Menschen, die dafür Kopf und Kragen riskieren, aber deren Gesichter und Namen meist niemand kennt: Stuntmänner und Stuntfrauen.
Leitch, selbst ein ehemaliger Stuntman, macht ihnen und ihrer Kunst mit "The Fall Guy" eine 125 Minuten lange Liebeserklärung. Dafür fackelt er im gefühlten 10-Minuten-Takt ein wahres Feuerwerk an wirklich spektakulären Stuntsequenzen ab. Dass die eigentliche Storyline, die in den kurzen Atempausen zwischen explodierenden Motorbooten, perfekt choreografierten Kampfszenen und sich überschlagenden Autos erzählt wird, dann etwas dünn ausfällt, fällt da fast nicht auf.
Worum geht es? Stuntman Colt Seavers (gespielt von Ryan "I'm just Ken" Gosling) hat sich eigentlich aus dem Job zurückgezogen. Doch dann verschwindet Action-Star Tom Ryder (wunderbar schmierig gespielt vom gemunkelten nächsten James-Bond-Darsteller Aaron Taylor-Johnson) spurlos vom Set des Films "Metalstorm" (Reminiszenzen an "Dune" sind hier sicher kein Zufall). Genau mit diesem Streifen will Seavers' Ex Jody Moreno ("Oppenheimer"-Star Emily Blunt) den großen Durchbruch als Regisseurin feiern. Doch ohne Hauptdarsteller wird das schwierig. Zunächst versucht die abgebrühte Produzentin des Films ("Ted Lasso"-Star Hannah Waddingham in Topform) noch, das Verschwinden ihres Stars vor den Medien geheim zu halten. Dann aber heuert sie Colt Seavers an, sich auf die Suche nach Tom Ryder zu machen. Dieser wittert seine Chance, Jody zurückzugewinnen - und riskiert bald nicht nur beruflich Kopf und Kragen.
Colt war Kult in den 80ern
Colt Seavers? Da dämmert einem doch was. Richtig! Wer in den 80er-Jahren Teenie war, der wird jede Woche vor dem Fernseher gesessen haben, wenn im ZDF "Ein Colt für alle Fälle" lief. "The Fall Guy", wie die Actionserie mit Lee Majors als Stuntman im US-Original hieß, war Kult - und Pflichtprogramm, wenn man am Tag darauf auf dem Schulhof mitreden wollte. Da erscheint es fast verwunderlich, dass der Remake-Wahn Hollywoods nicht schon viel früher zugeschlagen hat. Aber ein Glück. Denn so hatte David Leitch, der lange das Stuntdouble von Brad Pitt war, die Chance, seinen ehemaligen Berufskolleginnen und -kollegen endlich die ganz große Bühne zu bieten.
Allerdings macht er aus den Grundlagen der Originalserie dann auch sein ganz eigenes Ding. Fans von einst, die in nostalgischen Erinnerungen schwelgen möchten, werden enttäuscht sein: Vom Original sind nur noch die Namen übrig geblieben. Leitch' Colt ist weder nebenberuflich Kopfgeldjäger, noch schreitet Emily Blunt wie einst Heather Thomas als Original-Jody im Vorspann im knappen Bikini sexy durch eine Schwingtür. Trotzdem dürfen sich die Ex-Teenager der 80er, die jetzt im Kinopublikum sitzen, über die eine oder andere Anspielung auf gute alte TV-Zeiten freuen. Da kommt es auch mal zum Crossover von "Miami Vice" und "Ein Colt für alle Fälle".
Gosling wird Ken nicht ganz los
Überhaupt ist "The Fall Guy" gespickt mit popkulturellen Momenten, die oft sehr, manchmal weniger gelungen sind. In die zweite Rubrik fällt eine Szene, in der Colt seiner Jody zu den Klängen von Taylor Swifts Herzschmerz-Song "All Too Well" hinterhertrauert. Da möchte der Action-Regisseur wohl ein bisschen auf der riesigen Swift-Erfolgswelle mitreiten. Nachvollziehbar. Weniger nachvollziehbar ist allerdings ein Gag über Johnny Depp und Amber Heard, der schlicht geschmacklos ist.
Ryan Gosling trägt den Film mit viel komödiantischem Timing, Mut zum Slapstick und der aus "Barbie" vertrauten selbstironischen "Kenergy". Die Chemie mit Emily Blunt stimmt und die beiden spielen die typischen RomCom-Verwicklungen, die ihre Rollen durchleiden müssen, mit gebührendem Ernst, aber immer auch mit einem Augenzwinkern. Und ohne hier groß spoilern zu wollen: Dass sich Junge und Mädchen am Ende findet, ist in einem Feel-Good-Film wie diesem natürlich völlig vorhersehbar. Aber der Weg ist bekanntlich das Ziel - und dieser Weg, der gepflastert ist mit durch die Luft fliegenden Autos, Booten und Menschen (ein Einhorn tritt auch noch auf, fliegt aber glücklicherweise nicht), macht wirklich viel Spaß. Kleiner Tipp: Wenn die Popcorn-Tüte leer ist, trotzdem unbedingt für den kompletten Abspann sitzen bleiben.
"The Fall Guy" läuft ab sofort in den deutschen Kinos
Quelle: ntv.de