Vorhersage macht Hoffnung "Jetzt wird es sommerlich"
04.06.2013, 18:00 Uhr
Nicht nur in Wehlen nähern sich die Wasserstände den historischen Marken.
(Foto: dpa)
Hoch "Sabine" beendet den Dauerregen. Doch die Wassermassen haben noch einen weiten Weg bis zur Nordsee.
Auch wenn die Bevölkerung an den Flüssen noch mit gewaltigen Wassermengen kämpft: Hoch "Sabine" beendet den Dauerregen. Doch die Wassermassen haben noch einen weiten Weg bis zur Nordsee, sagt der n-tv Meteorologe Björn Alexander.
Björn, wie wird sich das Wetter in den Überschwemmungsregionen entwickeln?
Björn Alexander: Derzeitig bestimmt Hoch Sabine mit dem Kern über der Nordsee und den Britischen Inseln unser Wetter. Damit ist kein Dauerregen mehr in Sicht und nur lokal werden sich in den nächsten Tagen Schauer und Gewitter entwickeln können. Das betrifft vor allem die Süd hälfte Deutschlands. Zwar können punktuell dabei auch mal kräftige Gewitter mit größeren Niederschlagsmengen entstehen. Diese sind aber nicht mehr abflussrelevant. Kurzum: Meteorologisch gesehen ist alles im grünen Bereich und es wird jetzt endlich mal sommerlich.
Und die Hochwassersituation entschärft sich weiter?
Zwar bleibt die Situation im Süden und Südosten noch angespannt. Im Allgemeinen gehen die Pegelstände an vielen kleineren Bächen und Flüssen aber weiter zurück. Und dieser Trend bleibt auch weiterhin bestehen, denn es kommt ja glücklicherweise kein flächendeckender Regen mehr nach. Auch an der Donau geht das Wasser weiter zurück. Hier dürfte der Wasserstand in Passau bis zum Freitag auf etwa 9 Meter zurückgehen. Deutlich problematischer sieht die Hochwasserlage hingegen noch an der Elbe aus.
Trotz des nachlassenden Regens?
Das Ende des Dauerregens ist natürlich extrem erfreulich. Jedoch müssen die enormen Wassermassen noch den langen Weg vom Elbeinzugsgebiet bis in die Nordsee zurücklegen. Und da hat eben die Erfahrung aus dem 2002er Hochwasser gezeigt: das kann sich ganz schön hinziehen. So müssen sich auch die Menschen an den mittleren und unteren Elbe auf deutlich ansteigende Pegelstände einstellen. Zum einen kommen hier die Hochwasserwellen aus der Mulde, der Elster oder Saale hinzu. Zum anderen rollt natürlich der Scheitel der Elbe heran. Magdeburg beispielsweise hatte heute Mittag einen Stand von etwa 4,75 Metern. Hier sind circa um die 6,20 bis 6,60 Meter zu erwarten. Aber selbst die 6,72 Meter vom 2002er Hochwasser sind nicht ganz auszuschließen.
Wird es auch in Dresden so schlimm wie 2002?
Ich glaube nicht, dass sich die 9,40 Meter wiederholen werden. Allerdings steht jetzt erst einmal ein weiterer rascher Anstieg an, so dass die 8-Meter-Marke in der Nacht zum Mittwoch überschritten werden dürfte. Jedoch sind die Nebenflüsse der Elbe im Dresdner Raum schon oft stark fallend, so dass ein Wasserstand von unter 9 Metern am wahrscheinlichsten erscheint. Der Scheitel dürfte am Mittwoch bzw. Donnerstag Dresden mit etwa 8,50 bis 8,80 Metern passieren.
War eigentlich mit einem derartig schweren Hochwasser im Vorfeld zu rechnen?
Dass es so extrem wird, war nur schwer vorherzusagen. Immerhin hatten wir Mitte letzter Woche für die betroffenen Regionen Niederschlagssummen von 50 bis 150 Litern Regen pro Quadratmeter angenommen. Wissentlich, dass am Alpenrand auch durchaus mehr hätte drin sein können. Aber da waren wir von den tatsächlichen Regenmengen doch noch um einiges entfernt. Schlussendlich sind ja am Alpenrand ja durchaus um 200 bis 400 Liter pro Quadratmeter runtergekommen. In weiteren Teilen Bayerns, Sachsens oder Baden-Württembergs waren es gerne mal um die 100 bis 200 Liter pro Quadratmeter. Also sprechen wir im Zeitraum vom Donnerstag bis zum Montag über eine Verdopplung der vorhergesagten Regenmengen. Und eigentlich hätten die 50 bis 150 Liter pro Quadratmeter schon ohne Weiteres für ein Hochwasserereignis gereicht. Stattdessen kam aber im Minimum die doppelte Menge Wasser vom Himmel - mit katastrophalen Folgen.
Hätte man diese mit genaueren Prognosen abschwächen können?
Das ist jetzt mehr was für einen Hydrologen. Aus meteorologischer Sicht sind die Grenzen der Prognosegüte bei solchen Extremereignissen schon ziemlich erreicht. Denn sowohl unsere Arbeitsgrundlage - also die Wettermodelle - als auch die eigene Erfahrung kommen damit nämlich auch an ihre Grenzen. Natürlich wurden die Prognosen nach dem Beginn des Ereignisses, das ja über Tage andauerte, immer weiter nach oben korrigiert. Schlussendlich ändert das aber natürlich nichts an der Hochwasserprävention, die ein langfristiger Prozess ist und die sicherlich in den kommenden Wochen weiter in der Diskussion bleiben wird. Aus meiner Sicht gibt es - angesichts der Besiedlungsstruktur in diesen Regionen und unserem Umgang mit den Fließgewässern - kaum eine Prävention vor diesen extremen und relativ seltenen Ereignissen. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, wie dies ohne gravierende Einschnitte in Flussläufe, bei Rückhaltebecken oder -möglichkeiten sowie der Besiedlungsstruktur funktionieren soll. Alles auf einmal wird sich auf jeden Fall nur sehr schwer realisieren lassen.
Quelle: ntv.de