Panorama

"Weiße Stadt am Meer" geht unter Heiligendamm ohne Kempinski

George W. Bush war beim G8-Gipfel in Deutschland beeindruckt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Juni 2007 ins älteste deutsche Seebad Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste geladen. Die Staats- und Regierungschefs tagten in den prächtig restaurierten historischen Gebäuden des Grand Hotels. Der Gipfel sollte der Wendepunkt für eine gute Zukunft der Luxusherberge sein, doch mit dem Rückzug der Kempinski-Gruppe vom Management des Grand Hotels am Dienstag türmen sich nun erneut schwarze Wolken über der "Weißen Stadt am Meer" auf.

Dümpelte in den ersten vier Jahren nach Eröffnung die Betten-Auslastung um die 40 Prozent, sollten mit dem sprunghaft gewachsenen Bekanntheitsgrad durch den G8-Gipfel die Zahl der Gäste und damit auch Umsatz und Gewinn steigen. Ein Teil der erhofften Gewinne sollte den rund 2000 Anlegern des Heiligendamm-Fonds ausbezahlt werden, das übrige erwirtschaftete Geld zur Entwicklung des in Teilen noch vom Verfall bedrohten Ostseeheilbads investiert werden. Die Unzufriedenheit von Teilen der Gesellschafter war groß, sollte der Einsatz von rund 130 Millionen Euro doch bald Rendite tragen. Der Fonds war von der Fundus-Gruppe und deren Chef Anno August Jagdfeld aus Düren (Nordrhein-Westfalen) aufgelegt worden. Weitere 50 Millionen Euro steuerte das Land Mecklenburg-Vorpommern an Förderung bei.



Geschäftsführer wegen Untreue und Betrugs verurteilt


Doch trotz einer Steigerung der Auslastung auf rund 60 Prozent im Jahr 2008 riss die Kette von schlechten Nachrichten aus dem Renommierobjekt der boomenden Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommerns nicht ab. Dazu zählten eine schwache Ertragslage und Querelen mit der Gemeinde Bad Doberan über Zugangsbeschränkungen zum Hotelgelände für Touristen, die "mal Reiche anschauen wollten". Ein früherer Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft wurde jüngst wegen Betrugs und Untreue bei der Sanierung des Seebads zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Ihren Rückzug begründete die Kempinski-Gruppe mit ungewöhnlich harten Worte: Es lägen Vertragsbrüche vor, zudem seien die Managementgebühren von 1,1 Millionen Euro für die vergangenen zwei Jahre von Fundus nicht gezahlt worden. Wichtige Investitionen in die sogenannte Perlenkette, mehrere Villen entlang des Strandes, und in ein neues Thalasso-Zentrum seien nicht getätigt worden. Eine weitere Entwicklung des Hotels sei so nicht möglich.



Betrieb geht auch ohne Kempinski weiter


Fast trotzig kündigte die Betreiber-Gesellschaft, die Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co KG, am Dienstag an, dass der Betrieb weitergeht und die Gäste des Hauses nichts von den Querelen spüren werden. Das Haus werde als einzelnes Objekt weitergeführt - im exklusiven Club der führenden Hotels der Welt, wie betont wurde. Überhaupt werde der Rückzug von Kempinski begrüßt, sagt Hotel-Interimsdirektor Martin Smura, auch wenn die Vorgehensweise kritisiert werde. Denn von Kempinski sei kein schlüssiges Managementkonzept für die Weiterentwicklung vorgelegt worden. Auch die Gesellschafter wollten die Zusammenarbeit mit Kempinski beenden. Diese hätten, vertrauend auf die positive Zukunft des Projekts, erst Anfang Dezember eine Kapitalerhöhung in mehreren Stufen um 40 Millionen Euro beschlossen, betonte Smura.

Für den Tourismusverband ist das Seebad trotzdem von großer Bedeutung für das Land: "Wir sind überzeugt vom großen Potenzial des Standorts Heiligendamm", sagte Geschäftsführer Bernd Fischer.



Joachim Mangler, dpa

Quelle: ntv.de

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