Warcraft auf Bundesliganiveau E-Sport nichts für "U16"
23.02.2008, 14:58 UhrIhr Sportgerät sind Tastatur und Computer-Maus, ihre Disziplinen heißen Counter-Strike und Warcraft: Die sechs Mannschaften der Bundesliga für Computerspiele sind am Freitagabend in Frankfurt in ihre zwölfte Saison gestartet. Selbstbewusst bezeichnen sich Spieler wie der Frankfurter Tim Hochgrebe als E-Sportler. "Auch hier geht es um Teamgeist, Taktik und Sekunden", sagte der 24-Jährige. 1200 Fans sorgten im Kongresszentrum für eine Atmosphäre wie im Stadion. Mitjubeln durften wegen der Altersfreigabe der umstrittenen Spiele Counter-Strike und Warcraft allerdings nur Zuschauer über 16 Jahre.
Die drei Dutzend Bundesliga-Spieler stehen an der Spitze. Darunter tummeln sich in zahlreichen Klassen 780.000 Amateure, die im Schnitt 20 Jahre alt sind. Das ist ein großer Markt, weshalb es bei den Profis der Electronic Sports League (ESL) auch um Geld, Sponsoren und Fanartikel geht: Der Veranstalter, die Kölner Turtle-Entertainment GmbH, tourt in zehn Bundesliga-Spieltagen durch die Republik. Beim Finale in Köln werden im Juni 170.000 Euro Preisgeld ausgeschüttet. Hochgrebe finanziert heute sein Studium als Profispieler. Eine Computerfirma aus Gießen unterhält eine eigene Werksmannschaft.
Umstrittene Inhalte
"Es gibt Vereine, Stars und Fans wie in der Fußball-Bundesliga", warb ESL-Sprecher Ibrahim Mazari zum Saisonstart. Im Kongresszentrum saßen die fünf Spieler jeder Mannschaft im Trikot an den Computern auf der Bühne. Die Zuschauer verfolgten den Verlauf über vier Stunden auf einer Großleinwand. Reporter kommentierten live im Internet. Selbst die meist inhaltsleeren Interviews direkt nach Spielende hat sich die Computerliga vom Fußball abgeschaut.
Doch der Veranstalter weiß, seine Disziplinen sind umstrittener als Fußball. Das Spiel Counter-Strike ist nach den Amok-Läufen von Erfurt und Emsdetten in die Diskussion geraten. Bei ihm feuern die Spieler aus dem Blickwinkel eines Schützen. Warcraft gilt Kritikern als Suchtgefahr im Kinderzimmer. "Wir nehmen den Jugendschutz ernst", sagte Mazari. Das Problem seien aber echte Schusswaffen und nicht Spiele. E-Sportler seien sportinteressierte und gesellige Menschen.
Tastatur statt Schläger
Als Antwort auf das Klischee vom sonderbaren Computerspieler gelten der Liga ernsthafte Profis wie Hochgrebe. Der Student war aktiver Hockey-Spieler. Mit Counter-Strike begann er erst vor einigen Jahren. Heute trainiert er mit seiner ESL-Mannschaft bis zu fünf Stunden am Tag. Wie andere Sportler eigene Schuhe oder Schläger haben, tritt beim Computerspiel jeder Profi mit seiner persönlichen Tastatur an.
Die Liga setzt sich dafür ein, dass der Kampf an der Tastatur wie in Südkorea offiziell als Sport anerkannt wird. Bei den Schattenseiten des wahren Sports haben die E-Sportler schon gleichgezogen. Als schwerstes Foul gilt das Installieren verbotener Hilfsprogramme. Vergangene Saison wurde ein Spieler erwischt und wegen "Dopings" zwei Jahre gesperrt.
Von Frank van Bebber, dpa
Quelle: ntv.de