Tornados möglich Unwetter fegen über Deutschland hinweg
11.06.2014, 13:29 Uhr
In Nordrhein-Westfalen starben bei den Unwettern in den vergangenen Tagen sechs Menschen.
(Foto: dpa)
Nach dem Unwetter ist vor dem Unwetter. Vor allem der Osten und Süden Deutschlands müssen nun mit Gewittern rechnen, warnt n-tv Meteorologe Björn Alexander. Und diese haben eine enorme Zerstörungskraft.
n-tv.de: Björn, hier in der Hauptstadt kann man sich momentan glücklich schätzen, wenn man in einem klimatisierten Büro sitzt. Ist es im ganzen Land noch noch so heiß und schwül?
Björn Alexander: Nein. Definitiv nicht. Im Westen und Nordwesten ist die Kaltfront von Tief "Ela" durch. Damit sind die Temperaturen deutlich zurückgegangen, die Unwettergefahr ist vorbei und dank H och "Xerxes" kommt die Sonne wieder besser durch. Ansonsten gilt: Bis der Luftmassenwechsel am Donnerstag ganz durch ist, sind weiterhin vor allem in der Ost- und später auch in der Südhälfte Deutschlands schwere Gewitter mit den entsprechenden Begleiterscheinungen möglich.
Wie sehen die aus?
Hagelschlag, Starkregen mit Überflutungsgefahr und Sturmböen. Bei organisierten Gewitterlinien sind auch Windböen über Tempo 100 denkbar. Und selbst einzelne Tornados können dabei nicht ganz ausgeschlossen werden.
Woher kommt dieses enorme Zerstörungspotenzial?
Grundsätzlich liegt das natürlich an der Energie, die solche extrem heißen Luftmassen mit sich bringen. Vor den heftigen Unwettern sind ja erst einmal reihenweise Temperaturrekorde geknackt worden. Der hochexplosive Luftmassen-Cocktail hat darüber hinaus - je nach der Höhenstufe - tatsächlich unterschiedliche Ursprungsorte. Teilweise mit sehr viel Feuchtigkeit versehene Mittelmeerluft in den unteren Schichten. Und Warmluft aus Afrika bis fast schon in die Randtropen. Und diese Schichtung macht die Situation über den reinen Energiegehalt hinaus so extrem gefährlich. Haben sich nämlich erst einmal Gewitterkomplexe gebildet, dann steigen diese sehr hoch und rasch in die Atmosphäre und verstärken sich dabei mehr und mehr.
Was sollte man beachten, wenn man in ein Unwetter gerät?
Nach Möglichkeit sollte man sich nicht im Freien und unter Bäumen aufhalten, sondern stattdessen feste Behausungen aufsuchen. Wenn man tatsächlich auf einer offenen Fläche in ein Gewitter kommt, sollte man sich möglichst klein am Boden zusammenkauern. Und natürlich gilt: keine Regenschirme benutzen! Erst recht keine mit Metall.
In diesem Zusammenhang werden die Unwetter auch immer wieder mit Orkan "Kyrill" verglichen.
Das stimmt. Es ist aber so, dass man dabei Äpfel und Birnen miteinander vergleicht. Natürlich lässt sich anhand von Versicherungsbilanzen die Schadensumme vergleichen. Allerdings war "Kyrill" ein klassischer Winterorkan. Die Vegetation war unbelaubt, die Angriffsfläche der Bäume somit deutlich geringer. Wäre "Kyrill" auf die Vegetation im Juni getroffen, dann hätten die Schäden ein ganz anderes Maß angenommen. Auf der anderen Seite hatten wir "Kyrill" deutlich früher in der Vorhersage. Schon Tage vorher wussten wir in etwa, was kommt. Bei den Pfingstunwettern war natürlich auch das Potenzial erkennbar. Nur muss es für konkrete Warnungen erst einmal mit den Gewittern losgehen. Hier haben die Warnungen deutlich weniger Vorlauf. Hinzu kommt, dass es natürlich gerade zu Pfingsten viel mehr Außenveranstaltungen gab als im Winter. Schlussendlich: beide Ereignisse waren verheerend, sind aber nur bedingt miteinander vergleichbar.
Damit kommen wir doch direkt zum nächsten Großereignis: Die Fussball-WM startet. Was macht das Wetter zum Eröffnungsspiel?
Der Donnerstag bringt uns häufig einen freundlichen und trockenen Mix aus Sonne und Wolken. Einzig im Süden von Baden-Württemberg und Bayern sind noch kräftige Schauer und Gewitter zu erwarten. Insgesamt nimmt die Unwettergefahr aber schon deutlich ab. Dementsprechend sind auch die Temperaturen weniger hoch. Im Norden sind es oft 19 bis 25 Grad. Im Süden sind es dagegen häufig 24 bis 30 Grad. Und besonders in der Gewitterluft bleibt es noch recht schwül. Im übrigen Land heißt es aber: durchlüften. Zumal auch die Nächte wieder frischer werden.
Wie frisch?
Eher so im Bereich von 10 bis 16 Grad. Das ist doch von den tropischen Nächten, die es zuletzt gab, einige Grade entfernt.
Was bringen uns der Freitag und das Wochenende?
Am Freitag sind von den Alpen bis zum Südschwarzwald sowie in Küstennähe noch einzelne Schauer drin, die im Süden auch von Gewittern begleitet sein können. Dabei bleibt es beim Süd-Nord-Gefälle der Temperaturen von 29 Grad am Oberrhein bis 20 Grad an Nord- und Ostsee. Samstag ziehen von Nordwesten leider verbreitet neue Schauer auf und die Temperaturen gehen etwas zurück. Dafür wird der Sonntag wieder freundlicher und die Schauer klingen mehrheitlich ab. Die Temperaturen verbleiben aber leider unter der Sommermarke. Im Südwesten sind es Höchstwerte von 23 Grad. Der große Rest bekommt oft nur 16 bis 21 Grad. Dafür gilt aber eben auch: keine Hitze, keine neuen Unwetter.
Ein bisschen Sommer wäre aber schon schön. Bringt uns die kommende Woche denn mehr davon?
Das ist leider noch recht unsicher. Am wahrscheinlichsten ist es, dass der Südwesten in den Bereich der Sommermarke von 25 Grad kommt. Ansonsten dürfte es wechselhaft und kühler in den neue Woche gehen. Allerdings bestehen durchaus Chancen, dass sich im Laufe der Woche ein neues Hoch bei uns breit macht. Eine neue Hitzewelle sehe ich hingegen momentan noch nicht.
Quelle: ntv.de