Zwei Jahre nach dem Amoklauf Winnenden gedenkt der Opfer
11.03.2011, 16:48 UhrDer 11. März 2009 gehört zu den bitteren Tagen: Ein junger Mann wird in Winnenden zum Amokläufer und bringt ehemalige Mitschüler und Lehrer um. Das Gedenken an die Opfer ist auch am zweiten Jahrestag noch schwierig.

Eine weiße Rose auf dem Marktplatz in Winnenden.
(Foto: dapd)
Rund 600 Menschen haben am zweiten Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen der 15 Opfer gedacht. Sie versammelten sich am Freitag auf dem Winnender Marktplatz in stillem Gedenken. Zum Zeitpunkt, als vor zwei Jahren ein 17-Jähriger seine Bluttat in der Albertville-Realschule begann, läuteten die Glocken der Stadtkirchen für fünf Minuten. Rund um einen mit 15 weißen Rosen geschmückten Brunnen standen Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder in sich gekehrt und erinnerten sich an den Tag, an dem 15 Menschen aus dem Leben gerissen worden waren. Danach verlas Oberbürgermeister Helmut Holzwarth die Namen der Opfer. Die bewegende Feier wurde mit einem gemeinsamen Gebet abgeschlossen.
Beim anschließenden ökumenischen Gottesdienst in der Schlosskirche sprach Pfarrer Winfried Maier-Revoredo von der Schwierigkeit, in geeigneter Weise der Opfer zu gedenken. "Wir haben ja gewissermaßen keine Übung darin." Es gehe darum, herauszufinden, was in der Trauer gut tut, wie man mit dem Schmerz weiterleben kann. Gott könne helfen, den schweren Weg zu gehen.
Stilles Gedenken

Am zweiten Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden hat die Stadt Winnenden der Opfer mit einer stillen Andacht gedacht.
(Foto: dapd)
Der Pfarrer vergaß auch nicht, an den Täter zu erinnern, der sich nach dem Massaker selbst getötet hatte. Es gebe noch eine 16. Familie, die mit Verlust umgehen müsse. "Wir sind aber noch nicht in der Lage, eine 16. Kerze dazuzustellen", sagte er mit Blick auf die 15 Kerzen für die Opfer. Sie waren aus den Kerzen gegossen worden, die kurz nach der Tat zu Hunderten vor der Schule abgestellt worden waren. An einen Baum, der später auf dem Pausenhof des renovierten Realschulgebäudes eingepflanzt werden soll, hängten Jugendliche metallene Symbole für jeden einzelnen im Kugelhagel Getöteten. Auch für den Abend waren noch mehrere Gedenkgottesdienste geplant.
Anders als vor einem Jahr fand das Gedenken diesmal ohne den Auftritt politischer Prominenz statt. In der Menge waren allerdings auch Vertreter des Kultusministeriums und des Stuttgarter Regierungspräsidiums zu sehen.
Diskussion ums Waffenrecht

Am 11. März 2009 hatte der damals 17 Jahre alte Tim K. während eines Amoklaufs in der Albertville-Realschule und seiner anschließenden Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.
(Foto: dapd)
Anlässlich des zweiten Jahrestages des Amoklaufs haben die Familien der Opfer wirkungsvollere Änderungen im Waffenrecht gefordert, um weitere Bluttaten zu verhindern. Alle bisherigen Reformen seien halbherzig gewesen, heißt es in einem offenen Brief an Bundespräsident Christian Wulff und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU). "Wir wollen nicht hinnehmen, dass derart menschenverachtende, verbrecherische Handlungen, scheinbar unvermeidbar, zum Leben gehören sollen", schreiben sie.
Die Politik habe ihre Versprechen "bisher nicht oder nur unzureichend eingelöst". Noch immer dürften Faustfeuerwaffen in Privathaushalten aufbewahrt und Großkaliberwaffen im Schießsport eingesetzt werden. Die Kontrollen der Waffenbesitzer seien unzureichend, wie "haarsträubende und häufige Verstöße" gegen das Waffenrecht zeigten. Die Familien sprachen sich erneut dafür aus, dass Schützenvereine die Waffen zentral lagern sollen. Zudem müsse das für Ende 2012 angekündigte Waffenzentralregister sofort eingerichtet werden. Auch ein Verbot von Computer-Killerspielen für Kinder und Jugendliche sei überfällig.
Dagegen sagte Innenminister Heribert Rech (CDU), auch strengste Gesetze könnten keinen hundertprozentigen Schutz vor solchen Wahnsinnstaten bieten. Es gelte besonders für das enge Umfeld wie Eltern und Lehrer, aber auch Schüler, auf kleinste Anzeichen zu achten. "Wir müssen alle zusammen dafür sorgen, dass niemand ins Abseits gerät."
Quelle: ntv.de, Julia Giertz, dpa