Panorama

Als G. bremste war schon alles zu spät Lokführer kann sich Unglück nicht erklären

Das Wrack des Zugs am Streckenrand bei Santiago de Compostela

Das Wrack des Zugs am Streckenrand bei Santiago de Compostela

(Foto: dpa)

In einer gerichtlichen Vernehmung räumt der Lokführer des Unglückszugs von Santiago ein, viel zu spät vor der Kurve das Tempo gedrosselt zu haben. Was ihn abhielt, dies früher zu tun, kann er nicht erläutern.

Der Lokführer des im spanischen Santiago de Compostela verunglückten Zugs kann sich laut einem Zeitungsbericht selbst nicht erklären, warum er das Tempo nicht rechtzeitig gedrosselt hat. "Ich sage es ihnen ganz ehrlich, dass ich es nicht weiß, ich bin doch nicht so verrückt, nicht zu bremsen", sagte Francisco José G. laut "El País" bei seiner Anhörung vor Gericht, die bereits am Sonntag stattfand.

Richter Luis Alaez fragte laut dem veröffentlichten Auszug des Anhörungsprotokolls nach: "Haben sie die Bremse irgendwann betätigt?" Darauf antwortete der 52-jährige Lokführer, er habe alle Bremsen betätigt, allerdings erst, als das Unglück bereits "unvermeidbar" gewesen sei. In der Kurve habe er dann gewusst, dass der Zug sie nicht unfallfrei durchfahren werde. "Als es passierte, war er zwischen 180 und 190 (Stundenkilometer) schnell, ich hatte keine Zeit für gar nichts", wurde der Lokführer zitiert.

Das Regionalgericht in Galicien hatte mitgeteilt, im Augenblick des verheerenden Zugunglücks mit 79 Todesopfern sei der Lokführer offenbar durch den Anruf eines Bahnangestellten abgelenkt gewesen. Wie aus dem vom Fahrtenschreiber des Zugs aufgezeichneten Gespräch hervorgehe, habe der Fahrer zudem eine Karte oder ein ähnliches Papierdokument konsultiert. Gebremst habe er einige Sekunden vor dem Unfall.

G. wieder auf freiem Fuß

In Bezug auf das Telefonat gibt es noch zahlreiche offene Fragen. So steht laut Gericht fest, dass der Anruf nicht aus dem Bahn-Kontrollzentrum kam. Außerdem erwähnte G. das Handy-Gespräch bei seiner Anhörung am Sonntag offenbar nicht, schrieben spanische Medien.

Auf den Kilometern vor der Unglücksstelle hatte der Zug den Angaben zufolge noch ein Tempo von 192 Stundenkilometern, im Moment der Entgleisung war er noch 153 Stundenkilometer schnell. Auf der Strecke waren nur 80 Stundenkilometer erlaubt.

G. war nach seiner Anhörung unter Auflagen freigelassen worden. Gegen ihn wurde jedoch ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung in 79 Fällen eingeleitet. Der Unfall war das schwerste Zugunglück in Spanien seit dem Zweiten Weltkrieg. Von den 66 Verletzten, die noch im Krankenhaus waren, befanden sich noch 15 in einem ernsten Zustand.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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