"Herbie" Grönemeyer wird 60 Gutmensch, Musikminister, Volkes Stimme
12.04.2016, 12:59 Uhr
Früher war mehr Frisur: Herbert Grönemeyer im Jahr 1982.
(Foto: dpa)
Herbert Grönemeyer ist der wohl polarisierendste Konsensmusiker der Nation. Jeder, der ihn liebt, hat auch etwas an ihm auszusetzen. Aber alle sind sich einig: Ohne Bochums berühmten Sohn wäre der deutsche Entertainmentbereich nur halb so spannend.
Natürlich zeigt sich Herbert Grönemeyer erfreut über die Entwicklung in der Deutschpop-Branche. Sie schießen schließlich wie Pilze aus dem Boden, all die neuen Gesichter. Sie hören auf Namen wie Bosse, Hauer und Joris und klammern sich auf ihrem Weg in den nationalen Pop-Olymp ganz fest an Grönemeyers Erbe. Der kann sich bei aller Begeisterung ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sicher, alle geben sich Mühe. Jeder versucht sein Bestes. Letztlich kann aber noch keiner der Next-Deutschpop-Generation dem Bochumer Genre-Urgestein in puncto Tiefgang und Attitüde auch nur annähernd das Wasser reichen.

Was er anfasst, wird zu Gold (oder Platin): Herbert Grönemeyer 2002 mit der Platin-CD für sein Album "Mensch".
(Foto: dpa)
Wenn Herbert Grönemeyer seine Gedanken und Gefühle mit der Öffentlichkeit teilt, dann spitzt die halbe Republik die Lauscher. Das war schon 1984 so, als er mit seinem Major-Debüt "4630 Bochum" erstmalig vom Gipfel der deutschen Album-Charts grüßte. "Wenn man sich mit meinen Texten auseinandersetzt, erfährt man mehr, als wenn man mir Paparazzi hinterherschickt", so der Sänger. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Grönemeyers lyrische Mixtur aus punktgenauen Fingerzeigen und frei Interpretationsfähigem stellte die hiesige Musiklandschaft einst über Nacht auf den Kopf. Im Verbund mit seiner kehligen, sich oftmals überschlagenden Stimme brannten sich Musik und Texte des Sängers genauso intensiv in die Köpfe der Nation wie die allmorgendlichen Headlines der größten deutschen Tageszeitungen. Der in Musik gegossene Kniefall vor seiner brachliegenden Heimatstadt war aber erst der Anfang. Weitere neun Alben sollten bis zum heutigen Tage noch folgen. Und jedes Einzelne davon erklomm im Handumdrehen die Spitze der Charts.
Fleischgewordenes Licht im Dunkeln
Herbert Grönemeyer ist aber nicht nur der kommerziell erfolgreichste Musiker im deutschsprachigen Raum. Er ist noch viel mehr. Er ist ein Denker und Lenker, ein Soundminister, ein Macher, ein Helfer und ein fleischgewordenes Licht im Dunkeln. Sich seiner Sogwirkung auf die Massen mittlerweile bewusst, nutzt er seinen Status als Stimme des Volkes immer wieder, um Menschen zur Seite zu stehen, denen die Sonnenseite des Lebens bisher verwehrt blieb.
Der Tausendsassa hat das Herz am rechten Fleck. So einfach? Mitnichten. Gängige Charity-Häkchen macht Herbert Grönemeyer eher selten. Wenn er etwas anpackt, dann will er auch mittendrin sein statt nur dabei. Man denke nur an das "Band für Afrika"-Projekt aus dem Jahr 1985, sein Träger-Schaffen innerhalb der Kampagne "Deine Stimme gegen Armut" oder die vielen aktuellen Integrationsinitiativen, die eng mit dem Namen Herbert Grönemeyer verknüpft sind. Erst vor wenigen Wochen stellte er vor der Berliner Lageso-Sammelstelle zwei großzügig ausgestattete Wärmebusse für Flüchtlinge zur Verfügung.
Abschied und Verlust
Herbert Grönemeyer weiß nur zu gut, wie es sich anfühlt, wenn einem Gefühle wie Liebe, Geborgenheit und Sicherheit urplötzlich unter den Füßen weggerissen werden. Es war im November 1998, als sich der Sänger innerhalb von fünf Tagen von zwei geliebten Vertrauten verabschieden musste. Sein Bruder Wilhelm und seine Frau Anna: beide verloren den Kampf gegen den Krebs. Seitdem hat der Vater zweier mittlerweile erwachsener Kinder ein höchst sensibilisiertes Gespür für Emotionen wie Ohnmacht, Trauer, Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Als Musiker, Schauspieler, Produzent und Label-Eigentümer mimt Grönemeyer nun schon seit Jahrzehnten den ultimativen Workaholic. Als umsorgender Vater und wieder glücklich Verliebter schwingt er das Familienzepter. Und als Pendler zwischen Berlin, London und überall präsentiert er sich als den neugierigen Globetrotter, der eigentlich schon alles und jeden kennt, aber dennoch nicht genug bekommt. 60 Jahre auf der Erde, davon stolze 40 auf der Bühne: So tickt der Herbert nun mal. Ein Phänomen. Auf die nächsten 60!
Quelle: ntv.de