Hochwassergefahr im Süden Gemeinden rufen dazu auf, Notgepäck bereitzuhalten
01.06.2024, 01:55 Uhr Artikel anhören
Landunter am Bodensee: Im Stadtgebiet von Lindau stehen bereits einige Straßen unter Wasser.
(Foto: dpa)
Nach starkem Dauerregen steigen die Pegelstände der Flüsse vor allem in der Nähe des Bodensees an. Viele Gemeinden warnen ihre Bürger und empfehlen, die kommenden Nächte woanders zu verbringen. In Lindau sind die ersten Straßen überflutet.
Heute heißt es bangen: In vielen Gemeinden entlang der von Dauerregen belasteten Flüsse in Süddeutschland könnte es im Laufe des Tages zu heftigen Überschwemmungen kommen. Vorausschauend haben am Freitagabend gleich einige Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, Keller zu meiden oder gar für ein paar Tage woanders zu schlafen. Ein Landkreis ist vorbeugend im Katastrophenmodus.
Im Fokus stand die Bodensee-Region: Wegen akuter Überflutungsgefahr wird rund 1300 Menschen im baden-württembergischen Meckenbeuren geraten, ihr Zuhause zu verlassen. Es handele sich um keine Evakuierung, sondern um eine Empfehlung, sagte eine Sprecherin der Gemeinde in Oberschwaben. Insbesondere am Fluss Schussen wird mit extremem Hochwasser gerechnet. Die Feuerwehr informierte mit Durchsagen die betroffenen Anwohner, die für die kommenden Nächte bei Angehörigen oder Freunden unterkommen sollen. Alternativ gibt es Schutzräume.
"Wir hoffen immer noch, dass sich die Wetterlage etwas entspannt und die Hochwasserpegel weniger dramatisch ausfallen als vorhergesagt", teilte Bürgermeister Georg Schellinger mit. "Heute Nacht überschreiten wir möglicherweise den Höchststand früherer Schussen-Hochwasser. Deshalb haben wir schon heute mit der Evakuierung begonnen. Wir möchten, dass sich die Menschen in Ruhe auf die herausfordernde Lage einstellen, ihre Sachen packen und vielleicht bei Freunden unterkommen können - und nicht in der Nacht aus den Betten gerissen werden."
Mehrfamilienhaus in Lindau evakuiert
Im unweit gelegenen Weingarten bei Ravensburg sollen Bewohner großer Teile der Stadt die Untergeschosse meiden und auf keinen Fall im Keller schlafen. Diese Empfehlung gab die Feuerwehr am Abend heraus. Auch ihnen wurde geraten, bestenfalls bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten.
"Es ist leider zurzeit unklar, wie schnell die Pegel im weiteren Verlauf steigen werden. Daher gilt besondere Vorsicht!", hieß es auf der Seite der Einsatzkräfte. Laut dem Landkreis Ravensburg ist nicht auszuschließen, dass einzelne Städte oder Gemeinden noch Evakuierungsentscheidungen treffen.
In Lindau am Bodensee waren am Abend bereits erste Straßen und Unterführungen überflutet worden, der Stadtbus-Verkehr musste eingestellt werden. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk seien im Dauereinsatz, sagte eine Sprecherin der Stadt. Aus einem Mehrfamilienhaus mussten Bewohner evakuiert werden, da durch eingedrungenes Wasser die Möglichkeit eines Kurzschlusses bestanden habe.
Vor allem große Teile Baden-Württembergs und Bayerns erwartet ein Wochenende mit erheblichem Dauerregen. Es besteht laut Deutschem Wetterdienst (DWD) vielerorts die höchste Warnstufe. Regional könnten Niederschlagsmengen von bis zu 120 Liter pro Quadratmeter erreicht werden.
Landkreis Günzburg ruft vorsorglich Katastrophenfall aus
Ein Landkreis in Bayern hat am Abend bereits den Katastrophenfall ausgerufen - ebenfalls vorbeugend. In der Region Günzburg gehe es darum, die potenziell betroffenen Städte und Gemeinden besser unterstützen zu können, teilte das Landratsamt mit. Dafür seien Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis nötig. Camping- und Freizeitplätze an den Flüssen Günz, Kammel und Mindel sollten evakuiert werden - hier dürften während der Pfingstferien viele Gäste des Freizeitparks Legoland verweilen.
"Wir nehmen die Situation sehr ernst", sagte Landrat Hans Reichhart von der CSU. "Wir wollen die Zeit, die wir jetzt noch haben, bis das Hochwasser den Landkreis Günzburg erreicht, optimal nutzen." Laut Wasserwirtschaftsamt könnte stellenweise ein Jahrhunderthochwasser erreicht werden.
Auch weiter westlich an der Donau, etwa in Neu-Ulm, sowie an deren Zuflüssen wird stellenweise mit Hochwasser gerechnet, das in der Stärke statistisch nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt. Etwa im Landkreis Biberach wurden Menschen in betroffenen Gebieten dazu aufgerufen, auf ihre Sicherheit zu achten. Dort bestehe potenziell Lebensgefahr. Sie sollten Notfallgepäck vorbereiten. Zudem sollte die NINA-Warnapp auf das Smartphone geladen werden, um zeitnahe Informationen zu erhalten - so eingestellt, dass bei einer Evakuierungsmeldung ein Alarm ertönt. "Dazu muss das Handy angeschaltet sein und darf sich nicht im Flugmodus befinden", betonte etwa das Landratsamt Ravensburg.
Im Landkreis Augsburg trat im Laufe der Nacht der Fluss Zusam über die Ufer. In der Marktgemeinde wurden Straßen überspült und einige Keller geflutet. Es habe aber weder große Schäden noch Verletzte gegeben, teilte die Polizei mit. Die Zusam erreichte laut dem Hochwassernachrichtendienst Bayern am Pegel Fleinhausen in der Nacht die Meldestufe drei von vier.
Unwettergefahr in Ostdeutschland
Auch in anderen Regionen haben die Niederschläge die Wasserstände in Flüssen ansteigen lassen - und weitere Zuwächse werden erwartet. In Hessen ist laut dem regionalen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein statistisch nur alle 20 Jahre auftretendes Hochwasser an Rhein und Neckar möglich.
Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen laut DWD auf viel Regen, teils auch auf Gewitter einstellen. Allerdings treffe das Unwetter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt voraussichtlich weniger stark als zunächst befürchtet.
Quelle: ntv.de, ino/dpa