Panorama

Obama spricht von Langzeit-Projekt  "Top Kill" ist Hängepartie

Noch ist die Quelle längst nicht verschlossen.

Noch ist die Quelle längst nicht verschlossen.

(Foto: dpa)

Nun soll bis Sonntag klar sein ob es gelingt, die seit Wochen sprudelnde Ölquelle im Golf von Mexiko per Schlammbeschuss zu verschließen. BP gibt sich vorsichtig optimistisch, verkündet aber sicherheitshalber auch "verschiedene andere Optionen". US-Präsident bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Lösung dieser Krise und verdreifacht die Einsatzkräfte.

Im Kampf gegen die schlimmste Ölpest der US-Geschichte meldet BP zwar Fortschritte, doch der ersehnte Durchbruch steht aus. Zugleich warnte US-Präsident Barack Obama, dass man es angesichts der Umweltschäden mit einem "Langzeit-Projekt" zu tun haben werde, auch wenn der Ölfluss einmal gestoppt sei. Obama ordnete deshalb eine Verdreifachung der Einsatzkräfte entlang der betroffenen Küsten am Golf von Mexiko an. Die Aufstockung der Einsatzkräfte gelte für Orte, in denen das Öl bereits angelangt ist oder innerhalb von 24 Stunden erwartet wird.

Obama im Katastrophengebiet

Obama gesteht Fehler im Krisenmanagement ein.

Obama gesteht Fehler im Krisenmanagement ein.

(Foto: dpa)

Obama sprach auf Grand Isle, einer besonders schwer getroffenen Insel vor Louisiana. Zuvor überflog er mit einem Hubschrauber das Mississippi-Delta. Obama übernahm die letztendliche Verantwortung für die Schließung des Öllecks. Zwar werde er BP für die Kosten zur Kasse bitten, sagte Obama. "Aber am Ende trage ich die Verantwortung für die Lösung dieser Krise." Den Bürgern der betroffenen Küstenabschnitte versicherte er, die Regierung werde sie nicht im Stich lassen.

Damit reagierte der US-Präsident auf die immer schärfere Kritik, die Katastrophe zunächst unterschätzt und nicht schnell genug gehandelt zu haben. Bereits zuvor hatte er Fehler im Krisenmanagement eingeräumt.

Vervierfachung der Ölsteuer

Um Unternehmen der Ölindustrie künftig stärker an den Kosten von Umweltkatastrophen wie im Golf von Mexiko zu beteiligen, stimmte das US-Repräsentantenhaus für eine deutliche Erhöhung einer Ölsteuer. Die Abgeordneten votierten mit einer Mehrheit von 215 zu 204 Stimmen dafür, dass für Ölfirmen die Steuer pro Barrel Öl von bislang acht Cent auf 34 Cent mehr als vervierfacht wird. Damit sollen innerhalb von zehn Jahren rund zwölf Milliarden Dollar in einen Fonds fließen, der für durch ausgelaufenes Öl verursachte Schäden aufkommen soll. Die Abstimmung im Senat über eine eigene Fassung des Gesetzes steht noch aus.

Für den britischen Ölkonzern BP, der für die Beseitigung der Schäden im Golf von Mexiko rechtlich verantwortlich ist, belaufen sich die Kosten nach eigenen Angaben bislang auf 930 Millionen Dollar.

"Top Kill"-Beurteilung erst am Wochenende

Der Energieriese kämpft seit fünf Wochen darum, den Austritt von Öl und Erdgas aus einem Leck in 1,6 Kilometern Tiefe zu stoppen. Gegenwärtig versucht das Unternehmen, Schlamm in das Rohr zu drücken. Der BP-Konzern gab sich vorsichtig optimistisch. Zwar ströme seit Freitagmorgen (Ortszeit) nur noch wenig Öl und Gas ins Meer, sagte BP-Chef Tony Hayward, aber die Operation "Top Kill" habe erneut unterbrochen werden müssen. Die Aktion wird nach Haywards Worten weitere 48 Stunden dauern - eine endgültige Beurteilung wird demnach erst am Wochenende erwartet.

Ein Teil der "Schlammkanone".

Ein Teil der "Schlammkanone".

(Foto: AP)

Hayward wiederholte, das "Top Kill"-Verfahren habe eine Erfolgschance von 60 bis 70 Prozent. Es seien erste Fortschritte erzielt worden. Die aus dem Leck am Meeresgrund aufsteigende braune Wolke, die in Live-Videos zu sehen ist, bestehe fast nur noch aus Schlamm. Er räumte ein, dass es sehr langsam vorangehe. "Ich weiß, dass das für alle frustrierend ist." Das Leck sei "Boden gerungen, aber wir haben ihm noch keine Kugel in den Kopf gejagt".

BP habe außerdem Gummistücke und anderes Material in das Sicherheitsventil ("Blowout Preventer") geschossen, das auf dem Bohrloch sitzt. Diese von Experten "Junk Shot" ("Müll-Schuss") genannte Aktion sollte dazu dienen, das Ventil zu verstopfen, damit weniger Schlamm aus der Quelle nach oben entweicht. Messungen hätten ergeben, dass dies erfolgreich gewesen sei, sagte Hayward. "Das ist eine gute Nachricht."

240 Kilometer Küste in Louisiana vereucht

Die Satellietenaufnahme der NASA zeigt die Ölwolken im Meereswasser.

Die Satellietenaufnahme der NASA zeigt die Ölwolken im Meereswasser.

(Foto: AP)

Unterdessen gibt es neue Hiobsbotschaften: Es seien bereits über 240 Kilometer der Küste Louisianas verseucht, berichtete CNN. Noch am Donnerstag war lediglich von 160 Kilometern die Rede. Über 400 Vögel und mehr als 200 Meeresschildkröten seien an der Ölpest verendet, gab die US-Naturschutzbehörde bekannt. Unter den toten Tieren seien auch 24 Meeressäuger, etwa Delfine oder Wale.

Die Katastrophe wurde am 20. April durch eine Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" vor der US-Küste ausgelöst. Experten der US-Regierung sprechen von der schlimmsten Ölpest, die es je in den USA gab. Seit Beginn des Öl-Dramas seien insgesamt fast 37.000 Tonnen Öl ins Meer gelangt. Beim Unfall des Tankers "Exxon Valdez" im Jahr 1989 waren es vor Alaska 35.000 Tonnen gewesen.

Wenn "Top Kill" scheitert …

Falls der Versuch "Top Kill" scheitere, habe BP noch "verschiedene andere Optionen", das Leck zu schließen, sagte eine Konzernsprecherin. Der Ölkonzern habe bereits Vorkehrungen für den Einsatz einer neuen Technik getroffen. Dabei handele es sich um ein Oberflächen- Abdichtungssystem. Bei dem Verfahren ("lower marine riser package") würde das bestehende Steigrohr zur Quelle am Meeresgrund entfernt und durch ein neues, breiteres Rohr mit Ringdichtung ersetzt. Auf diese Weise solle der Großteil des ausströmenden Öls und Gases aufgefangen werden.

Parallel dazu bohre BP weiter an zwei Stellen, um das bestehende Bohrloch zu entlasten. Damit sei am 2. und 16. Mai begonnen worden, sagte die Sprecherin. Diese Zapfquellen sollen innerhalb von drei Monaten einsatzbereit sein. Wie viel Öl insgesamt in der Quelle steckt, wollte BP nicht bekanntgeben.

Auch mehrere EU-Länder unterstützen jetzt den Kampf gegen das Öl, nachdem die USA um Hilfe der EU-Mitgliedstaaten baten. Helfen sollen vor allem drei spezielle Absaugvorrichtungen, um das Öl abzufischen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen