Panorama

Land unter vor 100 Jahren Paris fürchtet neue Flut

Auch 2001 trat in Paris die Seine über die Ufer.

Auch 2001 trat in Paris die Seine über die Ufer.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Ende Januar 1910 stieg der Pegel der Seine in Paris unaufhaltsam. Wenige Tage genügten, um weite Teile der französischen Hauptstadt zu einer einzigen Wasserfläche zu machen. Durch das Jahrhunderthochwasser wurden das Louvre-Museum, der Präsidentenpalast und die Nationalversammlung überflutet, der Eiffelturm stand mit den Füßen im Wasser. 100 Jahre später fürchtet Paris eine neue Flut. Trotz aller Technik und Schutzbauten wären die Auswirkungen wahrscheinlich deutlich schlimmer als 1910.

Ab dem 20. Januar 1910 stieg das Wasser in Paris rasant - von 3,80 auf 8,68 Meter in nur acht Tagen. "Die Fluten beherrschen Paris", titelte die Zeitung "Le Petit Parisien" am 28. Januar. "Die Fluten sprudeln durch die Straßen und überfluten die Viertel im Stadtzentrum. Die Champs-Elysées sind in Dunkelheit getaucht, der Elysée ist überflutet und des Lichts beraubt. Mütter flehen, Kinder weinen, die Helfer begeben sich in Gefahr."

Opfer der eigenen Modernität

Fünf Menschen kamen damals in den Fluten um. Die gesamte Infrastruktur brach zusammen, Paris wurde damals Opfer seiner Modernität. Das Wasser schoss in die Metro-Schächte, auch die Straßenbahn konnte nicht mehr fahren. Die Pariser konnten sich nur noch über Stege oder mit Booten fortbewegen. Der Strom fiel aus und mitten im Winter auch vielfach die Heizung, über Wochen war die Versorgungslage katastrophal. Tausende Arbeiter verdienten nichts mehr, weil ihre Fabriken überschwemmt waren.

Der Innenstadt-Zoo Jardin des Plantes musste in einer Notaktion geräumt werden. Eine Giraffe, die jahrelang für die Pariser das Maskottchen des Zoos war, starb dabei. Am Ende wurden 14.000 Häuser gezählt, die durch das Hochwasser getroffen wurden. Die Schäden beliefen sich auf umgerechnet rund 380 Millionen Euro.

Schäden wären heute viel größer

Experten schätzen, dass im immer dichter besiedelten Paris eine Million Menschen direkt in der Überflutungszone leben.

Experten schätzen, dass im immer dichter besiedelten Paris eine Million Menschen direkt in der Überflutungszone leben.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Doch auch heute würden inzwischen errichtete Auffangbecken, Deiche und Schutzbauten nicht ausreichen, um einer ähnlichen Flut standzuhalten. Experten schätzten jüngst bei einem Kolloquium der Nationalversammlung, dass im immer dichter besiedelten Paris eine Million Menschen direkt in der Überflutungszone leben. Durch den Zusammenbruch des Stromnetzes müssten bei einem ähnlichen Hochwasser voraussichtlich aber drei Millionen ohne Strom auskommen. "Heute ist unsere Gesellschaft viel verletzlicher als damals", sagt Louis Hubert von der Umweltbehörde der Hauptstadtregion Ile-de-France. "Es gibt viel mehr Netze, die unterirdisch verlaufen: Trink- und Abwasserleitungen, Telefonkabel, Strom, Gas, Verkehrswege."

Die Pariser Verkehrsbetriebe versuchen vorzubeugen. In einem Lager haben sie dutzende Betonmischer gelagert, mit denen ihre Mitarbeiter fast 500 U-Bahn-Schächte bei Hochwassergefahr zumauern sollen. Nicht nur Krankenhäuser müssten evakuiert werden, auch zigtausende Bewohner müssten in Sicherheit gebracht werden, ebenso wie Kunstschätze aus den vielen Museen der Hauptstadt. Trotz aller Vorbereitungen schätzte die Hochwasserschutzverwaltung Grands Lacs de Seine schon 1998, dass ein Hochwasser mit Ständen wie 1910 Schäden von zwölf Milliarden Euro verursachen wird. Derzeit rechnen die Experten der Behörde gerade neu und werden den Betrag voraussichtlich nochmals erhöhen.

Quelle: ntv.de, Boris Cambreleng, AFP

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