Musik

Der ewige Rebel YellSolange Billy Idol rocken kann, ist alles okay

30.11.2025, 10:02 Uhr
imageVon Ingo Scheel
wiloka-Open-Air-Concert-BILLY-IDOL-02-07
Punk der ersten Stunde: Bily Idol. (Foto: picture alliance / rscp-photo)

Mit Generation X gehört Billy Idol zur ersten Punk-Welle in Großbritannien, später zieht es ihn in die Staaten. Mit Gassenhauern wie "Rebel Yell" wird er zum Superstar, bis heute ist er erfolgreich auf Tour. Jetzt wird er 70.

Was mag William Broad wohl denken, wenn er von Yungblud und dessen Plänen liest, sich auf Anraten seiner Ärzte eine Weile auszuruhen? Vielleicht so etwas wie "Wir waren früher härter drauf"? Oder doch eher: "Gut so, Junge, wenn dir dein Leben lieb ist, machst du erstmal halblang."

Bei William Broad klingelt es vielleicht nicht sofort. Sein Künstlername Billy Idol ist definitiv geläufiger. Und wer sich heute Yungblud, diesen 28-jährigen Springinsfeld aus dem englischen Doncaster auf der Bühne anschaut, kommt um Vergleiche einfach nicht herum: die dicke Lippe, der Kajalstift, die Klamotten, die für einen echten Punk immer ein bisschen zu stylish aussehen, dazu seine Musik, perfekt austariert zwischen Heavyness und Hitlastigkeit - Yungblud erscheint wie ein Wiedergänger Idols. Ein neues Idol in nicht ganz so neuen Koordinaten, bis hin zum sich verausgabenden Tanz auf der Rasierklinge, dem die Ärzte jetzt erst einmal ein Ende setzten.

Ob der junge Billy Idol auf solch einen Rat gehört hätte? Eher nicht. Der Mann aus Stanmore, im Nordwesten Londons, der am 30. November 1955 geboren wurde und nun seinen 70. Geburtstag feiert, hat schon früh Hummeln im Hintern, die sich nicht so bald beruhigen sollten.

Bock aufs Berühmtsein

Mitte der 70er sieht es finster aus in London, die Arbeitslosigkeit ist immens, der öffentliche Dienst streikt, in den Straßen türmt sich der Müll. Der perfekte Nährboden für eine Revolte, in Großbritannien ist sie musikalischer Natur. Bands wie The Damned, The Clash und natürlich die Sex Pistols machen dem etwas in die Jahre gekommenen Rock'n'Roll Feuer unterm Hintern. Mit seinen Kumpels vom Bromley Contingent, einer Clique, zu der auch die spätere Gothic-Queen Siouxsie gehört, ist Billy Idol, wie er sich fortan nennt, bei den ersten Pistols-Gigs ganz vorn dabei. Es dauert nicht lange und er gründet seine eigene Band: Generation X.

Als deren selbstbetiteltes Debüt im März 1978 erscheint, sind die Sex Pistols bereits wieder Geschichte, Punk mutiert zu New Wave. Gen X, wie sie sich später nennen, landen noch eine Handvoll Single-Hits. Für echte Punks sind sie fast ein bisschen zu hübsch, ihr Gitarrist Bob Andrews zu gut für schlichtes Akkorde-Schrubben, überhaupt scheinen sie mehr am Phänomen als an seinen Botschaften interessiert zu sein.

Billy Idol auf RTL+ Musik

Auf der Suche nach Musik von Billy Idol? Songs, Alben und Infos von ihm gibt es auf RTL+ Musik.

Billy-Idol-performs-on-stage-at-the-iHeart80s-Party-held-at-The-Forum-on-Saturday-Feb-20-2016-in-Inglewood-Calif

(Foto: FIELD IS MISSING!!!)

Songs wie "Wild Youth" oder "One Hundred Punks" sind weniger Soundtrack einer Revolution als vielmehr zeitgenössische Beobachtungen von außen. Es ist zudem weniger der Anarchismus als vielmehr der veritable Bock aufs Berühmtsein, der sie antreibt. Ein zweites Album folgt, anschließend implodiert die Band. Tony James genießt in der Folge mit Sigue Sigue Sputnik noch ein Viertelstündchen Ruhm.

Aufbruch in die USA

Billy Idol jedoch zieht es in die Staaten. Kaum Geld, aber große Träume. Du hast keine Chance, also nutze sie. Für Idol wendet sich das Blatt, als er eines Abends die Disco "Haraz" auf der New Yorker West Side betritt. "Plötzlich leert sich der Tresen und alles stürmt auf die Tanzfläche", erinnert sich Idol in einem Stern-Interview an diesen schicksalsträchtigen Abend. "Da lief 'Dancing With Myself' und die Leute drehten durch. Mit Gen X war der Song in England gefloppt, hier ging man darauf steil. Da wusste ich plötzlich, wofür ich als Billy Idol stehen würde - dieser tanzbare Rocksound, das war genau mein Ding."

Genau sein Ding, in der Tat. Zusammen mit Schlagzeuger und Produzent Keith Forsey, der in Deutschland zuvor für Lindenberg und mehrere Dutzend Schlagerstars getrommelt hatte, perfektioniert er seinen Sound. Riffs aus der Pop-Punk-Schatulle, dicke Beats, Melodien, die sich sofort ins Ohr drehen, vorgetragen von Billy Idol, sein Markenzeichen die hochgezogene Lippe, die Lederklamotten, die stacheligen Haare.

Als etwa zur selben Zeit MTV auf Sendung geht, ist dies eine Liebeshochzeit: Der Videosender hat seinen ersten Superstar, die Clips zu "White Wedding", "Rebel Yell" oder "Flesh For Fantasy" sind der perfekte Stoff für die next Generation.

Vierfacher Opa

Die 80er gehören ihm, 1990 dann der Bruch. Idol hat einen schweren Motorradunfall und kommt nur knapp mit dem Leben davon. "Das war ein Weckruf", erinnert er sich. "Ich musste Ruhe finden, um von den Drogen wegzukommen. Im Krankenhaus gaben sie mir Morphium und ich dachte, hey, so gut wird es nie wieder werden. Also habe ich es ganz sein lassen."

Eine lebenserhaltende Entscheidung, auch wenn es mit dem Comeback noch eine ganze Weile dauert. Seine Hits laufen zwar noch im Radio, seine sporadischen Shows jedoch sind oft spärlich besucht. Kaum einer gibt einen Pfifferling auf ihn, bis 2001 eine Greatest-Hits-Sammlung erscheint, die sich über eine Million Mal verkauft. Für Idol der Auftakt zur zweiten Karriere, mit "Devil's Playground" erscheint kurz darauf ein solides neues Album, Mitte der Nuller steht er bei Rock am Ring und Rock im Park auf der Bühne. Billy's back - wiedergekommen, um zu bleiben.

Heute genießt Billy Idol alias William Broad seine Rolle als vierfacher Opa, es gibt nichts Schöneres, so sagt er. Außer natürlich den Rock'n'Roll, denn dem ist Idol nach wie vor treu. Erst im April ist mit "Dream Into It" ein neues Album erschienen, damals wie heute ist Gitarrist Steve Stevens an seiner Seite.

Yungblud mag sich also eine Pause gönnen, Billy Idol zieht weiter seine Kreise, auch nach dem 70. Geburtstag, so viel ist sicher. Wie lange das geht? Idol sieht es mit der Gelassenheit eines Grandseigneurs: "Was die Zukunft betrifft, schaue ich einfach nach vorn. Solange ich rocken kann, ist für mich alles okay."

Quelle: ntv.de

PunkRockmusikMusik