Panorama

Was macht die Kirche ohne Papst? Es geht auch ohne den Hirten

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(Foto: Reuters)

So ungewöhnlich ein Rücktritt des Papstes ist, die katholische Kirche ist bestens auf die Übergangszeit vorbereitet. Das Kirchenrecht legt genau fest, wie Entscheidungen fallen, so lange es kein Oberhaupt gibt und wie die Katholiken zu einem neuen Papst kommen. Benedikt selbst verschärfte die Regeln: Wer gegen den Geheimhaltungseid verstößt, wird aus der Kirche geworfen.

An Dramatik und Inszenierung spart die Kirche nicht, wenn es um das Ende der päpstlichen Amtszeit geht. Nach dem Abtritt Benedikts XVI. um 20 Uhr wird sein Siegelring zerstört, die Gemächer werden verschlossen. Benedikt ist dann nicht mehr Gottes Stellvertreter auf Erden und darf die Zeichen, die ihn als solchen ausweisen, nicht mehr tragen. Auch die Schweizer Garde hat nur die Aufgabe, den amtierenden Papst zu beschützen und steht dem "emeritierten" Papst nicht mehr zur Verfügung.

Zwar ist der Rücktritt Benedikts ein sehr ungewöhnlicher Schritt, für eine Übergangszeit ohne Papst ist die Kirche aber sehr gut vorbereitet. Bis ins Kleinste regelt das Kirchenrecht, was nun passiert und wie wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Am ersten Tag der "Sedisvakanz", wie die Zeit ohne amtierenden Papst genannt wird, verschickt der Kardinaldekan Angelo Sodano Einladungen an die Kardinäle, um in Rom zusammenzukommen und den neuen Papst zu bestimmen. 208 sind es zur Zeit, wobei sich viele von ihnen bereits in Rom befinden, da die Sedisvakanz ja bereits angekündigt ist. Die inoffiziellen Gespräche über die Nachfolge laufen also schon. Am Montag soll es ein erstes offizielles Treffen geben, bei dem vor allem ein Termin für das Konklave festgelegt wird. Bislang wurde es 15 bis 20 Tage nach dem Tod des Papstes einberufen. Benedikt verkürzte nun die Zeit für den Fall eines Rücktritts: Den Kardinälen steht es nun frei, das Konklave zu beginnen, sobald alle in Rom versammelt sind. Diskutiert wird ein Start am 10. oder 11. März. Bis zum Beginn treffen sich täglich alle anwesenden Kardinäle unter der Leitung Sodanos.

Zum Konklave selbst gehören nur die 117 Kardinäle, die ihr 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Da ein Kardinal aus Indonesien krank ist und ein britischer Kardinal sein Amt wegen einer Affäre niedergelegt hat, werden 115 Menschen den 266. Papst wählen. Von Ihnen wurden 67 durch Benedikt ernannt, 48 schon von dessen Vorgänger Johannes Paul II.

Sechs Deutsche wählen mit

Gewählt werden kann theoretisch jeder männliche, getaufte Katholik, wobei bislang alle Päpste aus dem Kreis der Kardinäle kamen. Dass sich das nun ändert, ist nicht zu erwarten. Der scheidende Papst Benedikt sagte bei seiner Verabschiedung von den Kardinälen: "Unter euch ist auch der zukünftige Papst." Der Kardinaldekan Angelo Sodano wird das Konklave nicht leiten, weil er selbst schon über 80 Jahre alt ist. Die Aufgabe übernimmt stattdessen der ranghöchste wahlberechtigte Giovanni Battista Re. Battista gilt als konservativ und war an der Rehabilitierung des Holocaustleugners Richard Williamson beteiligt.

Für die Wahl gibt es kein vorgeschriebenes Prozedere. Gewählt ist, wer zwei Drittel der Stimmen erhält. Es gibt so viele Wahlgänge, bis diese Mehrheit zustande kommt. Die Stimmzettel werden nach jedem Wahlgang verbrannt, wobei ein Zusatz den Rauch schwarz färbt, was vom Petersplatz aus zu beobachten ist. Erst, wenn ein neuer Papst gewählt ist, steigt weißer Rauch auf. Vom Balkon des Petersdoms wird dann das berühmte "Habemus Papam" – "Wir haben einen Papst" verkündet.

Den Kardinälen ist es streng verboten, mit Außenstehenden über die Wahl zu sprechen, was sie per Eid auf das Evangelium schwören müssen. Benedikt selbst erließ ein Gesetz, das ein Vergehen dagegen mit der Exkommunikation bestraft.

Sechs deutsche Kardinäle werden an der Papstwahl teilnehmen. Dies sind Walter Kasper, ehemaliger Bischof von Rottenburg-Stuttgart und ehemaliger Ökumenebeauftragter des Vatikan, Karl Lehmann, Bischof von Mainz und ehemaliger Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, Joachim Meisner, Erzbischof von Köln, Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Berlin und Paul Josef Cordes, ehemaliger Leiter des päpstlichen Hilfswerks "Cor Unum". Chancen auf die Nachfolge Benedikts werden keinem von ihnen nachgesagt. 

Übergangsführung per Los bestimmt

Zwar soll bis Ostern ein neuer Papst im Amt sein, doch theoretisch kann sich das Konklave lange hinziehen. Außerdem verlieren mit dem Papst fast alle Leiter der vatikanischen Behörden ihre Ämter. Darum gibt es Gesetze, die die Führung der Kirche ohne Papst regeln. Offiziell wird die Kirche während der Sedisvakanz vom Kardinalskollegium, also letztlich allen 208 derzeit lebenden  Kardinälen, geleitet. Das Tagesgeschäft des Papstes ruht aber. Nur solche Entscheidungen, mit denen nicht bis zur Wahl gewartet werden kann, können die Kardinäle treffen. Gesetze können sie nicht ändern. Den Kern der Kirchenleitung in der Übergangszeit bildet eine sogenannte Sonderkongregation bestehend aus Kardinal Tarcisio Bertone und drei weiteren Kardinälen, die alle drei Tage per Los bestimmt werden.

Auch einfachen Katholiken kommt während der Sedisvakanz eine Aufgabe zu. Sie sind angehalten, für eine rasche,  einmütige und segensreiche Wahl des neuen Papsts zu beten.

Als "emeritierter Papst", wie sich Benedikt in Zukunft nennen will, wird er in einem Kloster innerhalb des Vatikans leben. So symbolisch die Ausreise per Helikopter auch wirken mag – in einigen Wochen kehrt er also nach Rom zurück. Bis dahin soll im Kloster "Mater Ecclesia" sein Wohnsitz eingerichtet werden. Begleitet wird Benedikt von seinem Privatsekretär Georg Gänswein und vier Schwestern der katholischen Laienvereinigung "Memores Domini". Die Frauen kümmern sich jetzt um seinen Haushalt und werden dies weiterhin tun. Möglich ist, dass er weiterhin wissenschaftlich arbeitet und Bücher schreibt, sagte der Kirchenexperte Pfarrer Dietmar Heer bei n-tv. Dass diese aber noch zu seinen Lebzeiten veröffentlicht werden, glaubt er nicht. Schließlich will sich Benedikt ausdrücklich nicht in die Geschäfte seines Nachfolgers einmischen. Wer auch immer Papst werden sollte, habe sein volles Vertrauen, so Benedikt.

Quelle: ntv.de

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