Tote nach Dauerregen in Rumänien Bayern und Sachsen rüsten sich fürs Hochwasser
14.09.2024, 08:46 Uhr Artikel anhören
Einsatzkräfte im tschechischen Budejovice versuchen, mit Sandsäcken das Hochwasser aufzuhalten.
(Foto: IMAGO/CTK Photo)
Die Sorge ist groß. Heftige Überschwemmungen kosten vier Menschen in Rumänien das Leben. In Tschechien kommt es zu Stromausfällen, in Polen werden mehrere Orte evakuiert. Auch Sachsen und Bayern bereiten sich auf das Schlimmste vor. In Österreich ist die Lage ebenfalls brisant.
Wegen Hochwassers werden in Passau die ersten Sperrungen in der Altstadt in den Abendstunden erwartet. Dies teilte die Stadt mit. Die Einsatzkräfte treffen derzeit dafür die entsprechenden Vorkehrungen und haben bereits mit dem Sandsackverbau begonnen. Der Pegel Passau der Donau betrug am Vormittag um 9 Uhr laut Hochwassernachrichtendienst Bayern 6,35 Meter. Am Donnerstagabend waren es noch knapp unter 5 Meter. Auch wenn in Bayern der meiste Regen des Wochenendes wohl schon gefallen ist - an den Flüssen machen sich die Niederschläge erst Stunden oder Tage später bemerkbar.
Der Pegel Marienbrücke des Flusses Inn zeigte am Vormittag 4,30 Meter an. Donnerstagabend waren es noch um die 2,50 Meter. In Passau kommen die drei Flüsse Donau, Inn und Ilz zusammen. Der Scheitel für die Pegel wird am Sonntag gegen 07.00 Uhr erwartet - mit den Mittelwerten 7,89 Meter für den Pegel Passau an der Donau und 5,48 Meter für den Pegel Marienbrücke am Inn. Das würde einer knappen Überschreitung der Meldestufe 3 entsprechen - sprich: Überschwemmungen für bebaute Grundstücke oder überflutete Keller sind möglich.
Auch Ostsachsen bereitet sich auf Hochwasser vor. Womöglich schon am Abend wird am Pegel Schöna die Alarmstufe 1 erreicht, die niedrigste von vier Warnstufen. Für Dresden wird damit am frühen Sonntagmorgen gerechnet, wie das sächsische Landeshochwasserzentrum in einer Warnmeldung informierte. Die höchsten Wasserstände an den sächsischen Elbepegeln werden derzeit ab Mittwoch und Donnerstag kommender Woche erwartet.
"Die Zeit rennt uns weg"
Deswegen drängt auch die Zeit bei den Abrissarbeiten am eingestürzten Teil der Dresdner Carolabrücke. "Die Zeit rennt uns weg", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre am Freitagabend. Am Sonntag wird in Dresden Alarmstufe 1 erreicht. Bis Mittwoch könnte die Stufe 3 erreicht werden. Der Wasserstand der Elbe könnte auf sechs bis sieben Meter steigen, normal sind zwei Meter.
Eine Spezialfirma arbeitet derzeit rund um die Uhr, um die Trümmerteile zu beseitigen. Geplant ist, mit Ausnahme des am frühen Mittwochmorgen in den Fluss gestürzten Abschnitts den gesamten Bereich des Brückenzuges C zu beräumen. So sollen Folgeschäden beim drohenden Hochwasser vermieden werden. Die Arbeiten sollen nach bisherigen Angaben bis Sonntagabend erledigt sein.
Dort besteht durch den vielen Regen die Gefahr von örtlichen Überschwemmungen. Ursache für das Anschwellen der Elbe sind den Angaben nach heftige Regenfälle im Einzugsgebiet von Elbe und Moldau in Tschechien.
Rumänien beklagt erste Tote
Die Überschwemmungen nach den starken Regenfällen forderten in Rumänien erste Todesopfer. Im Kreis Galati in der östlichen Region Moldau starben in den Fluten mindestens fünf Menschen, wie die Nachrichtenagentur Mediafax unter Berufung auf den Katastrophenschutz berichtete. Unter den Opfern befanden sich hauptsächlich ältere Menschen, unter ihnen zwei Frauen im Alter von 96 und 86 Jahren. Weitere 90 Menschen wurden in Sicherheit gebracht, schrieb das Nachrichtenportal digi24.ro.
Die Wassermassen erreichten in den betroffenen Ortschaften eine Höhe von bis zu 1,7 Metern, hieß es in den Berichten weiter. Menschen seien auf Hausdächer geklettert, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. 200 Feuerwehrleute seien im Einsatz, ein Hubschrauber der Armee habe Kurs auf das Katastrophengebiet genommen. Die Rettungskräfte gehen davon aus, dass noch viele ältere Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, in ihren Häusern in den Überschwemmungsgebieten festsitzen.
Starkregen sorgte auch in anderen Teilen Rumäniens für überflutete Straßen und Keller. Verursacht wurde das Unwetter von Zyklon "Boris", der noch vor zwei Tagen über der Adria gewütet und vor allem in Kroatien Überschwemmungen nach sich gezogen hatte.
Stromausfälle in Tschechien
In Tschechien wurden an rund 20 Flüssen und Bächen die dritte Hochwasser-Alarmstufe "Gefährdung" ausgerufen, wie die Nachrichtenagentur CTK meldete. Andernorts kam es durch plötzlichen Starkregen zu Überschwemmungen. Das tschechische Fernsehen veröffentlichte auf X Aufnahmen aus dem Dorf Mikulovice nahe der Grenze zu Polen. Dort ist zu sehen, wie am frühen Morgen die Wassermassen Häuser, Garagen und Straßen überfluten.
"Das Wasser floss von den umliegenden Feldern ins Dorf herab", hieß es. Die Feuerwehr habe den Bewohnern angeboten, sich in der örtlichen Turnhalle in Sicherheit zu bringen. Bislang habe dies aber niemand genutzt.
60.000 Haushalte in Tschechien sind ohne Strom, wie die Agentur CTK unter Berufung auf die Energieversorger berichtete. Am stärksten betroffen ist demnach die Verwaltungsregion um Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Sachsen. Allein dort waren demnach vorübergehend mehr als 20.000 Haushalte ohne Elektrizität. Als Grund wurde angegeben, dass wegen der durchnässten Böden und des starken Windes Bäume auf die Freileitungen fielen. Auch im Bahnverkehr kam es zu Problemen: Auf die Gleise gestürzte Bäume blockierten mehrere Strecken.
Im südböhmischen Budweis (Ceske Budejovice) errichteten Feuerwehrleute seit Freitagabend Hochwasserschutzwände. Sie luden Sandsäcke am Fluss Maltsch und errichteten am Moldauufer eine vorgefertigte Barriere. Meteorologen zufolge werden die Pegelstände der Flüsse in Tschechien am Wochenende weiter ansteigen. Mancherorts hat es seit Freitag bereits 50 bis 110 Liter pro Quadratmeter geregnet.
Zwei Dörfer in Polen evakuiert
Im Südwesten Polens ging seit Freitagmorgen mehr Regen nieder als beim sogenannten Jahrtausendhochwasser 1997. In Jarnoltowek in der schlesischen Region Oppeln waren es innerhalb von 24 Stunden 161,5 Millimeter, wie das Meteorologische Institut (IMGW) mitteilte. Das waren 30 Millimeter mehr als der bisherige Rekordwert, der dort im Jahr des Oderhochwassers 1997 gemessen wurde. Landesweit wurde die Alarmstufe an 47 Pegelmessstationen überschritten.
Der Bürgermeister von Jarnoltowek ordnete die Evakuierung von Bewohnern an, deren Häuser unterhalb eines Staubeckens liegen. Dieses drohte überzulaufen. Die Einwohner von zwei benachbarten Dörfern, die an dem Fluss Zloty Potok liegen, wurden ebenfalls aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. "Die Situation hat sich sehr zugespitzt, und das innerhalb weniger Minuten. Wir haben wirklich wenig Zeit", sagte Bürgermeister Grzegorz Zawislak dem polnischen Nachrichtenportal Onet.
"Besonders gefährdet sind die Woiwodschaften Oppeln und Niederschlesien", sagte Innenminister Tomasz Siemoniak nach einer Sitzung des Krisenstabs in der Stadt Nysa. Man arbeite eng mit den Behörden im benachbarten Tschechien zusammen - und die Nachrichten von dort seien nicht gut. "Die kommenden 24 bis 36 Stunden werden die schwierigsten."
In Kalkow nahe der Grenze zu Tschechien musste die Feuerwehr eine Frau aus ihrem Auto befreien, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. Sie war auf einer überfluteten Straße unterwegs, als ihr Wagen von den Wassermassen von der Fahrbahn gespült wurde. Auch in Niederschlesien spitzte sich die Lage zu. Besonders betroffen war dort die Region um Klodzko. Die Kleinstadt liegt an der Glatzer Neiße, einem Nebenfluss der Oder.
Alarmstimmung auch in Österreich
Angesichts der Unwetter mit heftigem Dauerregen verschärft sich indes die Lage in Österreich weiter. Vor allem in Niederösterreich habe sich die Lage "intensiviert", sagte der Sprecher des Landeskommandos, Klaus Stebal, nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA am Morgen. In der Region seien die Feuerwehren seit Freitagabend zu 160 Einsätzen, vor allem wegen Sturmschäden ausgerückt. Auch in Wien musste die Feuerwehr 150 Einsätze in den vergangenen 24 Stunden, vor allem wegen vollgelaufener Keller und abgerissener Äste absolvieren.
An der Donau wird mit einem bis zu 30-jährigen Hochwasser gerechnet, wie APA weiter berichtete. Am Fluss Kamp wird sogar ein bis zu hundertjähriges Hochwasser erwartet. Am Freitagabend war es bereits in einigen Gemeinden zu ersten Evakuierungen gekommen. Betroffen waren Gartensiedlungen beziehungsweise Zweitwohnsitze. In mehreren Gemeinden, etwa in der Wachau, wurde demnach der mobile Hochwasserschutz aufgebaut.
Vor allem entlang des Kamps "wird es sich zuspitzen", sagte Stebal. Zwei Katastrophenhilfsdienst-Züge wurden einberufen, unter anderem um ein Umspannwerk zu schützen. Der Fluss trat in niedrig gelegenen Gebieten laut Feuerwehr bereits über die Ufer. Straßen wurden gesperrt. Der "Peak" der Pegel werde großteils für die Nacht auf Montag erwartet, sagte Stebal.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP