"Ich bin entsetzt über mich" U-Bahn-Schläger gesteht Tat
23.08.2011, 11:44 UhrDie maßlose Gewalt, mit der die U-Bahn-Schläger von Berlin ihre Opfer beinahe zu Tode prügeln, löst in Deutschland Entsetzen aus. Zum Prozess-Auftakt legt der 18 Jahre alte Gymnasiast ein Geständnis ab und zeigt sich reumütig: "Meine Tat ist eine Schweinerei."

Die Berliner U-Bahn-Schläger attackieren ihre Opfer. (Video-Aufnahmen einer Überwachungskamera im U-Bahnhof Berlin-Lichtenberg vom 11. Februar 2011)
(Foto: picture alliance / dpa)
Der 18-jährige Gymnasiast, der wegen einer brutalen Prügelattacke in einem Berliner U-Bahnhof vor Gericht steht, hat zum Prozessauftakt ein Geständnis abgelegt. Der Schüler Torben P. sagte im Landgericht: "Ich bin schockiert und entsetzt über mich selbst". Er schäme sich sehr und habe keine Erklärung dafür. "Meine Tat ist eine Schweinerei und durch nichts zu entschuldigen", verlas der Angeklagte in einer Erklärung.
Dem 18-Jährigen wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Das zufällig ausgewählte Opfer - ein 29 Jahre alter Handwerker - verlor in der Nacht zum Ostersamstag nach dem Angriff vorübergehend das Bewusstsein. Die Attacke auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße hatte bundesweit schockiert und eine neue Debatte über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern ausgelöst.
"Ich hatte die Vorstellung mich verteidigen zu müssen"

Torben P. vor dem Landgericht Berlin.
(Foto: dpa)
Der Angreifer war auf dem Heimweg von einer Party, als er auf den Handwerker traf. Es gab einen Wortwechsel, "dann kam der Mann auf mich zu", sagte der Schüler vor Gericht. Der Mann habe ihn am Kragen gepackt. In einer Überreaktion habe er mit der Plastikflasche zugeschlagen. "Ich hatte ein Gefühl der Angst und die Vorstellung, mich verteidigen zu müssen", schilderte der 18-Jährige den Beginn der Attacke.
Das Opfer soll an diesem Nachmittag aussagen. Der Handwerker lag mit einem Schädel-Hirn-Trauma und gebrochener Nase im Krankenhaus. Bis heute leidet er psychisch unter den Folgen. Ein Mann aus Bayern, der zum Prozessauftakt erschien, hatte Schlimmeres verhindert. Er ging dazwischen und zog den Schläger weg.
Laut Anklage wurde auch der Bayer von dem 18-Jährigen sowie einem Gleichaltrigen geschlagen und getreten. Dieser Mitangeklagte muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung sowie unterlassener Hilfeleistung verantworten. Er soll nichts gegen die Tritte seines Kumpanen unternommen haben.
Opfer forderte U-Haft
Der Fall und das Vorgehen der Berliner Justiz hatten im Frühjahr für eine heftige Diskussion über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern gesorgt. Das Opfer wandte sich in einem offenen Brief an Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) und forderte Untersuchungshaft für Torben P. Von der Aue lehnte eine Einmischung in das Verfahren ab. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ging schließlich in die Offensive und stellte im Mai ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, mit dem Verkehrsbetriebe, Polizei und Politik auf die gewalttätigen Übergriffe in den U-Bahnen reagieren sollten.
Öffentlichkeit wird sensibilisiert
Neben der verstärkten Präsenz von Sicherheitspersonal und einer Ausweitung der Videoüberwachung sieht das Konzept unter anderem eine Sicherheitsleitstelle vor, die rund um die Uhr besetzt ist. Sie soll bei Gewalttaten per Lautsprecheransagen eingreifen, um eine Eskalation möglichst so lange zu verhindern, bis Sicherheitskräfte vor Ort sind. Die Polizei setzt zudem seit Mai 60 zusätzliche Beamte in Bussen und Bahnen ein.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) präsentierten im August außerdem eine Kampagne für mehr Zivilcourage. Unter dem Motto: "Deine Waffe gegen Gewalt" fordern Plakate Zeugen von Gewalt auf, rasch zu reagieren und mit einem Knopfdruck an den Informations- und Notrufsäulen in den Bahnhöfen die Sicherheitsstellen der Verkehrsbetriebe zu alarmieren.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa