Panorama

Kardinäle suchen Papst-Nachfolger Ein bisschen deutsch ist möglich

Erstes Treffen im Synodensaal im Vatikan.

Erstes Treffen im Synodensaal im Vatikan.

(Foto: Reuters)

Wer wird der neue Papst? Ein Deutscher sicherlich nicht, so viel scheint festzustehen. Selbst der Chef der deutschen Bischöfe plädiert für einen nicht-europäischen Papst. Doch im Kollegium der Kardinäle gibt es einen Südamerikaner, dem Experten gute Chancen zusprechen - und der hat deutsche Wurzeln.

Im Vatikan haben die Vorbereitungen auf die Wahl eines neuen Papstes begonnen. Kardinäle aus aller Welt kamen zur ersten der sogenannten Generalkongregationen im Neuen Synodensaal zusammen, um sich hinter verschlossenen Türen auszutauschen und dann über den Beginn des mit Spannung erwarteten Konklaves zu entscheiden.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass diese Entscheidung schon am ersten Tag des Treffens fällt. Bei den Generalkongregationen, einer Art Vor-Konklave, sind die Kardinäle noch nicht gänzlich von der Außenwelt abgeschottet.

Am Sonntag blieb das päpstliche Fenster zum Angelus-Gebet verschlossen.

Am Sonntag blieb das päpstliche Fenster zum Angelus-Gebet verschlossen.

(Foto: dpa)

Der deutsche Kardinal Walter Kasper sprach sich dagegen aus, das Konklave vorzuziehen. "Sich kennenlernen braucht Zeit, die Papstwahl sollte man nicht übers Knie brechen", sagte Kasper der "Stuttgarter Zeitung". Das Konklave bestehe nicht aus Hinterzimmergesprächen, wie es oft dargestellt werde. "Da finden auch keine Absprachen statt, die sind sowieso verboten, aber man kommt untereinander ins Gespräch, man lernt sich gegenseitig - auch nonverbal - kennen und einschätzen."

Benedikt XVI. hatte am 28. Februar seinen Rücktritt vollzogen. Kurz zuvor erließ er ein Dekret, das ein Vorziehen des Konklaves erlaubt. Nach den zuvor geltenden Regeln hätte es zwischen dem 15. und 20. März beginnen müssen. Nach dem Willen des Vatikans soll es bis Ostern einen neuen Papst geben.

Wahlberechtigt sind Kardinäle, die jünger als 80 Jahre sind. Nach letztem Stand wird das Konklave aus 115 Kardinälen bestehen, darunter 6 deutsche Kardinäle. Dass einer von ihnen zum neuen Papst gewählt wird, gilt als ausgeschlossen.

Zollitsch für Papst aus Lateinamerika

Ohnehin plädierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, für einen Papst, der nicht aus Europa kommt. "Ich kann mir sehr gut einen Papst aus einem anderen Kontinent vorstellen. Die Zeit dafür wäre reif", sagte der Freiburger Erzbischof. "Wenn nicht jetzt, dann mit Sicherheit bei der darauffolgenden Wahl. Es wird im Laufe der Jahre definitiv einen außereuropäischen Papst geben." Der Kirche würde dies gut tun. "Es macht deutlich, dass katholische Kirche überall auf der Erde eine Heimat hat, eine weltumspannende Gemeinschaft ist."

Die Wahl des neuen Kirchenoberhaupts stehe im Zeichen der Internationalisierung der katholischen Kirche, sagte Zollitsch. Schwerpunkt sei Lateinamerika. Dort gebe es eine Reihe profilierter Kardinäle. "Sie sind weltoffen und zugleich sehr diszipliniert und von einem tiefen Glauben getragen. Sie wären in der Lage, die Weltkirche würdig und kraftvoll zu vertreten." Die katholische Kirche habe in Lateinamerika und Afrika eine immer stärkere Stellung. Dies werde bei der Papstwahl eine gewichtige Rolle spielen.

Deutsch-Brasilianer könnte Papst werden

Bayerns Ministerpräsident Seehofer kennt Odilo Scherer bereits: Vor einem Jahr besuchte der CSU-Chef den Kardinal in Sao Paulo.

Bayerns Ministerpräsident Seehofer kennt Odilo Scherer bereits: Vor einem Jahr besuchte der CSU-Chef den Kardinal in Sao Paulo.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aus Lateinamerika gibt es zwei bis drei Kardinäle, die als "papabile" gelten. Einer von ihnen ist der Erzbischof der Diözese Sao Paolo, Pedro Odilo Schwerer, ein Brasilianer mit deutschen Vorfahren. Zwar kommen nur etwa 20 der wahlberechtigten Kardinäle aus Lateinamerika, rund 60 aus Europa. Ein Kandidat aus Lateinamerika oder Afrika hätte aber vor allem als Kompromisskandidat Chancen, wenn bei den Wahlgängen ein unüberwindliches Patt entstünde.

Scherer selbst sagte Mitte Februar, die geografische Herkunft des neuen Papstes spiele keine entscheidende Rolle. "Die Frage ist, ob er in der Lage ist, das Amt zu übernehmen." Auch die Frage, ob einer nun jünger sei oder nicht mehr so jung, sei nicht mehr das Wichtigste, wohl aber das derjenige vorbereitet sei. Die Situation der Kirche, der Welt und die Mission der Kirche in den künftigen Jahren müssten eingeschätzt werden.

Kein Favorit in Sicht

Im Gespräch ist auch der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, sowie Leonardo Sandri, der Leiter der vatikanischen Abteilung für die Kirchen im Osten, der italienisch-argentinischer Herkunft.

Einen klaren Favoriten gibt es jedoch nicht. Unter den italienischen Kandidaten wird immer wieder der Mailänder Erzbischof Angelo Scola genannt - immerhin gab es seit 1978 keinen italienischen Papst mehr. Als mögliche Bewerber gelten außerdem Peter Turkson aus Ghana und Antonio Tagle von den Philippinen. Dazu kommen der Kanadier Marc Ouellet und Timothy Dolan aus den USA.

Generalkongregationen im Zeichen von Vatileaks

Angelo Scola geht zur Versammlung der Kardinäle.

Angelo Scola geht zur Versammlung der Kardinäle.

(Foto: AP/dpa)

Beim Treffen der Kardinäle dürfte es auch um den Vatileaks-Skandal gehen. Nach dem Willen des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. soll ein Bericht über die Affäre zwar unter Verschluss bleiben und erst seinem Nachfolger ausgehändigt werden. Doch die Verfasser des Berichts, drei ältere Kardinäle, nehmen an den Generalkongregationen teil. In Vatikan-Kreisen hieß es, sie würden "ihre Einsicht nutzen, um die notwendige Orientierung zu geben".

"Wir werden über die Führung der Kirche sprechen und in diesem Zusammenhang könnte es auch Fragen an die Menschen geben, die den Bericht geschrieben haben", sagte Kardinal Francis George aus Chicago. Natürlich müsse die Geheimhaltungspflicht beachtet werden. "Ich denke, wir werden aus vielen Quellen genug erfahren, um herauszufinden, was für eine gute Führung der Kirche notwendig ist."

Machtkämpfe und Missbrauch

Benedikts Kammerdiener Paolo Gabriele war verurteilt worden, weil er persönliche Papiere des Papstes entwendet und an die Medien weitergegeben hatte. In den Papieren war von Korruptionsvorwürfen die Rede sowie von internen Machtkämpfen bei der Bank des Vatikans, die bereits in der Vergangenheit mehrfach im Zentrum von Skandalen stand. In dem unter Verschluss gehaltenen Bericht sei zudem von "homosexuellen Aktivitäten" im Vatikan die Rede, hieß es in einem Medienbericht ohne Quellenangabe. Der Vatikan war italienische Medien scharf angegangen und hatte ihnen vorgeworfen "falsche und schädliche Berichte" zu verbreiten.

Am Donnerstag - dem Tag des Rücktritts von Benedikt - hatte der Vatikan allerdings eingeräumt, dass Meldungen über Abhöraktionen zum Teil richtig seien. Einige Telefone seien abgehört worden, um den Skandal über weitergegebene Dokumente zu untersuchen.

Der neue Papst wird sein Amt in einer der schwersten Krisen der 2000 Jahre alten Kirche antreten. Neben den internen Machtkämpfen und der Weitergabe interner Dokumente steht der Skandal um sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener im Fokus.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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