Panorama

Prozess um Tod von Jonny K. Ankläger fordert Haftstrafen

Zwei der Angeklagten verdecken vor Gericht ihre Gesichter.

Zwei der Angeklagten verdecken vor Gericht ihre Gesichter.

(Foto: dpa)

Bundesweit sorgte der Überfall auf den Berliner Jonny K. für Schlagzeilen. Wer für die tödlichen Tritte verantwortlich war, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Im Plädoyer fordert die Staatsanwaltschaft nun zwischen zweieinhalb und fünfeinhalb Jahren Haft für die Täter. Die Verteidigung setzt auf Bewährungsstrafen.

Im Prozess um die tödliche Prügelattacke auf Jonny K. hat die Staatsanwaltschaft Haftstrafen zwischen zweieinhalb und fünfeinhalb Jahren für die sechs Angeklagten gefordert. In seinem Plädoyer vor dem Berliner Landgericht bezeichnete Oberstaatsanwalt Michael von Hagen den 20-jährigen Onur U. als Haupttäter. Dieser habe Jonny K. den ersten Schlag versetzt und sei damit "Auslöser und Verursacher" für die Gewalttat gewesen. Die Tat sei völlig grundlos gewesen. Das Urteil soll am Donnerstag fallen.

Tina, die Schwester von Jonny K., macht sich seit dem Vorfall für das Gedenken an ihren Bruder stark.

Tina, die Schwester von Jonny K., macht sich seit dem Vorfall für das Gedenken an ihren Bruder stark.

(Foto: dpa)

Der 20-jährige Jonny K. war im Oktober vergangenen Jahres unweit des Alexanderplatzes in Berlin-Mitte durch Tritte gegen den Kopf so schwer verletzt worden, dass er an den Folgen starb. Sein Freund Gerhard C. erlitt Brüche des Jochbeins, des Augenhöhlenbodens und der Handwurzel. Von Hagen sprach von einem "Gewaltexzess" bei der Tat, die damals bundesweit Entsetzen ausgelöst hatte. Jonny K. hatte einem Freund zur Hilfe eilen wollen, als dieser von der Gruppe um Onur U. angegriffen worden war.

Welcher der sechs Angeklagten im Alter zwischen 19 und 25 Jahren für die tödlichen Tritte gegen Jonny K. verantwortlich war, habe das Gericht nicht "lückenlos aufklären" können, räumte von Hagen nun in seinem Plädoyer ein. Zudem habe nicht eindeutig geklärt werden können, ob die tödlichen Gehirnblutungen durch den Sturz auf den Boden oder Tritte gegen den Kopf ausgelöst wurden. Die "entscheidenden Umstände der Tat" seien aber "ausreichend aufgeklärt" worden.

Vorverurteilung in der Medienberichterstattung

Für Onur U. als mutmaßlichem Haupttäter forderte die Staatsanwaltschaft eine fünfeinhalbjährige Jugendstrafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die anderen Angeklagten sollen nach dem Willen der Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei zu Haftstrafen zwischen zweieinhalb und drei Jahren verurteilt werden. Von Hagen betonte, alle Angeklagten hätten sich strafbar gemacht. Die Angeklagten hatten zwar Schläge und Tritte gegen Jonny K. eingestanden, aber keine Verantwortung für seinen Tod übernommen.

Zu Lasten der Angeklagten wertete die Staatsanwaltschaft, dass die Prügelattacke am Alexanderplatz an einem "öffentlichen Ort" stattgefunden habe, was zu einer "Verunsicherung in der Bevölkerung" geführt habe. Zugute hielt von Hagen den jungen Männern, dass sie sich zum Teil gestellt hätten und dass in der intensiven Medienberichterstattung eine Vorverurteilung stattgefunden habe.

Laut Plädoyer von Verteidiger Axel Weimann ist eine Schuld von Onur U. in Bezug auf Jonnys Tod nicht nachzuweisen. Sollte das Gericht dennoch zu einem anderen Schluss kommen, sei aus einer Sicht nur eine Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren denkbar. Wegen der Prügel gegen Jonnys Freund beantragte der Verteidiger eine Strafe, die auf Bewährung auszusetzen sei. Onur U. hatte eigenen Angaben zufolge Jonny K. nicht geschlagen, sondern dessen Freund. Die Verteidiger der anderen Angeklagten plädierten ebenfalls auf Bewährungsstrafen für ihre Mandanten.

Verhalten nach der Tat "feige und ohne Ehre"

Am Rande des Prozesses sagte Weimann zudem, dass "keine Verlässlichkeit in den Aussagen des Hauptzeugen" bestehe. Gerhard C., der wichtigste Zeuge im Verfahren, hatte zunächst keine eindeutigen Aussagen gemacht, im Verlauf des Prozesses den einzelnen Angeklagten jedoch spezifische Handlungen zugeordnet. Weimann kritisierte C.s Aussage als "zu wechselhaft".

Der Anwalt von Jonny K.s Familie machte alle Angeklagten verantwortlich. Das Verhalten nach der Tat "war feige und ohne Ehre", sagte Jörg Rehmsmeier. Die jungen Männer hatten sich nicht gekannt. Sie waren nach Feiern in Lokalen am Alexanderplatz zufällig aufeinandergetroffen.

Auch Nebenkläger Roland Weber betonte, egal, wie das Urteil ausfalle, alle seien an einem ungeheuerlichen Geschehen beteiligt. "Ein junger Mann wird einfach so totgeschlagen, in der Öffentlichkeit und aus völlig banalem Anlass", begründete Weber die enorme Anteilnahme. Viele haben sich gefragt, ob der Alexanderplatz ein Hort des Verbrechens sei.

In ihren Schlussworten bedauerten die sechs jungen Männer die Tat. Onur U. sprach der Familie von Jonny K. sein Beileid aus. "Ich bin mir bewusst, dass ich Verantwortung dafür trage, was passiert ist", sagte er. Er bestritt aber erneut, Jonny K. überhaupt geschlagen zu haben. Das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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