Hausarrest statt Gefängnis Pistorius könnte 2015 wieder zu Hause sein
21.10.2014, 13:16 Uhr
Von ganz oben ins Gefängnis: Oscar Pistorius.
(Foto: REUTERS)
Einst war er ein weltweit bewunderter Ausnahmesportler, jetzt ist er ein verurteilter Straftäter: Der einstige Sprintstar Oscar Pistorius muss für fünf Jahre hinter Gitter. Doch bei guter Führung kann er schon deutlich früher aus dem Gefängnis kommen.
Um 10.34 Uhr war einer der spektakulärsten Prozesse Südafrikas vorerst beendet. Dutzende Kamerateams, Fotografen und Reporter aus aller Welt versammelten sich vor dem Gerichtsgebäude, über sieben Monate hatte die Verhandlung das Land in Atem gehalten. Dann war klar: Der Paralympics-Star Oscar Pistorius muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Richterin Masipas Urteilsbegründung dauerte 64 Minuten, dann ließ sie den 27-Jährigen abführen. Bei guter Führung von Pistorius könnte die Strafe allerdings schon nach zehn Monaten in Hausarrest umgewandelt werden. Die sportliche Karriere des gefallenen Stars ist aber so oder so beendet.
Vor dem Gerichtsgebäude forderte eine Menschenmenge eine härtere Strafe für Pistorius: "Er sollte für Mord verurteilt werden." Die Familie der getöteten Reeva Steenkamp begrüßte jedoch das Strafmaß. Er sei "sehr froh", sagte ihr sichtlich angeschlagener Vater Barry. Ein Anwalt sagte, die Familie sei "zufrieden". Für ein weiteres Waffenvergehen verhängte Richterin Thokozile Masipa außerdem drei Jahre Haft auf Bewährung. Eine "perfekte Strafzumessung" gebe es nicht, sagte sie. Vielmehr gehe es darum, den richtigen Ausgleich zu finden zwischen Vergeltung für die Tat, Berücksichtigung der Umstände und des Profils des Täters sowie dem besten Weg zu einer Resozialisierung.
Pistorius bekommt keinen Bonus
Auch das Argument der Verteidigung, der 27-Jährige sei wegen seiner Behinderung in einem Gefängnis besonders gefährdet, wies Masipa zurück. "Ja, der Angeklagte ist verletzlich, aber er hat exzellente Fähigkeiten damit umzugehen", sagte sie unter Anspielung auf seine außergewöhnliche Karriere als Leichtathlet. "Es wäre ein trauriger Tag für dieses Land, wenn der Eindruck entstünde, es gebe ein Recht für die Armen und Benachteiligten und eines für die Reichen und Berühmten", unterstrich die Richterin.
Trotz der ausführlichen Begründung der Masipas prüft die südafrikanische Justiz nun die Möglichkeiten einer Berufung, wie ein Sprecher der Nationalen Strafverfolgungsbehörde (NPA) sagte. Überprüft werde nicht allein das Strafmaß, sondern auch, ob Pistorius nicht doch wegen Mordes verurteilt werden müsste, sagte der NPA-Sprecher. Er reagierte damit auf heftige Proteste der Frauenliga des regierenden Afrikanischen Nationalkongress gegen das Strafmaß. "Wir sind traurig über dieses Urteil", betonte deren Sprecherin Jacqui Mofokeng. "Wir waren nie einverstanden damit, dass Pistorius nur wegen fahrlässiger Tötung belangt wird. Und wir fordern die Staatsanwaltschaft auf, Berufung einzulegen", sagte Mofokeng.
Südafrika schaut im TV zu
Pistorius hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag 2013 mit vier Schüssen durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses getötet. "Mit einer tödlichen Waffe feuerte der Angeklagte nicht einen, sondern vier Schüsse ab", sagte Masipa, "die Toilette war nur eine kleine Kabine und es war kein Platz für eine Flucht für die Person hinter der Tür." Pistorius habe gewusst, dass sich hinter der Tür ein Mensch befindet - daher das Urteil wegen fahrlässiger Tötung.
Südafrika schaute beim Absturz seiner Ikone live im Fernsehen zu. Pistorius schrieb Geschichte, als er 2012 in London als erster Mensch mit Behinderung an den Olympischen Spielen teilnahm. Seine Erfolgsgeschichte inspirierte Millionen von Menschen. Er wurde als Held gefeiert, verdiente Millionen und schaffte es unter die Top 10 der "Sexiest Man Alive".
Quelle: ntv.de, vpe/sid/AFP/dpa