Panorama

Prozess geht in die dritte Runde Für Hoeneß sieht es nicht gut aus

Einfach abtauchen ist nicht mehr: Uli Hoeneß steckt ganz tief im Steuermorast.

Einfach abtauchen ist nicht mehr: Uli Hoeneß steckt ganz tief im Steuermorast.

(Foto: REUTERS)

Heute werden im Verfahren gegen Bayern-Präsident Hoeneß zwei Zeugen angehört: Hoeneß' Steuerprüfer sowie ein Mitarbeiter aus der EDV des Finanzamtes Rosenheim. Die immer neuen Summen vom Prozess in München sorgen dafür, dass selbst wohlmeinende Zeitgenossen "fast vom Stuhl fallen".

Der Einzug seines Vereins ins Viertelfinale der Champions League dürfte bei Uli Hoeneß nur für ein kurzzeitiges Hochgefühl gesorgt haben. Denn heute geht der Prozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München in die dritte Runde. Es wäre ein Wunder, wenn der bisherige Verlauf des Verfahrens vor dem Landgericht München II seine Stimmung nicht nachhaltig gedrückt hätte.

Denn für Hoeneß sieht es nicht gut aus. Zum Prozessauftakt am Montag hatte sein Verteidiger Hanns Feigen mitgeteilt, die Steuerschuld belaufe sich nicht auf die in der Anklage aufgeführten 3,5 Millionen Euro, sondern auf mindestens 18,5 Millionen. Am Dienstag dann korrigierte die Steuerfahnderin des Finanzamtes Rosenheim, die sich seit über einem Jahr mit dem Fall Hoeneß beschäftigt, die Summe auf - mehr oder weniger geschätzte - 27,2 Millionen Euro.

Die Hiobsbotschaften für den Fußballmanager scheinen kein Ende zu nehmen. Am dritten Verhandlungstag nun sollen zwei Zeugen gehört werden. Zum einen ein Mitarbeiter aus der EDV-Abteilung des Finanzamtes Rosenheim. Er soll Auskunft darüber geben, von wann die PDF-Dateien auf dem USB-Stick sind, die die Verteidigung dem Finanzamt und der Staatsanwaltschaft am 27. Februar dieses Jahres übergeben hatten. Die Steuerfahnderin aus Rosenheim sagte am Dienstag aus, ihr Kollege habe ihr mitgeteilt, der Stick sei zwar erst am 24. Februar zusammengestellt worden. Abgespeichert wurden die PDF-Dateien jedoch schon am 18. Januar 2013.

Zweiter Zeuge: Hoeneß' Steuerprüfer

Nur einen Tag zuvor, am 17. Januar 2013, hatte Hoeneß' Steuerberater Günther Ache die Selbstanzeige in der Bußgeld-und Strafsachenstelle des Finanzamtes Rosenheim abgegeben. Diese Selbstanzeige steht im Mittelpunkt des Prozesses: Mit ihrer Gültigkeit steht und fällt das Schicksal von Uli Hoeneß. Die Frage ist nun, ob der Bayern-Präsident beziehungsweise sein Steuerberater oder seine Anwälte die Zusammenstellung der Unterlagen verzögert haben. Allerdings ist unwahrscheinlich, dass der EDV-Experte aus Rosenheim diese Frage abschließend klären kann. Anwalt Feigen jedenfalls beharrte am Dienstag darauf, die Unterlagen seien nicht zurückgehalten worden.

Der zweite Zeuge, der an diesem Mittwoch gehört werden soll, ist der Finanzbeamte des für Hoeneß normalerweise zuständigen Finanzamtes in Miesbach. Der Mann hatte die letzte reguläre Betriebsprüfung im Hause Hoeneß durchgeführt. Auch die Verteidigung will ihn fragen, wie es denn sein könne, dass bei einem Menschen 116 oder 117 Millionen Euro Verluste auflaufen, ohne dass er zum Insolvenzrichter gehen muss. Richter Rupert Heindl hatte am Dienstag erläutert, dass Hoeneß als Einkommensmillionär die Steuerprüfung praktisch immer im Hause gehabt habe.

"Ich bin fast vom Stuhl gefallen"

Die immer höhere Hinterziehungssumme hatte gestern bei Prozessbeobachtern für einiges Erstaunen gesorgt. "Ich bin ja auch fast vom Stuhl gefallen, als ich gestern die Summe gehört habe", sagte der frühere bayerische Finanzminister Erwin Huber am Dienstag in der n-tv-Sendung "Das Duell". Fachlich gesehen sei der Fall "möglicherweise auch gar nicht so einfach", so Huber: "Denn es ist ja nun die steuerliche Auswirkung von 50.000 Transaktionen festzustellen. Es ist irrsinnig viel."

Sportreporterlegende Manni Breuckmann sagte in derselben Sendung, er halte eine Gefängnisstrafe mittlerweile für wahrscheinlich. "Ich gehe mal fest davon aus, dass mit zunehmender Schadenshöhe für den Staat auch die Strafe höher wird. Das wäre ja ein Stück aus dem Tollhaus, wenn man sagen würd e: Das ist vollkommen egal, denn wenn er nichts gesagt hätte, wäre das gar nicht herausgekommen." Genau so argumentiert die Verteidigung: Feigens zentraler Satz am Montag war: "Wir sitzen alle hier, weil Uli Hoeneß ... eine Selbstanzeige eingereicht hat."

Auch der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält eine Verurteilung für unabdingbar. "Eine Freiheitsstrafe ist für mich absolut zwingend", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. "Ob sie jetzt noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, daran habe ich ganz, ganz starke Zweifel." Erst nachdem Eigenthaler dies gesagt hatte, kam heraus, dass Hoeneß' Steuerschuld sogar noch größer sein dürfte als am Montag von der Verteidigung eingeräumt.

"Er hat hier wohl etwas gezockt"

Der frühere CSU-Chef Huber sagte bei n-tv, Hoeneß habe auch bei der Selbstanzeige gepokert: "Er hat auch hier wohl etwas gezockt: Kommt das Steuerabkommen mit der Schweiz oder vielleicht komm ich doch durch?" Zugleich warb Huber dafür, Hoeneß "als Mensch" nicht zu verdammen. "Das sind doch zwei unterschiedliche Dinge. Ich bin der Meinung, für das, was er gemacht hat an Steuerhinterziehung, muss er geradestehen und wird er auch bestraft werden." Aber: "Es gibt auch die positive Seite des Uli Hoeneß."

An diese positive Seite glaubt selbst Hoeneß' früherer Intimfeind Christoph Daum. "Ich hoffe sehr, dass er diesen schweren Kampf gewinnt", sagte der Fußballtrainer dem Kölner "Express". Hoeneß kämpfe "um seine Ehre und seine Existenz", so der 60-Jährige. "Ich glaube ihm zu 100 Prozent, dass er den Überblick verloren hat und jetzt alle Karten auf den Tisch gelegt hat."

Völlig offen ist nicht nur, ob beziehungsweise zu welcher Strafe Hoeneß verurteilt wird, sondern auch, ob das Urteil wie geplant am Donnerstag verkündet wird. Gerichtssprecherin Andrea Titz sagte am Ende des zweiten Verhandlungstages, es sei "nicht ausgeschlossen", dass es am Donnerstag ein Urteil gibt. Nach Anhörung der Zeugen an diesem Mittwoch dürfte Richter Heindl zumindest diese Frage beantworten.

Quelle: ntv.de

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