Panorama

Katastrophe von Backnang Von Neonazis keine Spur

In diesem Haus starben acht Menschen.

In diesem Haus starben acht Menschen.

(Foto: dpa)

Die Ermittler der Brandkatastrophe von Backnang legen sich noch nicht fest - doch sie glauben offenbar nicht, dass Neonazis oder andere fremdenfeindliche Gruppen das Feuer gelegt haben könnten. Türkische Politiker wollen sich nicht so schell festlegen.

Ein technischer Defekt hat sehr wahrscheinlich die Feuerkatastrophe im schwäbischen Backnang mit acht Toten türkischer Herkunft ausgelöst. Die Brandermittler entkräfteten mit dieser Aussage Befürchtungen von Politikern und Verbänden, es könnte sich auch um einen fremdenfeindlichen Anschlag gehandelt haben. Dennoch laufen die Ermittlungen laut Polizei weiter in alle Richtungen. Laut einem Sprecher konzentriere man sich auf die Elektrik in dem maroden Haus.

Die türkische Regierung hält einen politischen Hintergrund bei der Brandkatastrophe von Backnang mit acht Toten für möglich. Ein Sprecher des türkischen Außenministerums forderte die deutschen Ermittler auf, "ernsthaft" in alle Richtungen ermitteln. Wegen fremdenfeindlicher Brandanschläge in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren "ziehen wir alle Möglichkeiten in Betracht", sagte Staatspräsident Abdullah Gül - allerdings hatten sich die Ermittler zu diesem Zeitpunkt noch nicht geäußert. Am frühen Sonntagmorgen war es zu dem Feuer gekommen, in dem eine 40-jährige Mutter und ihre sieben Kinder zwischen 6 Monaten und 17 Jahren ums Leben gekommen waren.

Die Ermittler sehen derzeit keine Anzeichen für eine Straftat. Die Brandursache ist aber noch immer unklar. Mittlerweile hat sich jedoch herausgestellt, dass der Holzofen in der Wohnung nicht der Brandherd war. Die Ermittler konzentrieren sich bei der Suche nach der Brandursache auf die Elektrik in der Wohnung. Anzeichen für Brandstiftung haben die Ermittler bisher aber keine gefunden. "Ein technischer Defekt im Gebäude ist am wahrscheinlichsten", sagte der leitende Kriminaldirektor Ralf Michelfelder. Der türkische Botschafters Hüseyin Avni Karslioglu sprach den deutschen Sicherheitsbehörden sein volles Vertrauen aus: "Es handelt sich um ein technisches, kriminaltechnisches Verfahren, es gibt keinen Anlass, dass wir nicht vertrauen sollten." Auch sollten zunächst keine türkischen Spezialisten eingesetzt werden.

Angehörige erheben schwere Vorwürfe gegen Vermieter

Hatice Özcan, die Großmutter der getöteten Kinder.

Hatice Özcan, die Großmutter der getöteten Kinder.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auch der islamische Verband Ditib forderte eine genaue Überprüfung eines rechtsextremen Hintergrundes. "Die türkischen Mitbürger und die Angehörigen der Opfer würden sich wünschen, dass die Polizei sagt: 'Wir ermitteln in alle Richtungen'", sagte Bekir Alboga vom Bundesvorstand des größten islamischen Dachverbands in Deutschland. Ermittlungspannen wie nach den lange Zeit unaufgeklärten Morden der rechtsextreme Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) an Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft könne sich keine Behörde noch einmal erlauben.  Die türkische Oppositionspartei CHP schickte eine Delegation nach Backnang, um sich über den Stand der Ermittlungen zu informieren.

Angehörige der Opfer der Brandkatastrophe haben dem Vermieter der Wohnung und den Behörden schwere Vorwürfe gemacht. Die elektrischen Leitungen in der Wohnung seien total marode gewesen, sagte die Großmutter der sieben getöteten Kinder, Hatice Özcan (62). Der Vermieter habe sich aber nicht darum gekümmert. Wegen der schlechten Wohnverhältnisse habe sich die 40-jährige Mutter der Kinder mehrfach an deutsche Ämter gewandt, erklärten weitere Familienmitglieder. Das Jugendamt sei auch mehrfach in der Wohnung gewesen.

Merkel "zutiefst erschüttert"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich von dem Unglück "zutiefst erschüttert", wie Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte. Merkel hege "keinen Zweifel, dass die zuständigen Stellen nicht ruhen werden, bis die Brandursache aufgeklärt". Das Feuer in Backnang ist die zweite Brandkatastrophe in Baden-Württemberg innerhalb weniger Monate. Ende November waren bei einem Feuer in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt 14 Menschen getötet worden.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP

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