Panorama

Signal übersehen? Aufprall kilometerweit zu hören

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(Foto: dapd)

Nach dem Aufprall der Züge sind viele Fahrgäste im vorderen Zugteil sofort tot. Unklar ist zunächst, warum der Güterzug und die entgegenkommende Regionalbahn zusammenkrachten. Ein mögliches Problem: Nebel behindert in der Nacht die Sicht.

Bei einem der schwersten Zugunglücke der vergangenen Jahre in Deutschland sind in Sachsen-Anhalt mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Auf eingleisiger Strecke stießen in der Nacht zum Sonntag in Hordorf in der Magdeburger Börde ein Regionalexpress und ein Güterzug frontal zusammen. Die Polizei bezifferte die Zahl der Verletzten auf insgesamt 23, einige schwebten noch in Lebensgefahr. Im Zug saßen viele junge Leute, die vermutlich eine Diskothek in Halberstadt besuchen wollten.

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(Foto: AP)

Über die Unglücksursache herrschte Rätselraten. Eine technische Ursache wurde ebenso wenig ausgeschlossen wie ein Fehler eines Zugführers. Geprüft wurde, ob einer der beiden ein Haltesignal übersah. Der Personenzug war planmäßig auf der Fahrt von Magdeburg nach Halberstadt, als es gegen 22.30 Uhr zu dem Unglück kam. Der mit Kalk beladene Güterzug mit rund 35 Waggons war für die Salzgitter AG aus Peine unterwegs.

Die Identifizierung der Toten war äußerst schwierig, weil viele Passagiere keine Ausweispapiere dabei hatten. Unter den Toten sollen der Zugführer und eine Zugbegleiterin des Regionalzugs sein. Am Mittag waren erst zwei der zehn Todesopfer identifiziert.

Der Aufprall war so gewaltig, dass der Zug des Harz-Elbe-Express (HEX) von der Schiene geschleudert wurde. Der Triebwagen wurde völlig zerstört. Viele Passagiere, die im vorderen Zugteil saßen, waren auf der Stelle tot. Als die Rettungskräfte bei heftigen Minusgraden und dichtem Nebel am Ort der Katastrophe eintrafen, bot sich ihnen Bild des Grauens. Neben den Zugtrümmern lagen Leichenteile, während der Güterzug still auf dem Gleis stand. Dessen Lokführer erlitt einen Schock, seine Verletzungen waren aber nicht lebensbedrohlich. Zum Unfallhergang konnte er sich zunächst nicht äußern.

Personenzug hatte Grüne

Zum Unglückszeitpunkt leuchtete das Signallicht für den Personenzug auf Grün, der also womöglich Vorfahrt hatte. "Das ist vordergründig, so zu interpretieren", sagte Krüger. Wegen der eisigen Minusgrade könne die Signalanlage allerdings auch defekt gewesen sein. Auch tagsüber erschwerte das schlechte Wetter den Einsatz der Rettungskräfte. Um Beweismaterial zu sichern und endgültige Klarheit über weitere Opfer unter den Trümmern zu bekommen, versuchte das Technische Hilfswerk, den auf der Seite liegenden Zug aufzurichten.

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(Foto: dapd)

Die Ermittler rechnen mit einer langwierigen Klärung der Unglücksursache. "Untersuchungen laufen - zu den Signalschaltungen, zur Technik der Züge", sagte der Einsatzleiter der Bundespolizei, Ralph Krüger. Die Auswertung werde Stunden bis Tage in Anspruch nehmen. Auch die Fahrtenschreiber der Züge sollen analysiert werden. Die Rolle der Witterungsverhältnisse wird ebenso untersucht.

Ministerpräsident Böhm vor Ort

Am Sonntagvormittag stand den mehr als 100 Einsatzkräften der Schock noch ins Gesicht geschrieben. "Das geht mir unter die Haut", sagte auch Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU), der sich vor Ort einen Überblick verschaffte. Danach machte er sich auf in umliegende Krankenhäuser, um mit Verletzten zu sprechen. Die Verletzten wurden nach Wernigerode, Magdeburg, Haldensleben, Halberstadt und Neindorf gebracht, berichtete der Leiter des Polizeireviers Börde, Armin Friedrichs.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Angehörigen der Opfer ihr tiefes Mitgefühl aus. "Mit Bestürzung habe ich von dem schweren Zugunglück in Hordorf erfahren. Meine Gedanken sind bei den trauernden Familien der Opfer." Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso äußerte sich "tief bestürzt", ebenso Bahnchef Rüdiger Grube. "Ein solches Unglück erschüttert alle Eisenbahner." Das Mitgefühl gelte den Angehörigen und den Verletzten, erklärte auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).

Quelle: ntv.de, Dörthe Hein und Thomas Struk, dpa

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