Panorama

Corona noch nicht besiegt In diesen Ländern ist der Lockdown zurück

Die Welt geht in ihre zweite Herbst-Winter-Saison der Pandemie. In vielen Ländern steigen die Infektionszahlen zuletzt rapide an. Einige Regierungen greifen daher auf ein altbewährtes Mittel zurück: Lockdowns. Auch im ersten EU-Land wird die Maßnahme reaktiviert.

Angesichts wieder steigender Infektionszahlen kommt in Deutschland die Sorge vor der weiteren Entwicklung der Pandemie auf. Immer wieder betonen Politiker verschiedener Lager gebetsmühlenartig, dass ein erneuter Lockdown unter allen Umständen vermieden werden soll. Auch Schulen und Kitas sollen offen bleiben. Ob oder wie lange das durchgehalten werden kann, ist derzeit offen. In anderen Ländern erlebt der Lockdown im Kampf gegen steigende Infektionszahlen eine Neuauflage als bewährtes Mittel zur Eindämmung des Coronavirus.

Lettland

Angesichts der stark steigenden Infektionszahlen hat die Regierung in Riga am Donnerstag die Notbremse gezogen und das Land bis zum 15. November in einen Lockdown geschickt - mit umfassenden Beschränkungen und einer nächtlichen Ausgangssperre. "Wir gehen alle für vier Wochen in ein strengeres Regime", sagte Ministerpräsident Krisjanis Karins. In Lettland steigt die Zahl der Neuinfektionen zuletzt auf einen neuen Höchststand. Die 14-Tage-Inzidenz liegt bei rund 1463 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner - Höchstwert sei Beginn der Pandemie. Die EU-Behörde ECDC weist für Lettland aktuell die höchsten Infektionsraten in Europa aus.

In dem baltischen EU-Land dürfen nur noch Geschäfte für den täglichen Bedarf offen bleiben. Auch Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportstätten bleiben zu, gastronomische Betriebe dürfen nur noch außer Haus verkaufen. Veranstaltungen und Versammlungen sind untersagt. Zudem dürfen die Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnung von 20 bis 5 Uhr nur mit triftigem Grund verlassen. In Lettland ist nur etwas mehr als die Hälfte der 1,9 Millionen Einwohner vollständig gegen Corona geimpft. Die Regierung bemüht sich seit Monaten mit nur mäßigem Erfolg, die geringe Impfbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen.

Russland

In Russland gilt in der Hauptstadt Moskau ab dem 28. Oktober wieder ein Lockdown. Im Kampf gegen steigende Covid-19-Fallzahlen müssten alle Geschäfte, Bars und Restaurants wieder schließen, kündigt Bürgermeister Sergej Sobjanin an. Es dürften nur Läden für den täglichen Bedarf wie Supermärkte und Apotheken weiterhin öffnen. Die Zahl der Neuinfektionen und der täglich gemeldeten Todeszahlen in Russland war in den vergangenen Tagen immer wieder auf neue Höchstwerte gestiegen. Die Regierung macht dafür vor allem eine mangelnde Impfbereitschaft verantwortlich.

Die russische Ostsee-Metropole St. Petersburg führt zwar keinen Lockdown, ab dem 1. November aber zahlreiche neue Einschränkungen im öffentlichen Leben ein. So werden ab dann und in den darauf folgenden Wochen schrittweise Impf- oder Genesenen-Nachweise bei immer mehr Arten öffentlich zugänglicher Veranstaltungen oder Örtlichkeiten nötig sein. Der Kreml hatte zuletzt mehrfach betont, dass ein landesweiter Lockdown nicht geplant sei. Die Entscheidung über verschärfte Corona-Regeln liege bei den einzelnen Regionen.

Ukraine

Auch in der Ukraine gehen die Corona-Fallzahlen zuletzt kräftig nach oben. Am Montag waren neue Restriktionen in einigen Gegenden im Osten und Süden des Landes in Kraft getreten, die derzeit besonders stark betroffen sind. Aktuell melden die Behörden den zweiten Tag in Folge mit 23.785 Neuinfektionen binnen 24 Stunden und 614 weiteren Todesfällen im Zusammenhang mit dem Virus neue Höchstwerte. Insgesamt verzeichnet die Ukraine rund 2,72 Millionen Infektionen und mehr als 63.000 Todesfälle.

Einen positiven Effekt haben die neuen Restriktionen offenbar: Die Nachfrage nach Corona-Impfungen in der Ukraine steigt zuletzt deutlich an. Wie die Behörden am Mittwoch mitteilten, wurden binnen 24 Stunden 226.587 Menschen gegen das Virus immunisiert - so viele wie noch nie seit Beginn der Impfkampagne in der Ukraine im Februar. In Online-Netzwerken verbreitete Bilder zeigten lange Warteschlangen vor den Impfzentren des Landes.

China

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Bewohner einer unter Quarantäne stehenden Wohngegend in der Stadt Yinchuan im Nordwesten Chinas werden mit dem Nötigsten versorgt.

(Foto: imago images/Xinhua)

China greift bei seiner Null-Covid-Politik selbst bei wenigen Infektionen immer wieder auf harte Lockdowns zurück, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Auch aktuell werden in einigen Landesteilen die Einschränkungen für Menschen verschärft - davon sind auch die Hauptstadt Peking und einige Gebiete im Nordwesten betroffen. So wird Bürgern teilweise untersagt, ihre Wohnanlagen zu verlassen, der Präsenzunterricht in Schulen wird eingestellt und Unternehmen müssen schließen. Mit 28 nachgewiesenen und im Inland übertragenen Infektionsfällen meldet China zuletzt doppelt so viele wie am Vortag.

Neuseeland

In Neuseeland ist der Lockdown nicht zurück, sondern nach wie vor im Einsatz. In der größten Stadt des Landes, Auckland, gelten weiterhin strenge Maßnahmen. Und das bereits seit August, als die Delta-Variante in Neuseeland Fuß fasste. Ministerpräsidentin Jacinda Ardern will den harten Lockdown erst beenden, wenn das Land das Impfziel von 90 Prozent erreicht hat. Erst dann würden vollständig Geimpfte "in der Lage sein, sich wieder mit Familie und Freunden zu treffen, in Bars und Restaurants zu gehen und mit größerer Sicherheit und Zuversicht die Dinge zu tun, die sie lieben", sagte Ardern am Mittwoch. Bisher sind rund 68 Prozent der Menschen vollständig geimpft, 86 Prozent haben mindestens eine Dosis erhalten.

Neuseeland ist seit Beginn der Pandemie weitgehend vom Rest der Welt abgeschottet. Bis zu einem Ausbruch der Delta-Variante war das Leben der Neuseeländer monatelang beinahe normal geblieben. Der Inselstaat galt daher weltweit als Vorbild im Kampf gegen Corona.

Großbritannien

Mit einem massiven Anstieg der Infektionszahlen sieht sich derzeit Großbritannien konfrontiert. Am Donnerstag wurden rund 52.000 Neuinfektionen gemeldet. Die Zahl der täglichen Krankenhauseinweisungen liegt bei fast 1000. Bei den Todesfällen wurde am Dienstag mit 223 gemeldeten Fällen ein Stand wie zuletzt im März erreicht.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen könne sogar auf bis zu 100.000 steigen, warnte der britische Gesundheitsminister Sajid Javid am Mittwoch. Trotzdem sei es "zum jetzigen Zeitpunkt" noch zu früh, um eine Rückkehr der im Juli abgeschafften Corona-Regeln im größten Landesteil England zu rechtfertigen, so der Minister weiter. Am 19. Juli, dem sogenannten "Freedom Day", waren fast alle Vorschriften zur Eindämmung des Virus ausgelaufen.

Mittlerweile wird der Ruf nach erneuten Corona-Maßnahmen in dem Inselstaat jedoch lauter. "Wir sind am Limit und es ist Mitte Oktober. Es würde unglaublich viel Glück brauchen, damit wir uns in drei Monaten nicht in einer schweren Krise wiederfinden", sagte der Geschäftsführer des Verbands der Trägerorganisationen des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS, Matthew Taylor, dem "Guardian". Der Ärzteverband BMA (British Medical Association) bezichtigte die Regierung, sogar "bewusst fahrlässig" zu handeln.

Taylor fordert wie viele andere, dass die Regierung ihren vor einigen Wochen angekündigten Plan B nun ins Spiel bringt - das würde zum Beispiel eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in überfüllten Räumen und die Pflicht zum Vorzeigen von Impfpässen bei Großveranstaltungen bedeuten. Auch BMA-Chef Chaand Nagpaul forderte, die sofortige Wiedereinführung von Corona-Maßnahmen. Die Regierung habe versprochen, Plan B zu ergreifen, wenn der Nationale Gesundheitsdienst NHS in Gefahr sei, überwältigt zu werden. "Als Ärzte, die in erster Reihe stehen, können wir absolut sagen, dass dieser Punkt jetzt erreicht ist", so Nagpaul eine Mitteilung zufolge.

Quelle: ntv.de, kst/rts/dpa/AFP

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