Interview im Knasturlaub Menowin: Es musste alles so kommen
21.12.2011, 10:27 Uhr
Würde mit seiner Weihnachtsballade gern "Last Christmas" ablösen: Menowin.
(Foto: APN)
Er kann seine alten Fehler nicht ungeschehen machen - aber er kann versuchen, ab jetzt alles besser zu machen. Seine neue Single "Waiting For Christmas" ist schon mal kein so schlechter Anfang. n-tv.de spricht mit dem Ex-DSDS-Kandidaten in seinem Hafturlaub. Menowin Fröhlich verrät, was er sich am meisten wünscht und was er mittlerweile von DSDS hält.
n-tv.de: Eh ich's vergesse, du sollst bitte deinen Cousin (Anm. d. Red.: Sido) anrufen!
Menowin: Ehrlich?
Ja, den habe ich heute Vormittag interviewt, und da haben wir kurz über dich gesprochen. Er würde gerne mit dir essen gehen heute Abend.
Ja, cool, das mache ich, wir haben eine Weile nichts voneinander gehört.
Gut, dann gleich mal vorneweg: Wie fühlt sich die Freiheit an?
Mhh, tja, ...
Oder bist du noch gar nicht so richtig frei?
Ja, genau, so richtig frei bin ich noch nicht, das ist jetzt ja nur ein Freigang. Der letzte allerdings, bevor es endlich ganz raus geht. Ja, und natürlich ist es toll, wenn man sich dem Knastalltag mal entziehen kann, um sich dann aufs Wesentliche zu konzentrieren.
Und wie lange ist so ein Knasturlaub?
Unterschiedlich. Für den Video-Dreh hatte ich zwei Tage, jetzt für meine Promotion-Arbeit habe ich zum Beispiel drei Tage bekommen.
Und ist jetzt jemand dabei, der ständig auf dich aufpasst und nicht aus den Augen lässt?
Nein, ich bin ja nicht Lindsay Lohan mit Fußfessel. Um Gottes Willen, nein, ich bin jetzt kurz vor meiner Entlassung, und da ist es Vorschrift, dass der Gefangene - drei Monate vor der Entlassung und bei guter Führung - vollzugsöffnende Maßnahmen erhält, um sich auf das Leben danach wieder vorzubereiten. Das dient der Resozialisierung.
Und du hast dich also gut geführt?
Richtig!
Was ist das Schlimmste für dich am Gefängnis?
Dass man in jeder Hinsicht eingeschränkt ist, das ist schlimm. Man hat keine Bewegungsfreiheit, damit meine ich, dass man zum Beispiel niemanden besuchen kann, um mal etwas zu besprechen oder so. Auch, dass ich meine Kinder nicht in den Arm nehmen kann, ist furchtbar. Das Gefühl, die Tür nicht aufmachen zu können, ist schon sehr befremdlich am Anfang. Auch das Musik machen ist natürlich sehr eingeschränkt. Man stellt sich dann etwas vor, aber man kommt nicht weiter, weil man ganz simpel eben eingesperrt ist. Ich versuche aber, allem etwas Positives abzugewinnen, und deswegen nehme ich auch all das Gute, was mir hier draußen gerade passiert, mit rein, und das hilft mir dann, wenn ich mal einen schlechten Tag habe.
Dann leg' ich mich auf mein Bett, mach' die Augen zu und erinnere mich an das, was ich da draußen habe und was mich erwartet, wenn ich ja nun wirklich bald rauskomme. Das gibt mir Kraft.
Und umgekehrt - was nimmst du mit raus?
Mit raus nehme ich so einiges, ich hatte ja genug Zeit zum Nachdenken. Und ich will da klein anfangen, große Veränderungen kann ich eh nicht sofort bewirken, ich will klein anfangen. Ich will unbedingt in meinem Job erfolgreich werden, ich möchte natürlich anerkannt werden.
Für mich war es jetzt einfach wichtig, an dieser Situation zu reifen und endlich mal erwachsen zu werden. Ich habe mir vorgenommen, die Entscheidungen, die ich treffe, ich Zukunft genau zu überlegen, denn gerade im Musikbusiness muss man ja extrem diszipliniert an alles herangehen. Da muss man echt die Zähne zusammenbeißen - das ist so eine Eigenschaft, die ich in der Vergangenheit nicht hatte. Da habe ich also angesetzt.
Und - ich hab' mich im Gefängnis sofort am Sportprogramm beteiligt, ...
... und mal eben neun Kilo abgenommen ...
... ja, das bringt der Alltag da so mit sich. Und ich hab die Ernährung umgestellt. Der innere Schweinhund hat sich echt jeden Tag gemeldet, aber ich hab ihn überwunden, und das macht mich schon ein bisschen stolz. Ich habe da Ausdauer- und Kraftsport gemacht, obwohl ich wirklich nicht so der Jogger bin, das hätte ich mir nie zugetraut. Tja, aber so bin ich da meine Runden auf dem Hof gerannt. (lacht)
Jetzt sagst du, du bist gereift und hast viel gelernt, du bist jetzt 24, machst du dir da nicht vielleicht zu viel Druck? Du wirst ja nicht perfekt sein, wenn du den Knast verlässt.
Das ist richtig, niemand ist perfekt, aber ich seh' das gar nicht so als Druck, sondern viel eher so, dass ich froh bin, dass ich jetzt so weit bin, dass ich endlich mal was verstanden habe. Ich habe ja schon mal eine große Verantwortung als Vater. Ich hab' drei Kinder (4, 3, und 2 Jahre alt), und egal, wie alt ich bin - als Vater muss ich eine gewisse Reife und Verantwortung zeigen. Ich bin froh, dass ich das jetzt erkannt habe! Ich will das unbedingt beibehalten.
Bereust du die letzten Jahre? Oder nimmst du es als Warnschuss?
Ja, ich glaube, es musste alles so kommen. Ich hatte keinen so tollen Start ins Leben, und vielleicht musste ich durch diese ganzen Höhen und Tiefen gehen, um zu erkennen, wo mein Weg hinführen soll.
Und jetzt willst du für deine Kinder alles anders machen, damit sie eine bessere Kindheit haben als du?
Richtig, ich würde meine Kinder gern davor bewahren, dieselben Dummheiten zu machen wie ich. Als Eltern muss man seinen Kindern vorleben, was richtig ist im Leben. Ich baue meine Musikkarriere jetzt nicht nur für mich auf, sondern vor allem, weil ich denen eine gesicherte Zukunft bieten will.
Dein Video geht ja jetzt in Richtung "Friede Freude Eierkuchen" - ein Ralph-Lauren-Werbespot könnte kaum schöner und gesitteter und gestylter sein. Nettes Haus, schicke Klamotten - soll das jetzt deinen Sinneswandel ausdrücken oder ist das einfach nur wegen Weihnachten?
Ich will mit dem Video zu "Waiting For Christmas" schon eine Botschaft senden. Das Gefängnis-Tor geht auf, ich fahre mit dem Bus nach Hause, ich warte auf Weihnachten, und die Kinder kommen auf mich zugerannt, eine Familie sitzt um den Tisch herum - so stell ich mir das vor. (lacht) Naja, vielleicht nicht ganz so schick, ein Haus mit Freitreppe habe ich ja noch nicht, aber festlich wird es schon.
Wie geht's denn nach Weihnachten weiter mit der Musik?
Im Januar will ich eine Single rausbringen, das wird eine Dance-Nummer werden, und dann werde ich natürlich an meinem Album feilen. Ich werde versuchen, selbst Songs zu schreiben, ich werde nach guten Produzenten Ausschau halten, und wenn das alles steht, dann werde ich mich darum kümmern, eine super Show für die Tour zusammen zu stellen. Da kommt wohl ziemlich viel Arbeit auf mich zu ...
Kommen wir nochmal zurück auf deinen Cousin Sido - wollt ihr wirklich was zusammen machen, auch wenn ihr total unterschiedliche Musikstile habt? Sido sagt, Hip Hop habe so eine schlechten Ruf und findet gleichzeitig, dass die Musik, die du machst, keinen schlechten Ruf hat. Wie wollt ihr zusammenkommen?
Dann setzen wir das zusammen und versuchen, möglichst voneinander zu profitieren, würde ich sagen. Sido ist ja total gut darin, eine Message zu verfassen, und ich liefer' dann den Sound dazu. Also, er rappt, und ich singe. Und dann kann das ja bei total vielen ankommen. Das wäre meiner Ansicht nach eine geile Mischung, denn das macht einen Künstler ja aus, sich auch mal zu verändern.
Hast du noch Kontakt zu deinen Ex-Kollegen von DSDS? Und wenn nicht, hättest du gerne?
Also, ich würde gerne den ganzen Kinderkram, der da rund um die Show abgelaufen ist, abhaken. Und wenn ich Mehrzat (Anm. d. Red.: Mehrzat Marashi, der Gewinner der Staffel, der erst Freund und dann Feind war, obwohl beide immer wieder beteuern, dass alles in Ordnung ist/war) jetzt sehen würde, dann würde ich natürlich zu ihm gehen und ihm die Hand schütteln. Wir sind zwei erwachsene Männer, die ganz normal miteinander umgehen können.
Und wie stehst du zu "Deutschland sucht den Superstar" heute?
Ich würde das als eine Hürde bezeichnen in meinem Leben. Das musste ich erstmal überstehen. Am Anfang ist es tatsächlich so, dass man da hingeht und einfach nur Musik machen will, aber im Laufe der Zeit versteht man, wie das alles läuft, und da können dir Hundert andere vorher Tipps gegeben haben, du weißt nicht, was wirklich auf dich zukommt, glaub' mir. Du musst funktionieren. Ich war schon an der einen oder anderen Stelle irritiert, wenn die "Bild"-Zeitung zum Beispiel eine Schlagzeile gebracht hat, die negativ war. Da auf der Bühne zu funktionieren ist nicht so einfach. Da ging es um meine Kinder und wie ich sie angeblich behandele, und da möchte man sich eigentlich nur verstecken, aber nicht auf eine Bühne.
Glaubst du denn, dass du als Künstler für das verantwortlich bist, was du singst? Und auch für das, was du tust?
Ja, gute Frage, aber ich denke schon, na klar. Ich möchte mit meinen Texten schon Messages an Leute bringen, ich will aber lieber aus meinem Leben erzählen und davon, wie man es vielleicht besser machen kann.
Was ist dein nächstes Ziel?
Ich will jetzt erstmal so gut Englisch lernen, dass ich alleine Texte schreiben kann. Bisher muss ich immer alles übersetzen lassen, was ich getextet habe.
Und was ist mit deutschen Texten?
Weiß nicht, das ist nicht die Richtung, die ich einschlagen will. Mal so als Projekt, gerne, aber grundsätzlich seh' ich mich nicht als Sänger mit deutschen Texten. Zusammen mit anderen Künstlern wäre das natürlich toll. Wenn ich länger darüber nachdenke, doch, ja, dann möchte ich da mal was machen, und ich weiß auch schon mit wem: Rappen mit Sido und Kool Savas, singen würde ich am liebsten mit Joy Denalane und Yvonne Catterfeld, die haben geile Stimmen.
Mit Menowin Fröhlich sprach Sabine Oelmann
Das Interview mit Sido folgt am 28.12., zum Filmstart von "Blutsbrüdas".
In "Waiting for Christmas" reinhören
Quelle: ntv.de