Musik

Muse vertonen die Apokalypse Ein Sound-Feuerwerk für den Weltuntergang

Liefern mal wieder ein Brett ab: Muse.

Liefern mal wieder ein Brett ab: Muse.

(Foto: Nick Fancher / Warner Records )

Zuckende Synthies, brettharte Gitarren und Melodien für die Massen: Mit ihrem neunten Studioalbum "Will Of The People" stellen Muse dem globalen Spaziergang in Richtung Abgrund den passenden Soundtrack zur Seite.

Seit fast 30 Jahren zählen Muse nun schon zu den internationalen Speerspitzen, wenn es um musikalische Metamorphosen geht. Nach beinahe jedem neuen Album zucken Fans des vorangegangenen Studioschaffens verwirrt mit den Schultern, während Neu- und Quereinsteiger jubelnd die Arme in die Luft reißen. Auch im Hochsommer 2022 rücken die Mannen um Drama-Prinz Matthew Bellamy nicht von ihrem eingeschlagenen Achterbahnkurs ab. Musikinteressierte, die sich vor vier Jahren an dupstepschen 80s-Erinnerungen erfreuten, schlackern dieser Tage ganz schön mit den Ohren.

Mal abgesehen vom synthlastigen Dancefloor-Hüpfer "Compliance" scheppern bereits alle Vorboten des neuen Albums mit einer verzerrten Wucht durch die Boxen, was zur Folge hat, dass man sich als Kenner der Band-Historie sofort an die Anfangstage erinnert fühlt. Das mit noisiger Eleganz startende "Won't Stand Down" mutiert irgendwann zu einem Modern-Metal-Ungeheuer. Der impulsive Titeltrack schielt mit einem zwinkernden Auge in Richtung Marilyn Manson. Groovende Industrial-Vibes treffen auf nachhaltige Harmonien.

Griff in die Death-Metal-Schublade

Mit der vierten Single "Kill Or Be Killed" legen Muse noch eine Schippe drauf. Während im Hintergrund die Weltuntergangssirenen heulen, dreht Matthew Bellamy sein extrovertiertes Gitarrenspiel auf links und feuert gnadenlos in alle Richtungen. Kommt es peinlich rüber, wenn eine Band wie Muse irgendwann in die Death-Metal-Schublade greift und wie ein schleppender Sound-Bulldozer alles niederreißt, was sich in den Weg stellt? Nein, ganz im Gegenteil. Die musikalischen Freigeister von der Insel musizieren hier auf einem der höchsten Gipfel ihres Schaffens, völlig losgelöst, offen wie ein Scheunentor und von einer Spielfreude gepackt, die Maßstäbe setzt.

Auch der Rest des Albums präsentiert sich so bunt wie der Bällebadbereich bei Ikea. Zwar rückt die verzerrte Gitarre etwas mehr in den Hintergrund. Aber das ändert nichts am gleichbleibend hohen Energielevel. Abermals spielen Muse all ihre Trümpfe aus. So adelt Matthew Bellamy die Glanztaten von Freddie Mercury mit der pompös inszenierten Queen-Hommage "Liberation". Das hibbelige "Euphoria" macht seinem Titel alle Ehre. Flirrende Gitarreneffekte vereinen sich mit hektischen Einschüben aus der Elektro-Pop-Abteilung.

Zwei Filler für eine kurze Verschnaufpause

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"Ghosts (How Can I Move On)" ist eine sich pathetisch steigernde Piano-Ballade, die auch ohne instrumentellen Bombast große Spuren hinterlässt. Lediglich das müde vor sich hin oszillierende "Verona" und das völlig überladene Sci-Fi-Pop-Spektakel "You Make Me Feel Like It's Halloween" schicken den Hörer für eine kurze Verschnaufpause vor die Tür.

Muse schrammen mit ihrem neunten Studioalbum nur ganz knapp an der eigenen Diskographie-Spitze vorbei. Inhaltlich auf einem globalen Scheiterhaufen tanzend und die Finger in alle derzeit klaffenden Wunden steckend, zündet das Trio ein kunterbuntes Sound-Feuerwerk für den Weltuntergang. Abermals fällt die Band mit der Tür ins Haus. "Will Of The People" ist Futter für die Kritiker, die der Band schon seit Jahrzehnten einen Entwicklungsstopp aufzwingen wollen. Aber Muse machen nun mal, was sie wollen. Gut so.

Quelle: ntv.de

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