Armenviertel in Rio erstürmt Polizei will weiter Präsenz zeigen
29.11.2010, 21:43 Uhr
Die Polizei stellte Waffen und Drogen sicher.
(Foto: REUTERS)
Bei einem Großeinsatz mit tausenden Polizisten besetzen Sicherheitskräfte ein Armenviertel von Rio de Janeiro. Sie wollen die Macht der Drogenkartelle brechen. Spezielle Polizeieinheiten sollen dazu bis Mitte nächsten Jahres präsent sein. Bei der Erstürmung beschlagnahmen die Sicherheitskräfte Waffen und tonnenweise Drogen.
Nach der Erstürmung eines Armenviertels in Rio de Janeiro sollen Polizei und Militär nach dem Willen des Gouverneurs des gleichnamigen Bundesstaates bis Mitte 2011 vor Ort im Einsatz sein. Bei einer Ansprache sagte Gouverneur Sergio Cabral, damit solle in den kommenden Monaten die Kontrolle über die Favela Complexo do Alemão aufrechterhalten und eine Rückkehr der Drogenhändler unterbunden werden.
Ziel sei es, in den "ersten sechs oder sieben Monaten" des kommenden Jahren auch im Complexo do Alemão nach dem Vorbild anderer Favelas eine ständige Polizeipräsenz durch die "Friedensstiftende Polizeieinheiten" (UPP) aufzubauen, mit der Drogenbanden langfristig aus den Armenvierteln vertrieben werden, sagte Cabral. Bis dahin müssten die Einsatzkräfte von Polizei und Militär weiter vor Ort bleiben. Das Verteidigungsministerium habe dem Einsatz der Soldaten bereits zugestimmt.
Waffen und Drogen beschlagnahmt
Am Sonntag hatten Sicherheitskräfte mit einem Großaufgebot von rund 2600 Armeesoldaten, Marineinfanteristen und Elitepolizisten sowie Panzern und Hubschraubern den aus mehreren Armensiedlungen bestehenden Complexo do Alemão unter ihre Kontrolle gebracht. Dort hielten sich bis zu 600 Drogenhändler verschanzt. Nach offiziellen Angaben wurden mehr als 200 Verdächtige festgenommen sowie 50 teils schwerkalibrige Automatik-Waffen und mindestens 40 Tonnen Marihuana und 200 Kilo Kokain sichergestellt.
Die Polizei zog eine positive Bilanz ihres massiven Einsatzes. "Wir haben den Krieg nicht gewonnen, aber ich kann sagen, wir haben die wichtigste und schwierigste Schlacht gewonnen", sagte der Sicherheitssekretär in Rio, José Mariano Beltrame. Seit Beginn des Einsatzes vor einer Woche kamen in mehreren Favelas im Norden der Sechs-Millionen-Stadt nahezu 40 Menschen bei Schießereien ums Leben. Das nun besetzte Gebiet bezeichnete Beltrame als "Herz des Bösen".
Suche nach flüchtigen Drogenhändlern
Die Sicherheitskräfte setzten derweil die Suche nach weiteren Drogenhändlern fort. Einigen von ihnen gelang möglicherweise die Flucht über die Kanalisation, sagte der Leiters der Eliteeinheit Bope, Paulo Henrique Moraes. Dies werde untersucht. Es gebe ein weitverzweigtes Kanalisationssystem, in dem Erwachsene auch aufrecht gehen könnten. Auch seien Drogenhändler festgenommen worden, die versucht hätten, als religiöse Würdenträger oder städtische Arbeiter verkleidet zu fliehen. Bereits vor dem Einsatz seien Drogendealer möglicherweise in eine andere Favela geflohen.
Die brasilianischen Sicherheitskräfte gehen seit einer Woche massiv gegen die Drogenbanden der Millionenstadt vor. Seither wurden mindestens 35 Menschen getötet. In der brasilianischen Metropole leben rund zwei Millionen Menschen in mehr als tausend Favelas. Die Regierung will die Kontrolle über die hundert gewaltträchtigsten Armenviertel wiedergewinnen, bevor in dem Land 2014 die Fußball-Weltmeisterschaft und 2016 in Rio die Olympischen Spiele ausgerichtet werden.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa